King Digital „Candy Crush“-Aktie an der Börse zermalmt

Gesenkte Prognosen, Kursverlust von 20 Prozent. So sah der Börsentag für King Digital Entertainment aus. Der britische Spiele-Entwickler war erst Ende März an die Börse gegangen. Das Zugpferd „Candy Crush“ schwächelt.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Für die Entwickler des Spiels

Während sich auf der Gamescom in Köln die Spiele-Branche feiert, kommen von der anderen Seite des Atlantiks schlechte Nachrichten. Die Aktie des Spiele-Herstellers King Digital Entertainment („Candy Crush“) brach nach Veröffentlichung der Quartalszahlen nachbörslich um 20 Prozent ein. Grund war die Warnung des Managements vor einem schwachen Quartal und eine Abwärtskorrektur der Erwartungen für das Gesamtjahr. Nach Zynga in der Woche zuvor enttäuscht damit der zweite Anbieter sogenannter „free-to-play“-Spiele die Börse. Mit 22,50 Dollar pro Aktie von King Digital an die Börse gekommen lag das Papier nachbörslich am Dienstag nur noch bei rund 14,50 Dollar, was einen neuen Rekord gegenüber dem bisherigen Tief von 15,32 Dollar Mitte Mai darstellt.
Anfang Juli sah das noch anders aus. Nach einer Empfehlung des Analysehauses Piper Jaffrey zog die Aktie scharf bis auf 22,79 Dollar an und machte sich auf, ihren Ausgabekurs wieder zu erreichen. Die Begründung von Analyst Michael Olson die Aktie auf „übergewichten“ zu stellen lautete, sie sei anders als befürchtet doch kein „one hit wonder“, kein Ein-Spiele-Unternehmen. Das stimmt im Prinzip auch, jedoch scheint sich der Verfall des einstigen Zugpferdes „Candy Crush“ unerwartet dramatisch zu beschleunigen.
Die App „Candy Crush“, bei der man virtuelle Süßigkeiten in bestimmten Kombinationen vom Bildschirm räumen muss, hatte zu guten Zeiten rund 100 Millionen Nutzer täglich. Das Geld machen die Entwickler mit dem Verkauf von nützlichen Artikeln, die die Siegeschancen des Spielers erhöhen. King Digital bietet zwar 180 Spiele in 14 Sprachen an, aber zur Zeit des Börsengangs erwirtschaftete Candy Crush drei viertel des Umsatzes und praktisch den gesamten Nettogewinn.

Zehn Freeware-Spiele, die Laune machen
PerspektiveDie Studenten von der Gamer-Talent-Schmiede DigiPen haben ein sehenwertes Puzzle-Spiel namens Perspective programmiert. In dem Jump-Run-Spiel lotsen die Spieler eine 2D-Figur durch eine dreidimensionale Welt. Um weiter in den Levels voranzukommen, muss mit einer Kamera gearbeitet werden, die die Perspektive im Raum verändert. Wenn dadurch die Klötze aneinander stoßen, können sie überwunden werden.Zum Download Quelle: Presse
DeityEbenfalls DigiPen-Studenten waren es, die die düstere Welt von Deity entworfen haben. Hier springt der Spieler als kleiner Kobold von Fackel zu Fackel und schießt dabei patrouillierende Wachen mit bunten Blitzen ab. Vor allem die bunten Effekte sorgen für einen hohen Suchtfaktor.Zum Download Quelle: Presse
CantripDas Spiel der dänischen Studenten der DADIU ist ein zauberhaftes Märchen in schwarz-weiß. Darin übernehmen die Spieler die Rolle von zwei Waisenkindern, die jeden Tag dadurch überleben, dass sie Dosen sammeln. Dabei gelangen sie an einen Schrottplatz, auf dem alle möglichen Gefahren auf sie lauern. So harmlos das Spiel auf den Bildern aussieht, es ist nichts für Kindern, da doch ordentlich Blut fließt.Zum Download Quelle: Presse
MonoEine Farbexplosion ist das Geschicklichkeitsspiel des Entwicklers Binary Zoo. Es führt durch ein Labyrinth voller Lichter. Dabei schießt der Spieler farbige Kugeln ab, die den schwarzen Hintergrund bunt färben, sobald sie getroffen wurden. Jede getroffene Kugel hinterlässt kleinere Kugeln, die ebenfalls wieder getroffen werden müssen. Entsprechend wird es immer voller und die Herausforderung wächst.Zum Download Quelle: Presse
You must escapeHochgradig minimalistisch und kreativ ist das Spiel „You must escape“. Denn das Geschicklichkeitsspiel setzt voll auf Soundeffekte. Nur die von Spielern produzierten Schallwellen werden vor dem schwarzen Hintergrund sind sichtbar und werden von Wänden zurückgeworfen. Auf diese Art können sich die Spieler in einem stockfinsteren Komplex aus Gängen auf der Suche nach dem Ausgang navigieren. Fallen und Feinde stehen ihnen dabei im Weg.Zum Spiel Quelle: Screenshot
EvolandEin kleines Abenteuer ist das Spiel Evoland, in dem sich die Gamer durch die Geschichte der Computerspiele zocken. Mit jedem Level werden Grafik und Sound ein bisschen besser. Eine kleine Version steht kostenlos zur Verfügung. Für eine erweiterte Fassung müssen die Spieler zahlen.Zum Download Quelle: Presse
Terminally IllWer behauptet, er sei des Multitaskings mächtig, sollte sich an diesem Spiel ausprobieren. Es ist etwa so einfach wie eine Hand über dem Kopf und die andere vor dem Bauch kreisen zu lassen. Denn hier wurden zwei minimalistische Spiele zu einem integriert. Wer gewinnen will, muss beide perfekt spielen.Zum Download Quelle: Presse

Das sieht jetzt anders aus. „Der Rückgang bei Umsatz und Bookings gegenüber dem ersten Quartal 2014 ist in erster Linie auf Verluste bei Candy Crush zurückzuführen“, teilte das Unternehmen mit, was nur teilweise durch Zuwächse bei „Farm Heroes Saga“ und „Bubble Witch 2“ ausgeglichen werden konnte. Die Bookings - die sich aus den Umsätzen für digitale Güter und Zugangsgebühren für Turniere zusammensetzen - kamen im zweiten Quartal mit 611 Millionen ein. Das ist deutlich besser als ein Jahr zuvor, liegt aber unter den Prognosen des Managements und unter den 641 Millionen des ersten Quartals. Das Management senkte vorsichtshalber die Erwartungen für das laufende Quartal auf 500 bis 525 Millionen Dollar für die Bookings, ein scharfer Rückgang gegenüber dem abgelaufenen Quartal. Für das gesamte Jahr werden die Bookings jetzt mit 2,25 bis 2,35 Milliarden Dollar avisiert. Die neue Obergrenze liegt damit niedriger als die Untergrenze der bisherigen Schätzung mit 2,55 Milliarden.
Zu allem Überfluss ist auch noch die Zahl der täglichen aktiven Spieler von 143 auf 138 Millionen gesunken. Ein Trend, der sich branchenweit fortsetzen könnte. Denn die so genannten „free-to-play“-Modelle kommen immer mehr in Verruf. So wird Google ab September in seinem Online-Spieleladen den Begriff komplett streichen, wenn in-App-Verkäufe stattfinden. Außerdem wird vor jedem Kauf, und sein es nur für wenige Cents, eine ausdrückliche Zustimmung eingeholt, einschließlich Passwort. Damit soll zum Beispiel der massenhafte Kauf von Utensilien durch Kinder unterbunden werden. Daneben hat die EU-Kommission Richtlinien für die „App-Industrie“ erlassen, die eine Irreführung der Verbraucher hinsichtlich der Kosten eines Spiels verhindern sollen. Außerdem wird zum Beispiel die Praxis einiger Anbieter untersagen ihre Kunden per Voreinstellung automatisch mit Käufen belasten, ohne vorher um ihre Erlaubnis zu bitten. Noch ist der US-Markt nicht durch solche Verbraucherschutzmaßnahmen reguliert, aber die Gefahr besteht, da sich auch hier die Beschwerden häufen.

King Digital versucht derzeit mit einer Sonderdividende von 150 Millionen Dollar oder 0,69 Dollar pro Aktie seine frustrierten Aktionäre bei Laune zu halten. Gleichzeitig verkündeten institutionelle Großinvestoren und Management eine Verlängerung der Haltefrist für ihre Aktien bis Ende 2014. Das, so die Hoffnung, wird Verkaufsdruck am Aktienmarkt vermeiden.
Doch das alles ist nur Kosmetik. Für Analyst Olson sieht der Tag der Wahrheit anders aus. Wachstum muss wieder her. Das angejahrte Candy Crush hat einen Nachfolger, „Candy Crush Soda“ genannt. Es wird ein „Katalysator“ für die Zukunft des Unternehmens, so Olson. Es wird sich jetzt schnell zeigen müssen, ob die Spieler mit der gleichen Euphorie auf diese App reagieren wie auf den Vorgänger. Sonst ist die Wachstumsstory King Digital erst einmal auf unbestimmte Zeit verschoben.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%