Jenoptik Widerstand gegen leere Ankündigungen

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Jenoptik leidet unter hausgemachten Problemen

Die Wachstumsschwäche ist nicht das einzige Problem von Jenoptik. Seit 2008 stiegen die allgemeinen Verwaltungskosten um ein Drittel. Allein im vergangenen Jahr stiegen sie um neun Prozent auf 51 Millionen Euro. Zu den allgemeinen Verwaltungskosten zählen Ausgaben, die keiner Sparte direkt zugeordnet werden können, etwa für die Personal- oder Rechtsabteilung. „Der Verwaltungsapparat ist für die Größe des Unternehmens überdimensioniert“, sagt eine ehemalige Führungskraft.

Gleichzeitig gelang es Mertin, sein Gehalt in diesem Zeitraum auf zwei Millionen Euro hochzuschrauben, zweieinhalb Mal so viel wie noch 2008. „Der Gehaltssprung wird nicht durch die operative Entwicklung gerechtfertigt“, sagt Tim Albrecht, Fondsmanager der Deutschen Bank. Mertin selbst ficht das nicht an, im Gegenteil: Er fühlt sich offenbar sogar noch  unterbezahlt. So forderte er nach Informationen der WirtschaftsWoche kürzlich bei einer Aufsichtsratssitzung, die Kontrolleure sollten ihm die zugesagte Pension erhöhen. Die Arbeitnehmervertreter rebellierten. Das Thema wurde vertagt. Jenoptik äußert sich dazu nicht.

Mertin entschuldigte die verfehlten Wachstumsziele mit „externen Faktoren“, unter denen Jenoptik mit seinen fünf Sparten Laser, Optik, Verkehrssicherheit, Messtechnik und Rüstung leide. Insider betrachten die Probleme dagegen als hausgemacht. So orientieren sich die Boni der Führungskräfte nicht am Wachstum, sondern an der Profitabilität und den erwirtschafteten Mitteln, dem Cash Flow des Unternehmens. Deshalb sei die Motivation der Manager größer, die Kosten zu drücken als für mehr Umsatz zu sorgen.

Hinzu komme, sagen Führungskräfte, dass Entscheidungen zu lange dauerten. Regelmäßig brüte der Vorstand über Matrizen, die die Befugnisse im Konzern regeln sollen. Am Ende laufe dies jedoch stets darauf hinaus, so viel Macht wie möglich entweder in der Chefetage zu konzentrieren oder, so der interne Jargon, beim „Schattenvorstand“. Den verkörpert seit 2007 Melanie Jaklin, eine Art Allzweckwaffe unter dem Vorstand. Ideen von Führungskräften müssten erst über ihren Tisch, bevor sie der Konzernspitze vorgelegt würden, berichten Betroffene.

Doch das Multitalent sei überfordert, arbeite Tag und Nacht und könne trotzdem nicht alles bewältigen, sagen Mitarbeiter. Denn Jaklin ist für Personal, Einkauf, IT und zentrale Dienstleistungen zusammen verantwortlich und sitzt zudem in internationalen Konzerngremien. Jenoptik will das nicht kommentieren.

Jenoptik kommt nicht voran

Jenoptik galt einmal als Paradebeispiel für die gelungene Privatisierung eines volkseigenen Betriebs aus DDR-Zeiten. Der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth (CDU) hatte Jenoptik aus Teilen des Carl-Zeiss-Kombinats geschaffen. Mertin erwarb sich zunächst einen guten Ruf. Als Jenoptik 2009 infolge der Finanzkrise Verlust machte, baute er Personal und Schulden ab und riss so das Ruder rum. Selbst Kritiker zollen ihm dafür Anerkennung. Doch das ist Geschichte, Jenoptik kommt seitdem nicht voran.

Allzu schnell dürfte sich trotz der Drohungen der Fonds jedoch nichts ändern. Denn eigene Interessenvertreter dürfen sie vorerst nicht in den Aufsichtsrat wählen. Die Vertreter des Humer-Clans sind trotz des Rückzugs der Familie noch nicht von ihren Aufsichtsratsposten zurückgetreten. Damit kann es bei der Hauptversammlung am Mittwoch nicht zur Neuwahl kommen.

Nach Informationen der WirtschaftsWoche wollen die Humers kurz nach der Hauptversammlung zurücktreten. Die neuen Aufsichtsräte würden dann auf Vorschlag des Vorstands von einem Gericht bestimmt. „Das kommt einer Entmachtung der Aktionäre gleich“, sagt der Münchner Rechtsanwalt Oliver Krauß.

Konflikte mit verärgerten Linken in der Landesregierung muss Mertin nicht fürchten. „Ich sehe die Hauptaufgabe des Landes darin, für stabile Eigentumsverhältnisse bei Jenoptik und so für den Erhalt der Arbeitsplätze in der Region zu sorgen“, sagt Dieter Hausold, wirtschaftspolitischer Sprecher der Linken-Fraktion in Thüringen. Einfluss auf geschäftspolitische Entscheidungen zu nehmen sei dazu nicht unbedingt nötig.

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