Internet Die geheime Macht der Vergleichsportale

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Energie-Dinos werden entmachtet

Ähnlich wie Check24 zählt Verivox zu den Generalisten unter den Vergleichsmaschinen. Ein Machtfaktor ist das Portal aber auf dem deutschen Energiemarkt. „Jeder vierte Verbraucher, der seinen Stromanbieter wechselt, nutzt dabei Verivox“, sagt Öhlund. Für die Strom- und Gasversorger heißt das: Wer auf den Listen der Heidelberger nicht unter den Top Ten auftaucht, bekommt ein massives Problem, seine Kundenzahlen stabil zu halten.

Entsprechend nervös reagieren die Energie-Dinos, sobald sie zu Verivox und Co. befragt werden. E.On-Energie-Geschäftsführer Uwe Kolks lobt pflichtschuldig die Transparenz- und Verkaufsqualitäten der Portale. Die E.On-Werbeetats sollen in den kommenden zwei Jahren zugunsten der Online-Medien umgeschichtet werden.

Dass die Energieriesen über ihre eigene Entmachtung viel Begeisterung verspüren, darf allerdings bezweifelt werden. „Bei Online herrscht mehr Transparenz, mehr Wechselaffinität, mehr Preiskampf“, murrt etwa ein Vertriebsleiter von RWE.

Vorsicht bei Lockangeboten

Die Folge: Unter den vermeintlichen Preisstars der Energieportale finden sich oft windige Klitschen, die die Wechselbereitschaft der Kunden mit Lockangeboten ausnutzen. So werden Tarife gerne mit einmaligen Wechselprämien für das erste Jahr garniert. Die Auszahlung der Boni ist aber oft an bestimmte Stromabnahmemengen geknüpft oder wird über höhere Arbeitspreise wieder eingespielt.

Zahlen zu Strompreisportalen

Noch heikler sind Vorkasse-Modelle. So wurden Hunderttausende Verbraucher von den Insolvenzen der Energieanbieter Teldafax und Flexstrom kalt erwischt. Die Discounter rangierten in den Tarifvergleichen regelmäßig auf Spitzenplätzen, verlangten von Kunden aber die Zahlung der jährlichen Stromrechnung vorab.

Das Debakel der Billigheimer änderte zwar nichts am Geschäftsmodell, doch zumindest bauten die meisten Portale Filter ein, mit denen Verbraucher allzu windige Offerten aussortieren können. Bei Verivox und Check24 können Kunden zum Beispiel die Empfehlungen der Stiftung Warentest für die Voreinstellungen beim Strompreisvergleich übernehmen.

Ein Image-Desaster wäre für die Heidelberger fatal: Die Energiesparte gilt als Türöffner für den Abschluss weiterer Verträge, und der Haupteigner, der britische Finanzinvestor Oakley Capital, treibt die Expansion der Plattform voran. Kurz vor der Entscheidung, das Versicherungsgeschäft auszubauen und Transparo zu übernehmen, hatte das Verivox-Management eine Immobiliensuche auf der Seite integriert. Zudem ist das Auslandsgeschäft eine Option. „Österreich und die Schweiz, aber auch Länder wie Italien und Polen sind für uns interessant“, sagt Verivox-Chef Öhlund.

Auf Wachstum und Markenpflege zu setzen scheint konsequent. Nur Vergleichsrechner, denen es gelingt, dass Kunden sie quasi automatisch ansteuern, können ihre Kosten für das Online-Marketing auf ein erträgliches Niveau drücken. Derzeit schnappen sich die Portale die besten Anzeigenplätze im Netz gegenseitig weg und treiben so die Werbekosten. Google profitiert, während vor allem Nischenplayer kämpfen müssen. „Es wird eine Konsolidierung geben“, ist Öhlund überzeugt. „Im deutschen Markt sehe ich langfristig nur zwei große Player – einer davon werden wir sein.“ Bei dem anderen dürfte Öhlund wohl an Check24 denken. Gut möglich, dass er recht behält. Die Latein-Vokabel Verivox soll auf Deutsch schließlich so viel wie „die Stimme des Wahren“ bedeuten.

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