Konzerne buhlen um Wohnungsgesellschaften Der Häuserkampf ums schnelle Internet

Telekom- und Kabelkonzerne liefern sich heftige Gefechte um die TV-Netze der Wohnungsgesellschaften. Die Glasfaserverkabelung bis ins Wohnzimmer verzögert sich.

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Fast sieben Millionen Kabelhaushalte versprechen eine herzhafte Beute. Quelle: dpa

Es ist ein Feldzug, der weitgehend im Verborgenen stattfindet. Sein oberster Befehlshaber heißt Johannes Jansen, ist 58 Jahre alt und Geschäftsbereichsleiter bei der Deutschen Telekom.

Jansens Kommandostand trägt den kryptischen Namen „Zentrum Wohnungswirtschaft“, und er taucht im jüngsten, 150 Seiten dicken Geschäftsbericht der Deutschen Telekom nur in knappen drei Zeilen auf. Mehr Aufmerksamkeit verdient die kleine Einheit eigentlich auch nicht. Denn hinter der nichtssagenden Bezeichnung verbergen sich gerade mal 147.000 Wohnungen in Deutschland, die die Deutsche Telekom derzeit mit Fernsehanschlüssen versorgt. Das sind nur zwei Prozent dieses Marktes – den großen Rest beherrschen die Kabelgesellschaften.

Das zu ändern ist Jansens große Mission, die zugleich einen Strategieschwenk bei der Deutschen Telekom einleitet. Noch kurz nach der Jahrtausendwende musste der einstige Monopolist sein gesamtes Geschäft mit Fernsehkabeln verkaufen. Eigentümer wurden vor allem US-amerikanische Gesellschaften, die mit Investitionen geizten und diese Infrastruktur verkümmern ließen.

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Jetzt erleben die Fernsehkabel eine kaum noch für möglich gehaltene Renaissance. Denn TV-Kabel sind viel leistungsfähiger als die traditionell von der Telekom genutzten Telefonkabel. Deshalb sind sie prädestiniert, neben digitalem Fernsehen auch superschnelles Internet in die Wohnungen zu bringen.

Telekom-Chef Tim Höttges, ein Freund technischer Überlegenheit, will deshalb die Kontrolle über einen Teil der TV-Kabel zurückgewinnen. Sie liegen in den Häusern der Wohnungsgesellschaften, werden jedoch meist von den drei großen Betreibern Vodafone (früher: Kabel Deutschland), Unitymedia und Tele Columbus bespielt.

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Breitband-Internet Quelle: REUTERS
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Schweiz Quelle: dpa

Erste Erfolge im Kampf um die Immobilienriesen kann die Telekom vorweisen: Vonovia (früher: Deutsche Annington) in Nordrhein-Westfalen, Howoge in Berlin und mehrere Wohnungsgesellschaften in Baden-Württemberg fielen inzwischen an die Deutsche Telekom. 2015 konnte der Geschäftsbereich 28.000 Haushalte als Kunden gewinnen – ein Plus von 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Trotz des harten Wettbewerbs haben wir uns gut am Kabelmarkt etabliert“, sagt Telekom-Manager Jansen.

Gestiegen ist die Wechselbereitschaft der sonst eher vorsichtigen Wohnungsgesellschaften vor allem in den Ballungszentren. Dafür sorgten die Deutsche Telekom und ihre regionalen Wettbewerber, darunter Netcologne (Köln), M-Net (München) sowie wilhelm.tel und willy.tel (Großraum Hamburg). Sie haben in den vergangenen Jahren die Infrastrukturen für einen unkomplizierten Wechsel geschaffen, indem sie beim Erneuern der Ortsnetze die schnellen Glasfasern nah an die Mietshäuser heranführten. Damit eröffneten sie den Wohngesellschaften die Wahl, wem sie das Fernsehkabel anvertrauen, um TV oder schnelles Internet in die Wohnungen zu bringen: dem Kabelanbieter, der Telekom oder einem regionalen Wettbewerber.

Das Segment ist äußerst lukrativ. 6,7 der rund 40 Millionen Haushalte in Deutschland sind Mieter bei einer der zahlreichen Wohnungsgesellschaften. An diese Kunden wollen die Telekommunikationskonzerne ihr komplettes Sortiment aus HD-Fernsehen, schnellem Internet und Telefonie verkaufen.

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