2. Fälle von Social-Media-Page-Grabbing aus der Praxis
Fälle von Social-Media-Page-Grabbing kommen in der Praxis immer wieder vor. Beispielsweise bezahlte der Fußballverein Schalke 04 für die Übernahme der Facebook-Seite „FC Schalke 04“ eine „Ablösesumme“ von 50.000 Euro. Als die Stadt Mannheim versuchte das Twitter-Profil http://www.twitter.com/mannheim zu registrieren und von deren bisherigen Inhaber mit Verweis auf ihre Namensrechte die Herausgabe des Profils verlangte, erklärte sich dieser ebenfalls nur gegen Zahlung eines erheblichen Geldbetrags zu einer Herausgabe bereit.
Forum IT-Sicherheit
Der Hackerangriff auf den Deutschen Bundestag hat auch dem letzten Vorstand die Augen geöffnet. Kein Unternehmen ist gefeit vor Cyberangriffen. Jede noch so kleine Sicherheitslücke in den IT-Systemen kann zum Einfallstor für Spionage- oder Sabotageattacken werden und Schäden in Millionenhöhe verursachen. Die Verunsicherung in den Unternehmen ist jedenfalls groß. Sind die Sicherheitsvorkehrungen wirklich auf dem allerneusten Stand, um die Kronjuwelen des Unternehmens zu schützen? Kennen die Mitarbeiter alle Indizien, die auf einen Angriff hindeuten? Wie lange brauchen die Alarmsysteme, um einen Angriff zu erkennen? Es gibt viele Fragen, aber nur wenige Experten, die fundierte Antworten liefern können. Zusammen mit Bernd-Oliver Bühler, geschäftsführender Gesellschafter der Janus Consulting und Spezialist für IT-Sicherheit, hat die WirtschaftsWoche die Sicherheitsverantwortlichen in deutschen Unternehmen gebeten, aus ihrer Sicht die größten Probleme und mögliche Lösungen vorzustellen.
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In einem anderen Fall war bereits kurz nach dem Relaunch des Filehosting-Dienstes „Mega“ eine von Dritten betriebene Facebook-Seite „Mega.is.back“ aufgetaucht, die als Seite des Unternehmens auftrat und mit falschen Werbeversprechen in kürzester Zeit zahlreiche Fans anlockte. Von solchen Identitätsdiebstählen sind im Übrigen nicht nur Unternehmen, sondern auch Prominente oder andere Personen des öffentlichen Lebens betroffen. So musste die EU-Justizkommissarin Vera Jourová kurz vor Dienstantritt festellen, dass jemand in ihrem Namen ein falsches Twitter-Profil eingerichtet hatte.
3. So können sich Unternehmen gegen Corporate-Identity-Theft schützen
Die Anbieter von Social-Media-Plattformen sind sich des Problems gefälschter Unternehmenspräsenzen längst bewusst. So bieten Facebook, Google+ und Twitter die Möglichkeit, die Echtheit einer Seite verifizieren zu lassen, wovon immer mehr Unternehmen Gebrauch machen. Zudem stellen die Anbieter plattforminterne Meldeverfahren bereit, mit denen Fälle von Page-Grabbing angezeigt werden können.
Am einfachsten und zuverlässigsten können sich Unternehmen aber in den sozialen Netzwerken vor einem Corporate Identity Theft schützen, indem sie „ihre“ Unternehmensseite in den relevanten sozialen Netzwerken für sich reservieren, also anmelden. Das Reservieren der eigenen Unternehmensseite nach dem Prinzip „first come, first served“ stellt kein unzulässiges Page-Grabbing dar, sondern ist legitim. Für klassische Internetdomains ist dieses kaufmännische Sicherungsinteresse sogar vom Bundesgerichtshof anerkannt.
4. So erlangen Unternehmen ihre Profilseite zurück
Sollte die eigene Seite aber schon von einem nichtberechtigten Dritten reserviert sein, der nicht zur Herausgabe des Profils bereit ist, bleibt nur die Geltendmachung rechtlicher Ansprüche. Nach deutschem Recht können sich solche insbesondere aus dem Marken-, Unternehmenskennzeichen- oder Namensrecht ergeben.
Aber auch Ansprüche wegen unlauteren Wettbewerbs oder vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung kommen in Betracht, da das Social-Media-Page-Grabbing in vielen Fällen eine unlautere Behinderung darstellt. Zudem kann die Registrierung der fremden Profilseite in der Absicht, diese nur gegen Zahlung eines erheblichen Lösegelds herauszugeben, eine strafbare Erpressung darstellen. Im Einzelfall muss aber genau geprüft werden, welche Ansprüche das betroffene Unternehmen geltend machen kann.
Dies ist insbesondere deshalb wichtig, da aufgrund der weltweiten Ausrichtung der sozialen Netzwerke die gewünschte Profilseite berechtigterweise auch von einem gleichnamigen Unternehmen aus einem anderen Teil der Welt angemeldet worden sein kann, das womöglich in einer anderen Branche tätig ist. In derartigen Fällen ist eine Rechtsverletzung nur schwer zu begründen. Es bleibt dann bei dem Prioritätsgrundsatz „first come, first served“, wer zuerst kommt, mahlt zuerst, darf die Seite also behalten.
Im Falle eines rechtsverletzenden Page-Grabbings stehen dem betroffenen Unternehmen jedoch unter anderem Ansprüche auf Beseitigung, Unterlassung und Schadensersatz zu. Praktisch bedeutsam ist in der Praxis die Frage, welche Ansprüche direkt gegenüber dem sozialen Netzwerk geltend gemacht werden können und welche Ansprüche ausschließlich gegenüber dem oft nur schwer zu identifizierenden Rechtsverletzer bestehen.