Intel-Chef Brian Krzanich CEO ohne Bodenhaftung

Intel-Chef Brian Krzanich Quelle: REUTERS

Bei seiner Keynote zum Auftakt der Consumer Elektronics Show in Las Vegas redet Intel-Chef Brian Krzanich die massiven Sicherheitslücken in den Mikroprozessoren seiner Firma klein. Wirklich überzeugend ist das nicht.

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„Geh in Deckung. Geh in Deckung, so lang Du noch kannst, Baby, und schau nicht zurück.” So lautet der Refrain in dem Song von „The Killers”, der vor Beginn der Keynote von Intel-Chef Brian Krzanich bei der Consumer Electronics Show (CES) im Monte Carlo Theater in Las Vegas erklingt. In ihm raten die US-Rocker einem nicht näher erläuterten „Baby” zur Flucht aus einer ausweglosen Situation.

Als Krzanich die Bühne betritt, versteckt sich der Intel-Chef nicht gerade, aber er geht leicht nach vorn gebeugt, nimmt ein paar Schritte Anlauf, als wolle er auf die Bühne sprinten, bricht dann ab und bleibt stehen. Der 57-Jährige sieht müde aus, seine Gesichtsfarbe ist von ungesund gelber Farbe. Nervös spielt er mit dem kleinen Klicker in seiner Hand herum, schaut immer wieder nach unten.

„Bevor wir starten, möchte ich zunächst die Gelegenheit nutzen, um die jüngsten Erkenntnisse über die Sicherheitsprobleme anzusprechen, über die als ,Meltdown‘ und ,Spectre‘ berichtet wurde”,
sagt der Intel-Chef. Er beteuert: „Sicherheit ist der wichtigste Job für Intel und für unsere Industrie.” Es ist von höchster Wichtigkeit, „die Daten unserer Kunden zu schützen”.

In der ersten Januarwoche erschütterten Intel Enthüllungen über schwerwiegende Sicherheitslücken in Mikroprozessoren. Millionen von PCs, Smartphones und Tablets sind betroffen.

Es ist keine Entschuldigung, die der Intel-Chef sich nun vor 5000 Menschen abringt. Eher schon versucht er das Thema herunterzureden. „Bislang haben wir keine Informationen darüber erhalten, dass jemand die Sicherheitslücke ausgenutzt hat, um Nutzerdaten zu entwenden”, meint Krzanich. Er beteuert: „Wir arbeiten ohne Unterlass daran, dass dies so bleibt.” Um ihre Daten zu schützen, sollten Kunden alle angebotenen Updates installieren, sobald sie verfügbar werden, rät der Intel-Manager.

90 Prozent aller Intel-Chips, die in den vergangenen fünf Jahren hergestellt wurden sollen schon in einer Woche mit einem entsprechenden Update versorgt werden, die übrigen folgen bis Ende Januar. In einigen Fällen könnten hohe Datenmengen die Leistung der Prozessoren beeinträchtigen, wendet Krzanich ein. „Aber wir arbeiten weiter mit der Industrie hart daran, diese Dinge über die Zeit zu lösen.”

Alles, was Krzanich auf der Bühne erzählt, klingt einfacher als es tatsächlich ist. Für Intel dürfte die Krise noch lange nicht ausgestanden sein. Kunden in den USA verlangen bereits Schadensersatz für die schadhaften Chips, die ihnen verkauft wurden. In den Bundesstaaten Kalifornien, Indiana und Oregon sind Sammelklagen anhängig.


Kein Wort zu persönlichen Konsequenzen

Auch der Intel-Chef selbst, der den Konzern seit 2013 führt, steht massiv unter Druck. Er geriet in den Verdacht des Insiderhandels, seit herauskam, dass er eigene Anteile und Optionen am Unternehmen verkaufte, als er bereits von der Sicherheitslücke in den Chips seiner Firma wusste.

Experten rechnen damit, dass sich bald die amerikanische Börsenaufsichtsbehörde SEC in den Fall einschaltet. „Die Größe dieser Transaktion macht es unvermeidlich, dass die SEC die Angelegenheit untersucht”, sagte der frühere Rechtsermittler der SEC Stephen Crimmins am Montag dem Finanzdienst Bloomberg.

Manager wie Krzanich können gemäß der SEC-Richtlinie 10b5-1 einen Zeitplan bestimmen, um eine zuvor festgelegte Summe von Aktien zu bestimmten Zeiten abzustoßen. Die Klausel dient explizit dazu, Vorwürfe von Insiderhandel auszuräumen. Krzanich setzte einen solchen Plan im Jahr 2015 auf.

Im November 2017 stieß der 57-Jährige Anteile mit einem Wert von 39 Millionen Dollar ab und kassierte einen Gewinn von 24 Millionen Dollar. Dabei hatte Google Intel und andere Firmen bereits im Sommer vor den unsicheren Prozessoren gewarnt.

Zu persönlichen Konsequenzen und den Vorwürfen des Insider-Handels äußerte sich der Intel-Chef in seiner Keynote nicht. Ein Konzernsprecher von Intel erklärte im Vorfeld, Krzanichs Aktienverkäufe und die Sicherheitslücken ständen in keinem Zusammenhang.

Nach dem massiven technischen Versagen von Intel, scheint das Bild der innovativen und der Zukunft zugewandten Firma, die der Intel-Chef bei der CES auf der Bühne zur präsentieren versucht, wenig glaubwürdig. Daran ändern auch die knallbunten Inhalte nichts, die in Virtual Reality und mit viel Musik über die Bühne tanzen. Oder die zahlreichen neuen Partnerschaften mit Paramount Pictures, der NFL und zahlreichen anderen. Oder die hundert Drohnen die in dunklem Licht aufsteigen und den Saal mit Summen erfüllen.

Vielleicht nur das: Gegen Ende zeigt Intel ein Video, in dem der Chef in ein fliegendes Taxi des Start-ups Volocopter klettert und zu coolen Rocksongs durch die Luft schwebt. Irgendwohin. Ohne jede Bodenhaftung. Vielleicht ist das am Ende das einzig glaubwürdige Bild.

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