HTC ONE A9 Das neue Smartphone allein wird HTC nicht retten

HTC galt als einer der innovativsten Smartphone-Bauer schlechthin. Jetzt liegt ein tiefer Fall hinter dem Hersteller aus Taiwan. Das One A9 soll die Kunden endlich zurückbringen.

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Einst war HTC der König der Android-Smartphones, dann ging es steil bergab. Das One A9 soll nun Kunden zurückbringen. Quelle: Presse

Der Chef steht vor einer fast leeren Halle. Nur ein paar Handwerker arbeiten im Hintergrund während Jason MacKenzie, verantwortlich für das USA-Geschäft HTC, spricht. Später am Abend werden bei dem vom Smartphone-Hersteller gesponserten Tidal-X-Konzert im Brooklyner Barclay Center noch Stars wie Jay Z, Usher und Beyonce auftreten. Aber erstmal: “Heute dreht sich alles um Smartphones", sagt MacKenzie. Und er hat eins im Angebot:

Am Dienstagabend hat der taiwanesische Smartphone-Hersteller sein neustes Gerät, das One A9, vorgestellt. Ein, zumindest nach den veröffentlichen technischen Details, sehr ordentliches Smartphone der oberen Mittelklasse: 5-Zoll-Display, der Achtkern-Prozessor Qualcomm Snapdragon 617, 13 Megapixel-Kamera und 16 beziehungsweise 32 GB Speicher. Der Preis in Deutschland: über 500 Euro. Ebenfalls obere Mittelklasse also.

Das neue HTC-Modell

Als eines der ersten Betriebssysteme wird das A9 auf das neue Android 6.0 Marshmallow setzen, ergänzt durch die Benutzeroberfläche HTC Sense - mit einigen Besonderheiten wie dem News-Dienst Blinkfeed. Ansonsten gibt es wenig spektakuläre Neuerungen.

Bei seiner kurzen Vorstellung pries MacKenzie aber nicht nur die technischen Vorzüge, sondern auch die Freiheit, die das A9 angeblich bietet. So garantiert HTC in den USA zum Beispiel, dass die Geräte in den ersten zwölf Monaten im Schadensfall kostenlos repariert werden. Ein Angebot, dass sich Apple etwa bezahlen lassen. Es sollte nicht der einzige Seitenhieb bleiben.

“Unsere Smartphones sind besonders bei unseren Konkurrenten beliebt”, behauptet MacKenzie. Metallgehäuse, große Bildschirme, die Anpassung von Android, alles Dinge, die HTC eingeführt habe, und die dann von anderen kopiert wurden. Kauft. Kauft. Kauft, verdammt nochmal unsere Geräte, hätte der Manager in diesem Moment vermutlich schreien wollen.

Denn MacKenzie hat ein großes Problem: Sein Unternehmen baut seit jeher wirklich gute Smartphones. In Testberichten wurden insbesondere die HTC-Oberklasse-Geräte One M7 und M8 gelobt. Schon die jüngste Neuauflage des Oberklasse-Smartphones, das M9, blieb aber weit hinter den Erwartungen zurück und in den Regalen liegen. Es sei zu viel lauwarmer Aufguss, biete zu wenig echte Neuerungen, mäkelten die Kritiker. Hatte HTC damit den Ruf erworben, sich selbst zu kopieren, scheint es nun noch doller zu kommen.

iPhone-Klon?

Das One A9 ist optisch bloß ein dreister iPhone-Klon, heißt es bereits auf den Branchenseiten im Netz. Dabei ist HTC gerade auf das Design besonders stolz - und nennt es die logische Weiterentwicklung der eigenen Designvorgaben.

Tatsächlich erinnert es aber frappierend an Apples Vorzeigegerät - mit Anleihen bei anderen aktuellen Geräten. Das Aluminium-Gehäuse mit den hellen Antennen-Streifen wirkt wie das 6s, lediglich die Kamera ist nicht an der Seite sondern mittig positioniert. Der physische Home-Button mit Fingerabdruckscanner erinnert wiederum stark an andere Android-Geräte - wie die von Samsung zum Beispiel. Das wirkt durchaus edel, aber eben auch altbekannt.

Und genau das ist HTCs großes Problem: “Auf dem Smartphone-Markt geht es längst um mehr als nur Design und Hardware”, sagt Gartner-Analysten Roberta Cozza. “Die Kunden wollen auch eine besondere Erfahrung um das Gerät herum.”

Noch 2011 galt HTC als einer der innovativsten und wichtigsten Hersteller von Smartphones mit Android-Betriebssystem überhaupt. Keine fünf Jahre später steht das einstige Vorzeige-Unternehmen im Ruf, die ärgsten Konkurrenten bloß noch nachzuahmen, um wenigstens von deren Glanz zu profitieren. Das zeigt die Misere in aller Deutlichkeit: “Zuletzt war HTC kein Innovationstreiber mehr”, sagt Cozza. “Sondern bloß noch Passagier.”

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