Internet-Riese Google will in die Klassenzimmer

Vor Jahren kämpfte die IT-Industrie darum, die Schulen ans Netz zu bringen. Das Ziel wurde erreicht. Dennoch sind die Schulen nicht so digital, wie auch viele Lehrer sich dies wünschen. Google will das ändern.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Google will sich stärker in den Schulen engagieren (Symbolbild). Quelle: ap

Berlin/Mountain View Google will seine Online-Dienste verstärkt in den Schulunterricht bringen. Mit dem am Mittwoch vorgestellten Angebot „Classroom“ können unter anderem Hausaufgaben elektronisch erstellt und erfüllt werden. Dafür verbindet „Classroom“ Google-Dienste wie GMail, die Online-Festplatte Drive und die Textverarbeitung Docs. Das Angebot werde im Programmpaket „Google Apps for Education“ kostenlos sein und solle im September eingeführt werden.

Die Schulprogramme enthielten keine Anzeigen und werteten auch keine Nutzerdaten für Werbung aus, betonte Google. Der Internet-Konzern hatte dies erst vergangene Woche zugesichert. In einer US-Klage war angeprangert worden, dass in den bisherigen Bildungs-Anwendungen zwar keine Werbung angezeigt worden sei, aber die Auswertung der Daten im Hintergrund weiterlief. „Apps for Education“ hat nach Angaben von Google rund 30 Millionen Nutzer weltweit.

In Deutschland sehen Experten Nachholbedarf bei der Modernisierung des Unterrichts. Die weiterführenden Schulen in Deutschland sind zwar inzwischen vollständig an das Internet angeschlossen. Allerdings bietet nur fast jede zweite Schule der Sekundarstufe I (46 Prozent) einen Netzzugang in allen Klassenräumen, ergab eine Studie des IT-Branchenverbandes Bitkom. Die Ausstattung in den unterschiedlichen Schulformen (Hauptschule, Realschule, Gemeinschaftsschule, Gymnasium) unterscheidet sich kaum.


„Jeder Schüler sollte ein Notebook haben“

Im Gegensatz zu einem gängigen Klischee seien Lehrer keine Technik-Muffel, sondern „Teil der digitalen Avantgarde“, sagte Bitkom-Präsident Prof. Dieter Kempf am Mittwoch in Berlin. Ihre private Ausstattung mit Geräten wie Notebooks und Tablet-Computer sowie ihr Interesse an modernen Technologien seien überdurchschnittlich. Da die Geräte in den Schulen häufig nicht dem Stand der Technik entsprechen, bringen der Studie zufolge 57 Prozent der Lehrer ihr privates Notebook mit.

95 Prozent der Lehrer stehen der Studie zufolge dem Einsatz elektronischer Medien im Unterricht „positiv“ oder „eher positiv“ gegenüber. Knapp fünf Prozent sind „skeptisch“. Bei einer ähnlichen Bitkom-Umfrage vor drei Jahren war die Ablehnung noch viermal so hoch. Jeder zweite Lehrer würde gerne häufiger elektronische Medien im Unterricht einsetzen. „Das scheitert jedoch häufig an fehlenden Geräten und dem tatsächlichen oder befürchteten Aufwand“, sagte Kempf. Jeder fünfte Lehrer verzichte auf den Einsatz aus der Sorge, dass die Technik versagen könne.

Der Verbands-Präsident machte sich für eine „Digitale Agenda“ stark. „Jeder Schüler sollte ein Endgerät wie einen Tablet-Computer oder ein Notebook zu Verfügung haben.“ „Tafeln aus der Kreidezeit“ müssten in allen Klassen durch Smartboards oder Beamer abgelöst werden. In allen weiterführenden Schulen sollten WLAN-Stationen für den drahtlosen Zugang zum Internet aufgebaut werden. Außerdem forderte Kempf systematische und verbindliche Weiterbildungsmöglichkeiten für alle Lehrer.

Der Bitkom brachte auch erneut ins Gespräch, Informatik als Pflichtfach in der Sekundarstufe I einzuführen. „Wir wollen nicht alle Kinder zu Informatikern machen, aber es geht hier um eine Kulturkompetenz der Zukunft.“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%