Am Donnerstag ist Lee Jaeyongs großer Tag. Die Eigner sollen den Vize-Chairman von Samsung Electronics auf einer Aktionärsversammlung zu einem ausführenden Vorstandsdirektor wählen. Es wäre der erste operative Posten des designierten Thronfolgers des größten koreanischen Konzerns.
Doch was eigentlich nur Formsache wäre, wird dieses Mal mit Spannung erwartet. Denn überhitzende Akkus und der Produktionsstopp des Flaggschiff-Smartphones Galaxy Note 7 schlagen eine kräftige Delle in die Bilanz, wie Samsungs Bericht für das dritte Quartal am Donnerstag zeigte.
Weil der Konzern sich nach wiederholten Akkubränden entschieden hat, seine Antwort auf das iPhone 7 gänzlich vom Markt zu nehmen, brach der Gewinn im Vergleich zum Vorjahresquartal um 30 Prozent auf 5,2 Billionen Won (4,2 Milliarden Euro) ein. Auch der Umsatz gab um sieben Prozent auf 47,8 Billionen Won (38,5 Milliarden Euro) nach.
Wie sich Samsungs Debakel mit dem Note 7 2016 entwickelte
Samsung stellt das „Phablet“ mit der Bildschirm-Diagonale von 5,7 Zoll vor. Das Vorzeigemodell soll im oberen Preissegment spielen, in dem Apple mit seinen iPhones stark ist. Der Finanzdienst Bloomberg berichtet später, Samsung habe sich beeilt, es deutlich vor dem September-Marktstart des iPhone 7 auf den Markt zu bringen.
Das Galaxy Note 7 kommt in mehreren Ländern in den Handel. Nach und nach gibt es Berichte von Nutzern über brennende oder zumindest überhitzte Telefone. Ein Überblick über das Ausmaß des Problems fehlt zunächst.
An dem Tag, an dem das Note 7 unter anderem auch in Deutschland breit in den Handel kommen sollte, gibt Samsung eine weltweite Rückrufaktion bekannt. Zunächst ist von 35 bestätigten Zwischenfällen die Rede.
Die US-Flugaufsicht FAA und dann auch ihr europäisches Pendant EASA verbieten, Geräte des Modells in Flugzeugen zu nutzen oder aufzuladen. Sie dürfen auch ausgeschaltet nicht ins aufgegebene Gepäck.
In den USA gibt es auch einen offiziellen Rückruf über die Verbraucherschutz-Behörde CPSC. Dabei werden deutlich mehr Fälle bekannt. Allein in dem Land seien demnach 26 Verbrennungen und 55 Fälle von Sachbeschädigung gemeldet worden.
Samsung leitet den Austausch der Geräte in Deutschland ein. Zugleich wird der Verkauf von Beteiligungen an anderen Tech-Unternehmen im Wert von rund einer Billion Won (etwa 800 Mio Euro) bekannt. Die Kosten des Rückrufs für Samsung werden auf mindestens eine Milliarde Dollar (rund 900 Millionen Euro) geschätzt.
Die südkoreanische Behörde für Technologie und Standards (KATS) fordert von Samsung vor der Wiederaufnahme des Verkaufs zusätzliche Sicherheitsprüfungen. Unter anderem solle jede Batterie für das Gerät einem Röntgentest unterzogen werden.
Samsung kündigt an, dass das Note 7 in Europa am 28. Oktober wieder regulär in den Handel kommen soll.
Ein gerade ausgeschaltetes Note 7 gerät in einem Flugzeug, das vor dem Abflug noch am Gate steht, in Brand. Nach Darstellung des Besitzers ist es bereits ein Austauschgerät.
Es werden vier weitere Fälle bekannt, in denen US-Verbraucher von Bränden mit Ersatzgeräten berichten. Zwei davon füllen demnach in der Nacht ein Schlafzimmer mit Rauch. Ein Telefon soll sich in den Händen eines 13-jährigen Mädchens in einer Schule entzündet haben. Die Mobilfunk-Anbieter AT&T, Verizon und T-Mobile US geben an ihre Kunden gar keine Note 7 mehr heraus.
Mehrere Medien berichten, Samsung setzte die Produktion des Geräts erneut aus. Vom Unternehmen heißt es dazu nur, die Produktionsplanung werde „vorläufig angepasst“.
Samsung stoppt den Verkauf des Note 7 erneut. Kunden werden aufgefordert, auch die Ersatzgeräte nicht mehr zu benutzen. Samsung ermutigt sie zudem, ihre Geräte gegen andere Modelle einzutauschen oder sich den Kaufpreis zurückerstatten zu lassen.
Der Absturz ist ausschließlich der Sparte IT und mobile Geräte geschuldet, die im zweiten Quartal noch mehr als die Hälfte des Konzerngewinns erwirtschaftet hatte. Die Abschreibungen für das Galaxy Note 7 ließen den Gewinn der Sparte im dritten Quartal auf 100 Milliarden Won (80 Millionen Euro) zusammenschrumpfen.
Doch Samsung hat Glück im Unglück: Das Flaggschiff macht lediglich einen kleinen Teil des Smartphone-Geschäfts aus. Zudem hätten sich die restlichen Produkte in dieser Sparte solide verkauft, teilte der Konzern am Donnerstag mit. Außerdem profitiert Samsung davon, dass andere Bereiche derzeit gut laufen.
„Halbleiter lieferten ein starkes Wachstum“, teilten die Koreaner mit. Denn sowohl Logik- als auch Speicherchips verkaufen sich gerade gut. Der Gewinn machte mit 3,37 Billionen Won fast zwei Drittel des Konzerngewinns aus. Und Samsung erwartet, seine Weltmarktführerschaft auszubauen. Denn als erster Halbleiterhersteller wird das Unternehmen Chips mit dem 10-Nanometer-Prozess produzieren. Diese Chips sind deutlich kleiner und sparsamer als die bisherigen Produkte.
Leiden auch andere Smartphones unter der Krise?
Doch auch das Displaygeschäft verbesserte Umsatz und Gewinn. Samsung profitiert hier vor allem von seiner Weltmarktführerschaft bei dünnen, flexiblen Bildschirmen aus organischen Leuchtdioden, die in Digitalkameras und Smartphones immer populärer werden. Überdies erwirtschaftete auch das Geschäft mit Fernsehern und Haushaltsgeräten, das mehr als ein Fünftel des Konzernumsatzes ausmacht, eine Gewinnmarge von 6,8 Prozent.
Mit großer Spannung wird allerdings erwartet, ob sich das Akkudebakel auch schädlich auf die anderen Smartphones des Konzerns auswirken wird. Samsung selbst rechnet im laufenden Quartal damit, dass die Nachfrage nach Mobiltelefonen und Tablets wieder anziehen wird. Das Unternehmen setzt dabei auf das Galaxy S7 und das S7 Edge, die Samsung Anfang des Jahres auf den Markt gebracht hat.
Für 2017 erwartet Samsung „mit dem Start neuer Flaggschiff-Smartphones eine Wende“. Neben Hardware hofft der Konzern dabei auch auf Software wie den Bezahldienst Samsung Pay, neue Cloud-Dienste und durch künstliche Intelligenz ermöglichte neue Angebote.
Doch auch wenn das Akkudebakel finanziell nur begrenzten Schaden anrichten sollte, steht der designierte Thronfolger Lee Jaeyong unter Druck. Nicht nur erwarten die Investoren, dass er die Konzernstruktur modernisiert. Der Großinvestor Elliot Management hatte erst kürzlich gefordert, den Konzern in eine Holding und eine operative Einheit zu zerlegen.
Außerdem steht im Dezember das alljährliche große Managerkarussell an. Und die große Frage ist, ob Lee den Chef der Mobilsparte Koh Dong-jin wegen des Akkudebakels feuern wird.