Hardware-Labor „Area 404“ Facebook zum Anfassen

Im Silicon Valley ist man selten damit zufrieden, immer das Gleiche zu tun. So ist es auch bei Facebook. Der Internetkonzern verlegt sich jetzt auf handfeste Arbeiten an High-Tech-Apparaturen – in einem nagelneuen Labor.

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In dem Lab sollen unter anderem energieeffiziente Rechner für Facebook-Datenzentren entworfen und neue Laser-Halterungen sowie Drohnen-Propeller getestet werden. Quelle: AP

Menlo Park Bisher hat Facebook sein Vermögen im Internet gemacht: Als soziales Netzwerk im Cyberspace, in dem Menschen Neuigkeiten in ihrem Leben, Erfahrungen und digitale Videos mit Freunden austauschen können. Aber Facebook hat weitergehende Ambitionen. In seinem Hauptquartier im kalifornischen Silicon Valley ist ein neues Labor eingerichtet worden, mit computergesteuerten Drehbänken, Fräsen und anderen Werkzeugen zur Herstellung von Waren zum Anfassen.

Es ist keine Fabrik zur Massenproduktion von Smartphones oder anderen Verbraucherartikeln. Die Ingenieure dort sollen vielmehr an einigen der High-Tech-Apparaturen arbeiten, die zur Umsetzung der Langzeitpläne des Unternehmens nötig sind. Und die lauten: Menschen durch „schlaue“ Geräte, Virtual-Reality-Kopfhörer und hoch fliegende Drohnen zu verbinden, die via Laser Internetsignale in ferne Winkel der Welt senden können.

Und wie Googles gefeiertes X-Lab, in dem der Suchmaschinen-Gigant bahnbrechende Projekte wie selbstfahrende Autos verfolgt, zeigt Facebooks neue Forschungseinrichtung: Führende Technologiefirmen im Silicon Valley geben sich selten damit zufrieden, immer nur das Gleiche zu tun. „Wenn man daran denkt, die Welt zu verbinden, muss man andere Arten von Hardware bauen, um Menschen zu helfen, sich miteinander zu verbinden“, sagt Jay Parikh, der bei Facebook für Technik und Infrastruktur zuständig ist.

In dem Lab sollen unter anderem energieeffiziente Rechner für Facebook-Datenzentren entworfen und neue Laser-Halterungen sowie Drohnen-Propeller getestet werden. Weiteres Ziel: Die Perfektionierung des Prototypen einer 360-Grad-Videokamera, den Facebook im April vorgestellt hat.

Das Labor, dessen Eröffnung das Unternehmen am Mittwoch bekanntgegeben hat, wird Area 404 genannt - ein Insiderwitz in Anlehnung an die „error 404“-Internetbotschaft, die Nutzer sehen, wenn sie versucht haben, auf eine Webseite zu kommen, die nicht gefunden werden kann. Facebook zufolge haben die Ingenieure des Unternehmens lange darüber geredet, wie sehr sie sich einen solchen Arbeitsplatz wünschen, aber die Suche danach sei erfolglos geblieben, weil so etwas bis jetzt schlicht nicht existiert habe.


Viel Spielraum für neue Unternehmungen

Wie viel das Labor gekostet hat, darüber schweigt sich Facebook aus, aber der Bau hat Monate gedauert. Die Einrichtung wurde in ein bereits bestehendes Bürogebäude auf dem Firmengelände eingebettet und ist ungefähr so groß wie ein Drittel eines Football-Feldes (so ein Feld ist etwa 110 Meter lang und 48 Meter breit).

Sie enthält neben Drehbänken und Fräsmaschinen Geräte, die durch mehrere Zentimeter dicke Metallplatten schneiden können, ein Elektronen-Mikroskop und einen CT-Scanner, mit dem untersucht werden kann, wie Material auf Hitze, Stromstöße und andere Belastungen reagiert.

Facebook wurde zu einem „Powerhouse“ im Silicon Valley und zu einem Liebling der Wall Street, weil sein weit gespanntes Online-Netzwerk ein Mekka für digitale Anzeigenwerber ist. Allein im zweiten Quartal dieses Jahres (April bis Juni) hat das Unternehmen Anzeigen im Wert von mehr mehr als sechs Milliarden Dollar (5,4 Milliarden Euro) verkauft und machte einen Profit von über zwei Milliarden Dollar.

Das gibt genügend Spielraum zum Investieren in neue Unternehmungen. Nach eigenen Angaben hat Facebook 2015 4,8 Milliarden Dollar in Forschung und Entwicklung gesteckt, fast doppelt so viel wie im Jahr davor. Vor zwei Jahren gab das Unternehmen zwei Milliarden Dollar für den Kauf von Oculus VR aus, ein Startup, das hochwertige Ausrüstung für Virtual Reality herstellt.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg glaubt, dass sich virtuelle Realität zu einer führenden Plattform für Kommunikation, Unterhaltung und Business entwickeln wird. In jüngsten Reden hat er Dienstleistungen auf der Basis von VR, künstliche Intelligenz und Internetzugang für die am stärksten unterentwickelten Regionen der Welt als Hauptpunkte von Facebooks Vision für die nächsten zehn Jahre genannt.

Der Oculus-Betrieb hat sein eigenes Labor in Seattle (US-Staat Washington) und Facebooks Drohnen-Team sein Hauptquartier im englischen Somerset. Aber Ingenieure beider Gruppen werden Parikh zufolge auch die neue Einrichtung im Silicon Valley nutzen.


360-Grad-Kameras und Drohnen

Aber vermutlich hat Zuckerberg noch mehr im Sinn. Im Frühjahr gab er die Bildung eines mysteriösen Forschungs- und Entwicklungsteams bekannt, das „Building 8“. genannt wird. Geleitet wird es von der angesehenen Ingenieurin Regina Dugan, einer früheren Direktorin der Pentagon-Forschungsbehörde Darpa, die in den späten 1960er-Jahren das Internet schuf. Bevor Facebook sie anheuerte, war Dugan Chefin eines auf „schnelle Innovation“ neuer technischer Geräte spezialisierten Google-Teams.

Außer den Produkten von Oculus ist der größte Teil von Facebooks Hardware nicht für den Verbrauchermarkt gedacht. Vor einigen Jahren schwirrte es in der Technologie-Industrie nur so von Gerüchten, dass Zuckerberg ein Smartphone bauen wolle. Das geschah aber nie. Das Unternehmen schuf lediglich die spezielle Software für ein HTC-Phone, das sich nicht gut verkaufte.

Stattdessen ist Facebook zu einem Industrieführer bei der Entwicklung energiesparsamerer Computerzentren geworden, indem Serverdesigns mit anderen Firmen geteilt werden. Auch die 360-Grad-Videokamera ist Facebook zufolge entwickelt worden, um anderen Erfindern zu zeigen, was alles an neuen Kameradesigns möglich ist.

Und die mit Sonnenenergie angetriebenen Drohnen sind nach Angaben von Facebook-Managern als Prototypen gedacht – in der Hoffnung, dass Telekommunikationsfirmen das Design nutzen.

Internet-Zugang schließlich, so betont Zuckerberg, kann die wirtschaftliche Entwicklung in armen Ländern antreiben. Aber natürlich profitiert auch Facebook davon, wenn mehr Menschen online gehen. Und neue Kameradesigns können mehr Video-Inhalte zur Nutzung im sozialen Netzwerk produzieren.

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