Konzertveranstalter Pop-Langweiler machen lukrative Live-Touren

Alteingesessene Musiker wie Chris de Burgh und Peter Maffay sind für Veranstalter ideal: Ihre Fans kaufen Konzertkarten sogar ein Jahr im Voraus - auch wenn die großen Hits schon lange ausbleiben.

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Altmeister wie Peter Maffay sind eine sichere Bank für Konzertveranstalter. Quelle: dpa

Düsseldorf Haben Sie Anfang 2013 schon etwas vor? Chris de Burgh ist wahrscheinlich einer der langweiligsten Popmusiker unserer Zeit - und doch gibt es die Karten für seine Tour im übernächsten Jahr schon jetzt im Vorverkauf. In den kommenden Monaten kommen wieder einige Musiker der Altersklasse des 63-jährigen Iren auf Tour - etwa Peter Maffay und Status Quo, dazu Veteranen wie Metallica und Coldplay. Warum eigentlich?

„Bei Chris de Burgh hängt der Erfolg nicht davon ab, ob er nochmal eine 'Lady in Red' schreibt“, sagt Peter Schwenkow, Vorstandschef des börsennotierten Konzertveranstalters Deutsche Entertainment AG (DEAG). Immer mehr Konzerte buhlen um die Zuschauer - da bieten die trögen Altmeister des Gewerbes den Veranstaltern Sicherheit. Anders als bei innovativen Künstlern und den Bands der Stunde sind ihre Fans zuverlässig vor Ort - auch wenn die aktuelle CD kaum im Radio läuft. Das ermöglicht lange Vorverkaufszeiten und berechenbare Verträge mit den Künstlern. „Am profitabelsten sind für uns Konzerte mit 5000 bis 10.000 Besuchern“, sagt Schwenkow. Hier stimmen Aufwand und Ertrag überein. Stadionbands wie U2 und die Rolling Stones behalten hingegen teils über 90 Prozent der Einnahmen für sich, kleinere Konzerte bieten den Veranstaltern zu wenig Umsatz.

Ein idealer Künstler ist auch Peter Maffay. Mit seinem Musical „Tabaluga“ hat er sich endgültig von den Stimmungsschwankungen des Pop-Publikums gelöst. Für die Tabaluga-Tour, die Ende 2012 startet, hat DEAG schon jetzt 200.000 Karten verkauft. Entsprechend optimistisch ist ihr Chef. „Für 2011 erwarten wir eine leichte Verbesserung unseres Umsatzes nach dem Rekordjahr 2010. 2012 legen wir noch ein wenig drauf“, sagt Schwenkow. In den ersten neun Monaten 2011 stieg der Umsatz um 13 Prozent auf 93,9 Millionen Euro, der Betriebsgewinn (Ebit) lag bei 5,7 Millionen Euro.

Der Konkurrent Eventim kommt im Veranstalter-Geschäft auf eine ähnliche Marge von zwölf Prozent in den ersten neun Monaten 2011. Zu dem Konzern gehört inzwischen auch die traditionsreiche Konzertagentur Marek Lieberberg,die 2012 unter anderem Bruce Springsteen und Sting nach Deutschland holt. „Der Markt hat sich in den vergangenen zwei Jahren erholt“, sagt Jens Michow, Geschäftsführer des Bundesverbands der Veranstaltungswirtschaft.


Oldtimer und Klassik bieten Planungssicherheit

In der Finanzkrise war der Umsatz zuvor um 15 Prozent eingebrochen. Nur noch 2,27 Milliarden Euro setzte die Branche mit Konzerten bei der letzten Marktuntersuchung der GfK im Jahr 2009 um. Dabei ist die Konkurrenz gestiegen, weil Musiker in Zeiten von Musik-Downloads kaum noch Geld mit CDs verdienen. Das hat die Marktlogik verkehrt. „Früher machte man ein Konzert, um einen Tonträger zu promoten, heute macht man einen Tonträger, um für das Konzert zu werben“, sagt Michow.

Neben den Oldtimern bieten den Veranstaltern noch die Klassik und die Volksmusik Planungssicherheit. Klassik-Künstler kosten weniger Gage als Superstars. Deren recht kurzfristig angesetzten Tourneen starten nämlich genau dann, wenn die Stars bei den Fans wirklich durchstarten - entsprechend steigt in diesem Moment die Umsatzbeteiligung der Künstler.

Bei den großen Namen von Klassik und volkstümlicher Musik hingegen sind die Gagen niedriger, die Umsätze risikoärmer. Das ist ein Grund, weshalb zuletzt auch Sony Music in ein Joint Venture mit Deag für Volksmusik eingetreten ist. Zudem sind die meist älteren Fans zahlungskräftig. Auch etablierte Rock-Festivals, eher eine Domäne der jungen Kunden, sind für die Veranstalter eine sichere Bank: So ist das Heavy-Metal-Treffen in Wacken im Sommer schon jetzt ausverkauft, der Vorverkauf für den Festival-Riesen Rock am Ring und für mittlere Festivals wie das Indie-Festival Melt läuft früh an.

Zwischen den ganz jungen, begeisterungsfähigen Pop-Fans und den Senioren klafft ein Lücke bei den Konzertbesuchern: junge Familienmenschen. „Wer von einer Mietwohnung in ein Reihenhaus umzieht, ist für uns die nächsten paar Jahre als Kunde verloren, weil er sparsam sein muss“, sagt Schwenkow. Das begünstigt gleichfalls langweilige Senioren-Musiker wie Chris de Burgh. Dennoch arbeiten die Veranstalter weiter ebenso mit jungen Bands auf Klub-Tour. „Wir leben auch vom Aufbau neuer Künstler“, gibt Schwenkow zu bedenken. Das ist eine Zukunftsinvestition - und ein Engagement gegen die künstlerische Langeweile.

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