Kauf des Kopfhörerhersteller Beats Apple-Chef reißt „Berliner Mauer“ ein

Tim Cook will mit den Unterhaltungsfirmen in Los Angeles bessere Geschäfte machen. Am Milliarden-Zukauf Beats ist für den Apple-Chef vor allem der Streaming-Dienst interessant. Denn iTunes Radio ist bisher erfolglos.

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Beats goes Apple: Der Milliardenzukauf hat besonders aufgrund des Streaming-Dienstes das Interesse des Elektronikriesens geweckt. Quelle: ap

San Francisco Der iPhone-Hersteller Apple will mit der größten Übernahme seiner Firmengeschichte boomenden Musikstreaming-Diensten wie Spotify oder Pandora die Stirn bieten. Der kalifornische Konzern kauft für drei Milliarden Dollar das Unternehmen Beats, das neben hochpreisigen Kopfhörern auch die begehrten Online-Musikabos anbietet. Der Musikproduzent Jimmy Iovine, der das Unternehmen mit dem Rapper Dr. Dre gründete und schon mit Künstlern wie Bruce Springsteen oder U2 zusammenarbeitete, soll ins Apple-Management aufrücken. Er könnte bei Verhandlungen mit der Musikbranche eine entscheidende Rolle spielen.

Apple-Chef Tim Cook verwies am Mittwoch auf die schwierigen Beziehungen zwischen High-Tech-Firmen und der Unterhaltungsbranche. „Es ist traurig aber wahr, dass zwischen dem Silicon Valley and L.A. eine Berliner Mauer steht“, sagte Cook dem „Wall Street Journal“. Die Branchen respektierten sich, aber verstünden sich nicht.

Die Kaufsumme von drei Milliarden Dollar ist zwar nur ein Bruchteil von Apples 150 Milliarden Dollar an Barreserven. Doch die Größenordnung des Zukaufs ist neu: In den vergangenen Jahrzehnten gab der Konzern aus Cupertino meist dreistellige Millionenbeträge für Übernahmen aus. Der Kauf von Beats wurde bereits erwartet. Apple-Aktien zeigten sich im nachbörslichen Handel am Mittwoch fast unverändert.

Apple ist zwar ein Pionier beim Verkauf von Musik im Internet und öffnete seinen iTunes Store bereits vor elf Jahren. Doch inzwischen sinken die Umsätze, weil viele Nutzer darauf verzichten, Musiktitel zu kaufen und auf ihre Geräte herunterzuladen.

Stattdessen zahlen sie bei Diensten wie Spotify oder Pandora Media einen Pauschalbetrag und können dafür viele Tausende Musiktitel online hören. Apples eigener Streaming-Dienst iTunes Radio dagegen hat auch acht Monate nach seinem Start nicht den erhofften Erfolg. Beats war dagegen Anfang des Jahres mit einem hochgelobten Angebot an den Start gegangen.


Apple zahlt das dreifache des Firmenwerts

Rund die Hälfte aller Smartphone-Besitzer nutzen ihr Gerät zum Musikhören - ein riesiger Markt. Deswegen bemühen sich auch Google und Amazon darum, profitable Streaming-Dienste aufzubauen. Nach Angaben der Musikbranche stieg der Umsatz mit derartigen Angeboten im vergangenen Jahr um 51 Prozent auf 1,1 Milliarden Dollar. Das Geschäft mit Downloads schrumpfte zugleich um zwei Prozent. „Apple hat das Download-Geschäft überhaupt erst geschaffen und damit großen Erfolg gehabt, aber in der Branche geht der Trend zu Streaming-Diensten“, sagte Manager Daniel Weisman vom Plattenlabel Roc Nation.

Teil der Übernahme ist auch das angestammte Geschäft mit Kopfhörern von Beats, die mit dem Namen der Rap-Legende Dr. Dre beworben werden. Beats macht mit den basslastigen Geräten auch in Deutschland Traditionsunternehmen wie Sennheiser oder Beyerdynamic Konkurrenz und hat damit vor allem bei jüngeren Kunden Erfolg. Experten gehen aber davon aus, dass es Apple vor allem um den Streaming-Dienst geht.

Erst im September vergangenen Jahres hatte sich Beats eine Finanzierung von 500 Millionen Dollar bei der Beteiligungsgesellschaft Carlyle gesichert. Bei dieser Investition wurde der Firmenwert auf eine Milliarde Dollar beziffert - Apple zahlt nun das Dreifache. Die Übernahme soll im Sommerquartal abgeschlossen werden.

Apple steht unter Druck, mit neuen Angeboten schneller zu wachsen. Der Konzern verdient vor allem mit dem iPhone Geld, aber der Smartphone-Markt gilt als gesättigt. Kritiker werfen dem Apple-Management vor, das Image des Konzerns als Technologie-Vorreiter zu verspielen.

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