Kritik an Mobilfunkauktion der Bundesnetzagentur "Förderung des Wettbewerbs spielt keine Rolle"

Die Bundesnetzagentur baut hohe Markteintrittshürden gegen zwei neue Anbieter auf, die das Oligopol der drei großen Mobilbetreiber aufbrechen wollen.  Heute beschäftigt sich der Beirat der Bundesnetzagentur mit dem Streit um die begehrten Mobilfunkfrequenzen und die Regeln für die nächste Mobilfunkauktion.

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Bundesnetzagentur-Präsident Jochen Homann Quelle: dapd

Es gibt Bilder, die sagen mehr als 1000 Worte. Da lädt Jochen Homann, der mächtige Präsident der Bundesnetzagentur, die gesamte Mobilfunkbranche am 9. Januar kurzfristig zu einer Anhörung in die Bonner Zentrale ein. Mit allen Interessenten diskutiert er drei Stunden lang die Regularien und den genauen Ablauf für die im Frühsommer geplante Auktion von Mobilfunkfrequenzen. Doch schon die Sitzordnung im voll besetzten Saal 0.10 verrät, welche Lobbyisten derzeit einen besonders guten Draht zum Präsidenten haben.

Ganz vorne, nur zwei Meter vom Präsidententisch entfernt, sitzt das an diesem Tag sehr zufriedene Establishment – die Vertreter von Deutscher Telekom, Vodafone und Telefónica. Gemeinsam kämpften sie im vergangenen Jahr dafür, dass die Fusion von Telefónica und E-Plus den Segen der Wettbewerbshüter findet und sich auf dem Mobilfunkmarkt in Deutschland nur noch drei etwa gleichstarke Netzbetreiber gegenüberstehen. Nur zu gern würden sie auch bei der Mobilfunkauktion unter sich bleiben und das gerade entstandene Oligopol für die nächsten 20 Jahre konservieren.

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Ganz weit hinten, am äußersten Rand der U-förmig angelegten Tischrunde, dürfen die beiden Neueinsteiger Platz nehmen. Wie Außenseiter werden die Vertreter der bisher weitgehend unbekannten Unternehmen Liquid Broadband aus Frankfurt und Airdata aus Leinfelden bei Stuttgart behandelt. Sie wollen das Oligopol der drei Großen aufbrechen und mit einer neuen Übertragungstechnik jeder für sich ein viel preiswerteres viertes Mobilfunknetz aufbauen.

Neueinsteiger sind Störenfriede

Qua Amt müsste Homann eigentlich der Vorkämpfer für mehr Wettbewerb sein und den Neulingen den roten Teppich ausrollen. Doch schnell wird Beobachtern der Anhörung klar, wer die Störenfriede in diesem erlesenen Kreis sind: die Neueinsteiger. Offiziell verkündet die Bundesnetzagentur zwar, dass „noch nichts entschieden ist“. Aber der weitere Verlauf der Anhörung zeigt: Am Entwurf der Vergaberegeln – der von den Newcomern als für sie nachteilig kritisiert wird – sind allenfalls noch marginale Korrekturen möglich. Bundesregierung und EU-Kommission wollen nicht mehr kleine Discounter, sondern als Gegengewicht zu den Giganten in den USA starke heimische Champions schaffen. Da passt sich offenbar auch die Bundesnetzagentur der politischen Großwetterlage an.

„Die Vergaberegeln sind ganz auf die Interessen der derzeitigen Mobilfunkunternehmen zugeschnitten“, schimpft Rechtsanwalt Holger Neumann von der Kanzlei Jones Day in Frankfurt, die Liquid Broadband vertritt. "Die Förderung des Wettbewerbs spielt überhaupt keine Rolle mehr."

Die Bundesnetzagentur drückt aufs Tempo. Bereits am kommenden Montag soll der aus Vertretern des Bundestages und der Landesregierungen zusammengesetzte Beirat der Bundesnetzagentur grünes Licht für die Mobilfunkauktion geben. Wenige Tage später will Homann die Präsidentenkammer einberufen und seine endgültige Entscheidung zu den Regularien verkünden. Denn noch vor den Sommerferien sollen die für den Mobilfunk besonders wertvollen Frequenzbänder im Bereich 700, 900 und 1800 Megahertz unter dem Hammer kommen.

Die beiden Newcomer befürchten, dass dabei der Wettbewerb auf der Strecke bleibt. Viele Anzeichen deuten auf einen Richtungswechsel in der Regulierungspolitik hin. Die Bundesnetzagentur werde den Mobilfunkmarkt so stark abschotten, das die drei Mobilfunkriesen alle Frequenzen unter sich aufteilten, so die Befürchtung.

Protestbrief an Sigmar Gabriel

Die Geschäftsführerin von Liquid Broadband, Beate Rickert, ist derart enttäuscht von den Gesprächen mit der Bundesnetzagentur, dass sie jetzt Homanns obersten Dienstherrn, Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), um Hilfe bittet.

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Zu viele Apps Haufenweise Apps auf dem Smartphone fressen nicht nur den Speicher auf, sondern können auch die Netzverbindung beeinträchtigen, weil ihr Betrieb im Telefon unerwünschte magnetische Störungen auslösen kann. Quelle: dpa

„Das Auktionsdesign ist so ausgestaltet, dass es Neueinsteigern faktisch den Markteintritt verwehrt“, kritisiert Rickert in einem Schreiben an Gabriel, das der WirtschaftsWoche vorliegt. Durch höhere Gebote könnten die drei etablierten Mobilfunkbetreiber „jeden nicht so finanzstarken Neueinsteiger aus dem Markt halten“.

Das Telekommunikationsgesetz schreibe bei Auktionen aber ausdrücklich vor, die Belange mittelständischer Neueinsteiger zu berücksichtigen und einen Teil des Frequenzspektrums für sie zu reservieren. Die Managerin beruft sich auf Paragraf 61 des Telekommunikationsgesetzes. Der schreibt nicht nur „diskriminierungsfreie Regeln“ bei Versteigerungen vor, sondern verpflichtet die Bundesnetzagentur auch, „die Belange kleinerer und mittlerer Unternehmen“ zu berücksichtigen.

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Da sich der Gesellschafterkreis von Liquid Broadband ausschließlich aus mittelständischen Unternehmen zusammensetzt, müsste solch ein Bewerber Vorzugskonditionen bei der Vergabe der Frequenzen eingeräumt bekommen, fordert Rickert. Der Argumentation schließt sich auch Airdata an. Doch die Behörde blockt solche Vorschläge bisher ab.

Noch umstrittener sind die vorgesehenen Mindestgebote, die die Bundesnetzagentur deutlich und nach Ansicht der Kritiker ohne nachvollziehbaren Grund in die Höhe schraubt. Bei der letzten Frequenzversteigerung vor fünf Jahren lag das Einstiegsgebot noch bei 2,5 Millionen Euro. Jetzt ruft die Bundesnetzagentur das 30-Fache – also 75 Millionen Euro – für den mindestens erforderlichen Frequenzblock von zwei Mal fünf Megahertz auf.

Zu hohe Mindestgebote

„Das ist rechtlich nicht haltbar“, klagt Airdata-Geschäftsführer Christian Irmler. Denn das Mindestgebot sollte sich an den Verwaltungskosten der Bundesnetzagentur orientieren. Und die könnten in den vergangenen Jahren nicht so exorbitant gestiegen sein. Airdata verweist auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2003. Die Richter hatten viel zu hohe von der Bundesnetzagentur angesetzte Gebühren für die Zuteilung von Rufnummernblöcken gekippt, weil sie – wie es wörtlich im Urteil heißt – „in einem groben Missverhältnis“ zu dem tatsächlichen Verwaltungsaufwand standen.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Joachim Pfeiffer, derzeit Vorsitzender des Beirats der Bundesnetzagentur, weist die Kritik zurück. Am kommenden Montag werde sich der Beirat noch einmal intensiv mit der geplanten Frequenzvergabe beschäftigen. Für Pfeiffer gibt es aber keinen Grund für Korrekturen. „Die höheren Mindestgebote für einen Frequenzblock spiegeln die aktuelle Knappheitssituation bei den Frequenzen wider“, sagt Pfeiffer auf Anfrage der WirtschaftsWoche. „Ich halte sie daher grundsätzlich für gerechtfertigt.“

Gleichwohl stehe es jedem Unternehmen frei, gegen die Entscheidung der Bundesnetzagentur zu klagen. „Dann werden wir ja sehen, wie gehaltvoll die Kritik der beiden Unternehmen ist.“

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