Infineon Wie Ploss den Fernen Osten erobern will

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Malaysia wird der größte Fertigungsstandort sein

„Ich will ehrlich sein“, sagt Ploss, als er schließlich auf der Bühne steht. „Wir sind zunächst wegen der niedrigen Löhne nach Malaysia gekommen.“ Das war 1973, als die Deutschen in Malakka, im Süden des Landes ihre erste Fabrik bauten. Damals war der heutige Infineon-Konzern noch die Halbleitersparte von Siemens.
Ploss spricht auf Englisch ohne Manuskript. Inzwischen sei der Standort Malaysia integraler Bestandteil der globalen Aktivitäten des Konzerns mit seinen weltweit gut 35.000 Mitarbeitern. Mehr als 17.000 davon arbeiten in Fernost, etwa 10.000 Menschen beschäftigen die Münchner allein in Malaysia.

Zu den 2000 Infineon-Mitarbeitern in Kulim sollen, wenn die zweite Fabrik in den kommenden Jahren hochgefahren wird, noch einmal 1000 hinzukommen. Malaysia wird dann der größte Fertigungsstandort von Infineon sein.
Den Grundstein des heutigen Erfolgs hatte Ploss’ Vorgänger Peter Bauer gelegt. Bauer, der vor knapp vier Jahren abtrat, hatte aus dem kriselnden Massenhersteller einen hoch profitablen und innovativen Spezialanbieter gemacht. So liefern die Münchner seit Kurzem für Google die Hardware zur Gestenerkennung bei Mobiltelefonen.
Sein Geld verdient Infineon heute aber vor allem mit Leistungshalbleitern für die Autoindustrie, für industrielle Steuerungen und für Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. „Das Unternehmen ist sehr gut diversifiziert“, sagt denn auch Wolfgang Donie, Aktienanalyst der Nord/LB.
Am Morgen nach der feierlichen Eröffnung des neuen Werks sitzt Ploss in einer der oberen Etagen des ehrwürdigen Eastern & Oriental Hotel nahe Kulim. Die Luft draußen ist schwül, der Blick geht über den Indischen Ozean.
Sicher, sagt Ploss mit Blick auf seinen Vorgänger Bauer, seien sie „vom Typ her unterschiedlich“. Ploss, der in München Verfahrenstechnik studierte, wirkt auf den ersten Blick blass und hölzern. „Spröde ist gar kein Ausdruck“, sagt einer, der lange mit ihm zusammengearbeitet hat.

Welche Technologien uns besser leben lassen
Berührungslos greifen:Ein Chip erfasst Nervenreize. Denkt ein Proband „Greifen“, kann er eine Prothese fernsteuern. Quelle: ap
Magnetismus spüren:Werden kleine Magnete unter die Haut der Fingerkuppen implantiert (200 Euro ), können Menschen elektromagnetische Felder wahrnehmen. Quelle: dpa
Besser hören:Ein Mikrochip im Innenohr (38.000 Euro ) lässt Taube wieder hören. Quelle: dpa/picture alliance
Stimmung steuern:Hirnschrittmacher (ab 31.000 Euro ) senden elektrische Impulse ins Gehirn, um epileptische Anfälle, das Zittern von Parkinson-Kranken und Depressionen zu heilen. Quelle: dpa
Lähmung überwinden:Mit einer vollelektronischen Orthese (60.000 Euro ) können Menschen gelähmte Gliedmaßen wieder benutzen. Quelle: dpa
Natürlich gehen:Mikroelektronik in modernen Prothesen wie der des deutschen Athleten Markus Rehm (30.000 bis 40.000 Euro ) kontrolliert und steuert innerhalb von Millisekunden die Position des Kunstbeins beim Gehen, Rennen oder Treppensteigen. Quelle: dpa
Schneller rennen:Mit superleichten Karbonfedern (8.000 Euro ) spurten Sportler besser als mit normalen Fußprothesen. Quelle: dpa

Der charismatische Bauer konnte dagegen auch den großen, mitreißenden Auftritt. „Ich komme sehr stark aus der Technologie“, sagt Ploss. Seit drei Jahrzehnten arbeitet der 60-jährige Franke bereits bei Infineon. Begonnen hatte Ploss 1986 in der Münchner Chipfertigung des Siemens-Konzerns. Zwischenzeitlich leitete er das Automobil- und das Industriegeschäft. Im Jahr 2007 rückte Ploss in den Vorstand auf.
Doch auch wenn Bauer mit der Abkehr vom Massengeschäft vor acht Jahren wichtige Weichen richtig gestellt hat: Der jetzige Vorstandschef profitiert davon, dass er im Konzern tief verwurzelt ist. Inzwischen hat er dem Unternehmen seinen Stempel aufgedrückt. So bewies Ploss mit der Übernahme des amerikanischen Rivalen International Rectifier (IR) vor bald zwei Jahren einen guten Riecher.

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