John Legere Der T-Mobile-Boss liebt den Höllenritt

John Legere führt T-Mobile als rebellischer Chef aus der Krise. Doch bei der Suche nach Fusionspartnern läuft es für ihn gerade nicht so gut.

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John-Legere Quelle: REUTERS

Er weiß, dass die Telekom-Manager die ganz große Show von ihm erwarten. Erst geht der Chef der US-Tochter T-Mobile durch die Reihen und verteilt großzügig 20-Dollar-Scheine für gute Fragen. Als Zugabe trällert John Legere „What a wonderful world“, den Ohrwurm von Jazzlegende Louis Armstrong. Mit seiner rauchigen Stimme klingt er fast so gut wie das Original. Der 59-Jährige hat sich wie immer in die Konzernfarbe Magenta geworfen. Unterstützt von einem DJ, bringt er die sonst eher bieder wirkende Führungsriege des Telekom-Konzerns so richtig in Stimmung – und bekommt tosenden Beifall.

An diesem Mittwochnachmittag vor knapp einem halben Jahr bekommen die Manager im Saal H020 der Telekom-Zentrale in Bonn erstmals einen Eindruck davon, wie Legere die einst ungeliebte T-Mobile von Verlust auf Gewinn gedreht hat. Dem Charisma Legeres, so die Hoffnung in Bonn, könnten sich auch mögliche US-Partner nicht verschließen.

Konzernchef Tim Höttges wirft einen Chart mit Legeres Bilanz seit dessen Amtsantritt vor vier Jahren an die Wand: Kundenzahl plus 53 Prozent, Umsatz plus 52 Prozent, operativer Gewinn plus 112 Prozent. Der Börsenwert der US-Tochter stieg um 74 Prozent. Ein „unglaublicher Erfolg“, der „größte Turnaround in der Geschichte der Telekomindustrie“, sagt Höttges. Von einem Verkauf der einst ungeliebten Tochter ist nicht mehr die Rede. Im Gegenteil, lässt der Telekom-Chef durchblicken: „Glücklicherweise ist T-Mobile Teil unserer Familie.“

Markenwerte der wertvollsten Telekommunikationsmarken

Legere wird in der Gruppe wie ein Held gefeiert. Er hat die Verträge des Mobilfunkanbieters verständlich und kundenfreundlich gestaltet und ist ein Konzernchef zum Anfassen, der über seine private Kochschau und auf Twitter um jeden einzelnen Kunden zu kämpfen scheint. Seine Auftritte in den Shops und im Callcenter von T-Mobile werden live via TV und Internet werbewirksam in Szene gesetzt. Die Konkurrenz kann dem wenig entgegensetzen.

Noch schneller wollte Höttges das US-Reich durch eine Übernahme vergrößern, verbuchte jetzt aber einen herben Rückschlag. Dabei ließ sich alles so vielversprechend an: T-Mobile redete mit dem Mobilfunkkonkurrenten Sprint über einen Zusammenschluss, um mit kombiniert 133 Millionen Kunden zu den Marktführern Verizon und AT&T aufzuschließen. Doch jetzt grätschen die TV-Kabelanbieter Charter und Comcast dazwischen. Sie wollen Zugriff auf ein gut ausgebautes Mobilfunknetz bekommen und haben sich dafür ausgerechnet Sprint ausgeguckt. Gemeinsam mit Sprint wollen sie exklusive Inhalte wie Filme, Serien und Livesport auf die Smartphones bringen. Der angeschlagene Mobilfunker Sprint wittert Morgenluft und setzt jetzt die Gespräche mit T-Mobile bis Ende Juli aus. Die ohnehin schon sehr komplexen Verhandlungen könnten für T-Mobile danach noch schwieriger werden. Die T-Aktionäre reagierten enttäuscht, die Aktie verlor schlagartig rund zwei Prozent.

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