Konkurrenz für Nest Tado lässt die Heizung selbst denken

Mit schlauer Technik die Kälte vertreiben: Das verspricht das Start-up Tado mit seiner Heizungssteuerung. Nun hat es weitere 20 Millionen Euro eingesammelt. Damit will es die Installateure und Energieversorger gewinnen.

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Mit Tado lässt sich die Temperatur in einer Wohnung fernsteuern. Quelle: dpa

Düsseldorf Die Mitarbeiter von Tado zählen vermutlich zu den wenigen, die sich über das miese Wetter freuen. Das Münchner Start-up verkauft vernetzte Heizungssteuerungen, mit denen Nutzer die Temperatur im Zuhause mit dem Smartphone einstellen – unerwartet kalte Temperaturen sind das beste Verkaufsargument.

Doch der April dürfte dem Geschäft über die Schneeschauer hinaus einen weitaus größeren Schub bringen: In einer Finanzierungsrunde erhält das Unternehmen weitere 20 Millionen Euro. Mit dem Geld will es die Produktentwicklung beschleunigen und den Vertrieb in dem noch jungen Markt stärken. Investor ist Inven Capital, ein Risikokapitalgeber der tschechischen Energiekonzerns ČEZ-Group. Der Konkurrent der Google-Tochter Nest hat damit insgesamt rund 50 Millionen Euro Risikokapital eingesammelt.

Das Unternehmen hat Steuerungssysteme für Heizungen und Klimaanlagen entwickelt. Nutzer können die Geräte mit dem Smartphone steuern oder einem Algorithmus die Kontrolle übergeben, der beispielsweise automatisch feststellt, ob die Bewohner zu Hause sind, und außerdem das Wetter berücksichtigt. Das soll die Energiekosten deutlich senken. Im Herbst kommt eine Steuerung für Heizkörper heraus, mit dem Bewohner die Temperatur in einzelnen Räumen einstellen können. Auch alte Heizungen lassen sich mit den Lösungen aufrüsten.

„Der Markt für intelligente Klimalösungen ist noch jung, wir wollen einer der führenden Spieler werden“, sagte Tado-Chef Christian Deilmann in einem Gespräch mit dem Handelsblatt. „Es ist eine Frage der Zeit, bis alle Haushalte eine intelligente Heizungssteuerung haben werden.“ Das Unternehmen sieht sich selbst als Marktführer in Europa.

Der britische Marktforscher Delta-EE schätzt, dass der europaweite Absatz vernetzter Energiegeräte im Jahr 2014 bei 500.000 Stück lag und bis 2017 aber auf 2,5 Millionen steigen wird. Ein ähnlich starkes Wachstum erwartet das Beratungsunternehmen Frost & Sullivan, das den Umsatz im Jahr 2019 auf 2,5 Milliarden Dollar prognostiziert. Die hohen Erwartungen spiegeln sich auch in der Übernahme von Nest wider. Google zahlte 2014 für das Unternehmen, das auch vernetzte Rauchmelder und Kameras herstellt, satte 3,2 Milliarden Dollar.

Die Situation ist derzeit günstig. Nest, mit dem Tado auf einigen Märkten konkurriert, ist derzeit mit sich selbst beschäftigt. Medienberichten zufolge ist das Betriebsklima bei der Google-Tochter derzeit äußerst schlecht, seit der Übernahme hat sie keine neuen Produkte auf den Markt gebracht. Der Umsatz von 340 Millionen Dollar, der das Geschäft mit Sicherheitskameras einschließt, liegt demnach unter den Erwartungen.


Die Expansion wird teuer

Bislang verkauft Tado seine Geräte vornehmlich im Direktvertrieb und über den Elektronikhandel, in einigen Ländern auch über Kooperationen mit Energieversorgern und Telekommunikationsanbietern. Diese Partnerschaften will das Unternehmen jedoch deutlich ausbauen – und außerdem die Handwerker überzeugen.

Deswegen investiert das Start-up zum einen in die Softwareentwicklung. So arbeiten die Programmierer an einer Funktion, über die Energieversorger – mit Zustimmung der Kunden – den Verbrauch in angeschlossenen Haushalten steuern können. Das soll den Unternehmen helfen, Lastspitzen auszugleichen, etwa indem sie zu Stoßzeiten die Klimaanlagen herunterregeln. Bereits im Einsatz ist ein Fernwartungsportal für Heizungsinstallateure, die übers Internet Schäden entdecken und so ihren Service verbessern können.

Die Hoffnung der Macher aus München: Wenn Energieanbieter und Installateure Vorteile haben, verkaufen sie gerne die Thermostate.

Zum anderen will das Start-up mehr Verkaufskanäle öffnen. „Als wir vor dreieinhalb Jahren den Vertrieb gestartet haben, wussten die Installateure nicht, was Tado ist und ob es funktioniert“, erinnert sich Deilmann. „Die Reaktion war oft: Das sollen erst mal andere ausprobieren.“ Daher habe man das Konzept über den Direktvertrieb und den Elektronikhandel zunächst bekannt machen müssen – das sei gelungen.  Nun will Tado Fachhandel und Handwerker direkt ansprechen.

Die Expansion ist allerdings teuer. „Im Moment geht Wachstum vor Gewinn“, sagt Deilmann. Bis Ende 2017 soll das Unternehmen aber einen positiven Cashflow erwirtschaften. Derzeit erwirtschaftet es nach eigenen Angaben einen Jahresumsatz im zweistelligen Millionenbereich.

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