Instinktiv geht Virginia Rometty in Abwehrhaltung. Auf der Bühne des Weltwirtschaftsforums in Davos hat CNN-Anchorman Fareed Zackaria die Schattenseite von Romettys Lieblingsthema „Künstliche Intelligenz“ thematisiert: drohender Jobabbau. „Es stimmt, viele haben Angst, dass künstliche Intelligenz vor allem dazu dient, menschliche Arbeitskräfte zu ersetzen“, sagt Rometty: „Dies ist aber nicht das, was wir darunter verstehen.“
Rometty, die alle nur kurz „Ginni“ rufen, versteht einiges vom Abbau von Arbeitsplätzen: Seit sie vor fünf Jahren als IBM-Vorstandschefin antrat, ist IBM um gut 60.000 Mitarbeiter geschrumpft. Sie will den IT-Riesen mithilfe künstlicher Intelligenz rund um den Supercomputer Watson fit machen für die Ära, in der Maschinen mehr und mehr Aufgaben übernehmen. Dazu muss sie IBM umbauen, auf alten Umsatz verzichten und Jobs streichen. Nach dieser schweren Phase, sagt sie, kommen goldene Zeiten.
Das Problem ist nur, dass ihr die Zeit davonläuft. Noch halten Aktionäre wie IBM-Großinvestor Warren Buffett still. Dank des binnen zwölf Monaten um über 40 Prozent gestiegenen Aktienkurses liegt Buffett mit seinem IBM-Anteil von 8,5 Prozent wieder im Plus.
Die IBM-Aktie verbuchte ihre Gewinne nicht zuletzt dank regelmäßiger Aktienrückkäufe. Die reichen wohl bald nicht mehr: „In diesem Jahr muss sich erweisen, ob Rometty die Kehrtwende hinbekommt – viel mehr Zeit räumen ihr die Kapitalmärkte nicht mehr ein“, sagt Joshua Greenbaum vom IT-Marktbeobachter EAC. Toni Sacconaghi, Analyst bei der US-Investmentbank Bernstein, sieht das ähnlich: „IBM muss endlich wieder organisches Wachstum zeigen.“
„IBM hat noch zu viel Hardware im Produktmix“
Gut möglich, dass Rometty noch dramatischer umbauen muss, zum Beispiel Teile des bisherigen Stammgeschäfts abspalten. „IBM hat noch zu viel Hardware in seinem Produktmix“, sagt EAC-Analyst Greenbaum. Er plädiert für den ganz großen Schritt, den Erzrivale Hewlett-Packard bereits Ende 2015 gegangen ist, als er sich in die PC- und Drucker-Company HP Inc. sowie den Unternehmens-IT-Anbieter Hewlett-Packard Enterprise aufgespalten hat: „Muss IBM nicht denselben Weg wie HP gehen und große Teile seines Altgeschäfts veräußern?“, bemerkt Greenbaum rhetorisch.
Vor- und Nachteile von Cloud Computing
Wer all seine Informationen in einer Cloud speichert, ist vom Anbieter abhängig. Sollte der sich möglicherweise nur unzureichend um seine Kunden kümmern, ist ein Wechsel zu einem anderen Anbieter meist schwierig, da die Datenmengen groß sind. Ein weiteres Problem: Für den Fall, das ein Anbieter pleite geht, gibt es keine klaren Regelungen. Erst wenn es Standards gibt, die einen Anbieterwechsel ermöglichen, sinkt die Abhängigkeit.
Dienstleister, die Clouds anbieten, beschäftigen sich in der Regel intensiv mit dem Thema Datenschutz. Allerdings sind große Datenmengen auch immer ein attraktives Ziel für Hacker. Die Auslagerung der eigenen Daten in eine Cloud bedeutet somit auch immer einen Kontrollverlust.
Die Menge des Speicherplatzes im Netz kann flexibel angepasst werden. Benötigt man mehr Speicherplatz, kann man einfach die angemieteten Kapazitäten erhöhen, anstatt sich teure Hardware kaufen zu müssen.
Der Administrationsaufwand sinkt, wenn man eine Cloud benutzt. Da die Installation auf dem eigenen Computer entfällt und auch Updates von den Cloud-Anbietern durchgeführt werden, kommt es hier zu einer großen Zeitersparnis.
Wer mit einer Cloud arbeitet, kann flexibel auf Daten zugreifen. Dabei spiel der Ort keine Rolle. Sowohl von Smartphones, als auch von Tablets und Computern aus können die Informationen abgerufen werden.
Schon jetzt lassen sich an IBM die dramatischen Auswirkungen der digitalen Transformation ablesen. Der über 100 Jahre alte Konzern muss einen Spagat üben: Durch die Veränderungen in der IT-Industrie hin zu neuen Technologien wie etwa dem Cloud Computing, also der Bereitstellung von Software zur Miete über das Internet, fallen bei den auf Hardware und IT-Dienstleistungen spezialisierten Konzernen wie IBM viele Dienstleistungs- und Wartungsjobs weg.
Parallel dazu schwinden die Umsätze im IBM-Stammgeschäft, weil die Unternehmen deutlich weniger Server-Computer, Speichersysteme und Netzwerk-Equipment kaufen. Vieles davon mieten sie heute bei Cloud-Providern wie Amazon Web Services. Gleichzeitig muss IBM trotz des rückläufigen Kerngeschäfts kräftig investieren, um bei den neuen Trends vorn mit dabei zu sein. Rometty hat als Wachstumsfelder Cloud, Analytics – hier geht es unter anderem um künstliche Intelligenz und Watson – sowie Mobile, Social und IT-Sicherheit definiert.