Kurseinbruch nach überraschendem Verlust LinkedIn schürt die Angst vor dot.com-Crash 2.0

Das Karriere-Netzwerk LinkedIn überrascht die Analysten mit einem hohen Verlust. Zudem belastet ein schwacher Ausblick auf das laufende Quartal die Aktie. Das Unternehmen symbolisiert einen Umbruch in der Tech-Welt.

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Das Logo von LinkedIn. Quelle: REUTERS

Schlimmer konnte es kaum noch kommen. LinkedIn, die dominierende Online-Plattform für Berufstätige und Personalabteilungen in Unternehmen, wies am Donnerstag einen überraschend hohen Verlust aus und verschreckte mit einem schwachen Ausblick auf das laufende Quartal. Die Aktie lag eine Stunde nach Börsenschluss um 28 Prozent im Minus bei 138 Dollar. Vor einem Jahr notierte der Wert noch im Hoch bei 270 Dollar.

Zuerst sah alles noch irgendwie normal aus, so wie gewohnt. Das Unternehmen meldete einen Gewinn pro Aktie, der mit 94 Cents höher lag als die Erwartungen der Analysten. Doch die Fallen lauern, wie so oft, im Kleingedruckten. Es ist der sogenannte „bereinigte Gewinn“.

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Da rechnet ein Unternehmen eben raus, was entweder eine einmalige Sache ist, oder nach Meinung des Managements nicht berücksichtigt werden sollte. Diese Praxis erfreut sich vor allem im Silicon Valley exzessiver Beliebtheit.
Nimmt man dagegen den offiziellen Standard zur Rechnungslegung von börsennotierten Unternehmen in den USA, „GAAP“ genannt, verwandelt sich das Ergebnis in ein Minus von sechs Cents pro Aktie, dreimal so viel wie die zwei Cents pro Aktie des Vorjahresquartals.

Der Nettoverlust im Quartal lag bei minus acht Millionen Dollar nach einem Gewinn von 2,9 Millionen im Vorjahr. Zum Verständnis der Nervosität bei den Aktionären hilft ein Blick auf das Gesamtjahr: Der Verlust im Jahre 2014 betrug noch 15,3 Millionen Dollar. 2015 waren es 166 Millionen Dollar.

Wo der Frust im Job am größten ist
LinkedIn Quelle: REUTERS
Die Japaner sind derzeit am wenigsten zufrieden mit ihrer Anstellung. Quelle: dpa
In italienischen Betrieben herrscht bezüglich der Jobzufriedenheit die schlechteste Stimmung Quelle: dpa/dpaweb
54 Prozent der brasiliaischen Fachkräfte geben an, zufrieden mit ihrer beruflichen Position zu sein. Quelle: dpa/dpaweb
Die Deutschen sind im internationalen Vergleich relativ unzufrieden mit ihrer beruflichen Lage. Quelle: dapd
Platz 9: SpanienAuch in Spanien ist seit dem Platzen der Immobilienblase der Frust groß, seit Monaten gibt es Proteste wegen der hohen Arbeitslosigkeit. Mit 65 Prozent Zufriedenheit landet das Land trotzdem vor Deutschland auf Platz 9 - vielleicht sind ja auch die Personen, die in Arbeit sind schon damit an sich relativ glücklich. Auch Großbritannien kommt auf den gleichen Wert, jdeoch sehen die Befragten in beiden Ländern ihre Karrierechancen besonders düster: Nur 44 (Spanien) bzw. 45 Prozent (GB) machen sich derzeit Hoffnungen auf eine Verbesserung. Damit landen beide Länder am Ende der Skala in diesem Bereich. Quelle: dapd
 65 Prozent der Arbeitnehmer in Indien sind glücklich mit ihrer Anstellung. Quelle: REUTERS

Auf der Habenseite ist ein Umsatzplus zu verbuchen, doch das war nicht genug, um die Stimmung aufzuhellen. Das Umsatzwachstum mit einem Plus von 34 Prozent auf 862 Millionen Dollar ist immer noch beeindruckend, jedoch ist die Wachstumsrate seit mehreren Quartalen auf dem absteigenden Ast und für das laufende Quartal wird mit 820 Millionen Dollar gerechnet, was zum Vorjahrsquartal nur noch ein Plus von 28 Prozent wäre. Analysten hatten im Schnitt mit 866 Millionen gerechnet. Der „bereinigte“ Gewinn pro Aktie fällt ebenfalls laut LinkedIn auf voraussichtlich 55 Cents. Ein Indikator, dass der „reale“ Gewinn nach GAAP im ersten Quartal 2016 wieder tief im Minus enden wird.

Dadurch bekommt wiederum die schwache Umsatzprognose langfristig eine stärkere Gewichtung: Je geringer das Umsatzwachstum, umso schwieriger wird es in Zukunft, einen Gewinn einzufahren. Das Problem sind kontinuierlich steigende Kosten. Der Umsatz in allen Kernbereichen von LinkedIn wie Abo-Einnahmen und Unternehmensdienstleistungen stieg, doch die Kosten stiegen mit 39 Prozent überproportional. Nimmt man jetzt noch die unverkennbaren Spuren einer weltwirtschaftlichen Abkühlung dazu, sieht es für ein Unternehmen, das von einem prosperierenden Arbeitsmarkt abhängt, kurzfristig nicht wirklich gut aus.


High-Tech-Welt spaltet sich in Gewinner und Verlierer auf


LinkedIn reiht sich damit ein in die Reihe entzauberter ehemaliger New-Economy-Highflyer. Die High-Tech-Welt spaltet sich auf in Gewinner und Verlierer. Auf der Sonnenseite steht im Social Media-Bereich Facebook, das massiv vom Trend zur Onlinewerbung profitiert, auf der Verliererseite Unternehmen wie Twitter, Groupon, Jive Software oder Zynga. Sie haben bis zu 80 Prozent ihres Wertes verloren und für manche sind die Zukunftsprognosen sehr verhalten. Irgendwo dazwischen liegen Google und LinkedIn, die noch immer stark sind, aber nicht mehr so berauschend wie früher. Im Niemandsland irrt Yahoo herum, eigentlich nur noch eine Investment-Holding mit angeschlossener Internet-Plattform.

Im Resultat werden im Tech-Sektor seit Monaten die Marktbewertungen angepasst. Ein Ende ist derzeit nicht ich Sicht. Die Aktie des Finanzdienstleisters Square etwa, das Unternehmen wurde von Twitter-Mitgründer Jack Dorsey im November an die Börse gebracht, hat im Januar alleine über 30 Prozent verloren und liegt nun bei 8,90 Dollar. Damit ist das Papier weniger Wert als zum Börsenstart. Immer verwunderter fragen sich die Investoren, warum Square Verluste einfährt, während die Konkurrenten Visa und Mastercard im Geld schwimmen.

Tableau Software, ein Spezialist für Big-Data-Analyse und 2013 an die Börse gegangen, berichtete wie LinkedIn am Donnerstag. Der Wert verlor nach schwachen Quartalszahlen nachbörslich satte 40 Prozent auf 48 Dollar und liegt damit nur noch knapp über der Schlussnotiz vom Ersttag bei 50,75 Dollar. Die Gewinne von zweieinhalb Jahren waren an einem Abend ausradiert.

LinkedIn wird von vielen Analysten aber immer noch als kaufwürdig angesehen - vor allem wegen seiner guten Finanzausstattung und des mittlerweile bewährten Geschäftsmodells. Allerdings muss das Wachstum wieder stärker werden, um Kurspotenzial zu eröffnen, heißt es überwiegend.

Das kann aber schwierig werden, weil sich nicht zuletzt der nicht-börsennotierte Wettbewerber Glassdoor an die Fersen LinkedIns geheftet und auch Facebook den Reiz dieses Marktes erkannt hat. Jede weitere Schwäche - nicht nur bei LinkedIn - wird weiter am Vertrauen der Anleger in den Tech-Sektor nagen.

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