Interview Hasso Plattner »Wir müssen unternehmerischer werden«

Hasso Plattner Der SAP-Chefaufseher verlangt von seinen Leuten mehr amerikanischen Spirit, warnt vor einer Vermögensteuer und verteidigt seine Eingriffe ins operative Geschäft.

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Foto von Hasso Plattner Quelle: dpa

Wirtschaftswoche: Herr Plattner, vor rund drei Jahren erklärten Sie, SAP müsse wieder eine „Happy Company“ werden. Ist SAP heute eine „Happy Company“?

Hasso Plattner: Dazu muss man erläutern, was mit „happy“ gemeint war. Ich habe bewusst die amerikanische und nicht die deutsche Bedeutung des Wortes, also „glücklich“, verwendet. Das wäre eine völlig falsche Übersetzung. Und „zufrieden“ wäre zu wenig. „Happy“ bedeutet: Mensch, es macht Spaß, ich reiße was, ich bestimme auch was mit in der Welt! Herrscht eine solche Stimmung im Unternehmen, eine Mischung aus Motivation und mit Freude anpacken, dann schafft man sehr viel mehr, ohne sich mehr anzustrengen, sicher 120 Prozent, bei „unhappy“ dagegen nur 80 Prozent. Happy Company heißt auch: Wir haben ein Problem, okay, dann lösen wir es, eventuell sogar über Nacht.

Und, ist SAP nun „happy“?

Wir sind auf dem Weg. Wir sind noch lange nicht dort, aber schon deutlich besser geworden.

Was fehlt?

SAP zählt beispielsweise nicht zu den beliebtesten Arbeitgebern. In Umfragen bei deutschen Betriebswirten war SAP nicht unter den Top 50. Bei deutschen Ingenieuren rangierte SAP auf Platz 34, Oracle auf 31, Google auf dem Spitzenplatz, Apple auf drei und Microsoft auf Platz fünf. BMW und VW liegen ebenfalls vor uns. Hier müssen wir wirklich besser werden.

Was unternehmen Sie dagegen?

Ich habe es dem Management noch einmal ganz deutlich gesagt: Die Beliebtheit bei jungen Talenten ist ein Schlüsselfaktor für den Erfolg von SAP und Aufgabe des Vorstands. Es muss sich ändern, so schnell es geht. Wir haben fantastische neue Produkte, liegen aber nicht auf einer Ebene mit Google und Apple.

Wo liegt der Grund für das schlechte Abschneiden?

Wenn man sich bei SAP bewirbt, kann es sein, dass man erst Wochen später eine Antwort bekommt. Das ist heute untragbar. Microsoft in Berlin reagiert innerhalb von 48 Stunden. Eine andere Sache ist, wie es strukturell in der Firma aussieht.

Was machen Google & Co. besser?

Der langfristige Erfolg einer Firma hängt ganz klar direkt davon ab, welche Talente sie bekommt. Bis Mitte der Achtzigerjahre haben mein SAP-Gründerkollege Dietmar Hopp und ich uns persönlich darum gekümmert, das Recruitment später dann aber delegiert. Das war ein Fehler. Bei Google führen Bewerber mindestens drei Einstellungsgespräche bis hoch zum Konzernchef, und wenn es noch so kurz ist. In meinen guten Zeiten wusste ich nach wenigen Minuten, ob ich jemanden einstelle.

Kritiker sagen, SAP sei im 41. Jahr bürokratisch und behäbig geworden.

Firmen neigen, wenn sie älter und größer werden, zu Bürokratie. Das ist auch bei SAP so und muss anders werden...

...mit Ihnen als Vorturner?

Plattner: Erziehung ist Vorbild und Liebe, sagte der Schweizer Pädagoge Johann-Heinrich Pestalozzi. So sehe ich das auch. Man kann Entbürokratisierung nicht verordnen, man muss sie vorleben. Oracle-Chef Larry Ellison hat vor zehn Jahren angekündigt, zwei Milliarden Dollar aus der Verwaltung rausschneiden zu wollen, bei Prozessen, beim Personal und vielem mehr. Er hat das durchgezogen. SAP hat diese Chance damals nicht genutzt.

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