„Frankfurter Rundschau“ insolvent Wer überlebt die Zeitungskrise?

Der Verlag der „Frankfurt Rundschau“ hat Insolvenz angemeldet. Der Schritt kommt überraschend, die Pleite aber war abzusehen. Der Schritt ins Digitale erscheint als letzter Rettungsanker – vielleicht auch für die „FTD“.

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Das Verlagshaus der „Frankfurter Rundschau“ hat Insolvenz angemeldet. Quelle: dpa

Düsseldorf Die Wendung hin zum Digitalen hatten sich die Mitarbeiter bei Tageszeitungen und Zeitschriften irgendwie anders vorgestellt. Seit Monaten rumort es wieder in der Printbranche, am Dienstag hat der Medienwandel neue Opfer gefordert. Das Verlagshaus der „Frankfurter Rundschau“ hat Insolvenz angemeldet, die traditionsreiche Zeitung ist von der Einstellung bedroht.

In der gesamten Branche sieht es nicht gut aus. So blicken auch die Mitarbeiter der Wirtschaftspublikationen des Verlags Gruner + Jahr („Financial Times Deutschland“, „Capital“, „Impulse" und „Börse Online“) sorgenvoll in die Zukunft. Bei der Nachrichtenagentur dapd verspricht auch der Insolvenzplan wenige Wochen nach der Pleite nicht Gutes und zu allem Überfluss trifft es mit dem Stadtmagazin „Prinz“ in Hamburg sogar eine Szene-Zeitschrift: Das Magazin erscheint ab Dezember nur noch Online.

Die Belegschaft der „Frankfurter Rundschau“ (FR) traf die Nachricht über die Insolvenz am Dienstagmorgen wie ein Schlag. Die Mitarbeiter erfuhren durch Nachrichten-Websites über die Pleite. „Wir sind alle sehr überrascht und erschrocken“, sagte ein Mitarbeiter zu Handelsblatt Online. „Das kam alles so plötzlich und unerwartet.“ Am Montag sei zur Betriebsversammlung eingeladen worden – allerdings ohne Angabe von Gründen.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht kommt die Insolvenzanmeldung jedoch nicht überraschend. Die Zeitung arbeitet seit Jahren defizitär. Die FR gehört mehrheitlich dem Kölner Medienhaus DuMont Schauberg, auch die SPD mit ihrer Medienholding und die Karl-Gerold-Stiftung sind beteiligt. Zuletzt lag die Auflage bei knapp 150.000 Exemplaren (3. Quartal 2012, IVW-Zahlen), vor zwei Jahren waren es noch rund 25.000 mehr.

In den vergangenen Jahren hatte die FR mit drastischen Stellenkürzungen auf die Misere reagiert. Der Mantelteil wird zum Großteil von der DuMont-Redaktionsgemeinschaft produziert und ist daher ähnlich dem des Schwesterblattes „Berliner Zeitung“. Bisher hatte man Gerüchte über eine Einstellung der Printausgabe stets dementiert. Jetzt haben der DuMont-Verlag und die weiteren Geldgeber offenbar die Geduld verloren. Wie es weitergeht, ist vorerst unklar. Die GewerkschaftVerdi hofft auf einen Investor. Laut den Arbeitnehmervertretern arbeiten rund 500 Menschen in dem Frankfurter Verlagshaus.


„FTD“ und „Capital“ als Digitalprodukt?

Unübersichtlich ist die Lage auch bei den Wirtschaftsblättern von Gruner + Jahr. Seit dem Rücktritt von Vorstandschef Bernd Buchholz Mitte September und dem Antritt von Julia Jäkel rätseln die rund 350 Mitarbeiter von „Financial Times Deutschland“ (FTD) und den Schwestermagazinen, was die neue Vorstandsfrau vorhat. Am Montag berichtete der „Spiegel“, dass Jäkel mit ihren beiden Vorstandskollegen bis zur Sitzung des Gruner-+-Jahr-Aufsichtsrats am 21. November über die Zukunft der Blätter entscheiden werde.

Die Gemeinschaftsredaktion mache rund zehn Millionen Euro Verlust pro Jahr. Gruner + Jahr könnte die „FTD“ und sogar das Traditionsmagazin „Capital“ ganz einstellen, berichtete der „Spiegel“. Um die Blätter zu retten, könnten diese aber auch langsam zu Digitalprodukten werden. Die gedruckte „FTD“ solle Neuabonnenten nur noch zweimal pro Woche zugestellt werden, ansonsten sollten diese nur noch eine Digitalausgabe erhalten.

Beim Stadtmagazin „Prinz“ ist es seit Dienstag bereits soweit. Die Szene-Zeitschrift aus der Hansestadt des Jahreszeiten Verlages erscheint nur noch im Internet. Statt 180.000 Exemplaren vor einem Jahr seien in diesem Herbst nur noch 150.000 verkauft worden. „Prinz“ erschien bisher in 13 Regionalausgaben. Was mit den 50 festangestellten Mitarbeitern passiert, ist noch ungewiss.

Wie schlimm es kommen kann, zeigt die Nachrichtenagentur dapd. Anfang Oktober hatte der kleine dpa-Rivale Insolvenz angemeldet. Seit Dienstag ist klar, dass ein Drittel der 300 Mitarbeiter gehen soll.

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