Leistungsschutzrecht Streit zwischen Google und Verlagen geht zum EuGH

Der Streit zwischen deutschen Verlagen und Google um das Leistungsschutzrecht geht weiter. Das Landgericht Berlin hat das Verfahren an den EuGH verwiesen. Die Pressehäuser sehen aber einen Teilerfolg.

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Die Richter müssen nun prüfen, ob das Gesetz zuvor der EU-Kommission hätte vorgelegt werden müssen. Quelle: dpa

Die Medienbranche hat am Dienstag mit Spannung auf ein Urteil des Landgerichts Berlin gewartet. Es sollte klärende Worte zum Streit über das deutsche Leistungsschutzrecht sprechen. Doch statt eines Urteils verwies das Landgericht die Auseinandersetzung an den EU-Gerichtshof (EuGH). Das Gericht will dort klären lassen, ob Deutschland die Europäische Union vor der Verabschiedung des Leistungsschutzrechts hätte informieren müssen. Entscheidet der Gerichtshof, dass die sogenannte Notifizierung nötig gewesen wäre, dürfte das Gesetz nicht angewendet werden. Das Verfahren beim Landgericht werde vorerst ausgesetzt, sagte der Vorsitzende Richter Peter Scholz am Dienstag.

Damit geht der Streit zwischen dem IT-Konzern Google und der Verwertungsgesellschaft VG Media, dem Verlage wie Axel Springer, Funke und Handelsblatt angehören, in eine weitere Runde. Das Berliner Landgericht muss auf Antrag der VG Media feststellen, ob Google ein Verwerter von Inhalten im Sinne des Leistungsschutzgesetzes ist. Daraus würde sich eine Schadensersatzpflicht ergeben.

Es ist das erste gerichtliche Verfahren zur urheberrechtlichen Durchsetzung des Leistungsschutzrechts, das 2013 in Kraft getreten ist. Es gibt Presseverlegern das Recht zu entscheiden, ob Suchmaschinen und Dienstleister, die digitale Medieninhalte aufbereiten, ihre Texte und Bilder anzeigen dürfen. Google ist zu einer Marktmacht geworden – und die Verleger pochen auf einen urheberrechtlichen Schutz der Kurztexte, die der Suchmaschinenkonzern aus ihren Inhalten filtert. Viele Leser belassen es beim Überfliegen der auf Google angezeigten Kurztexte und klicken gar nicht mehr auf den Link, der sie dann zu der Nachrichtenseite weiterleiten würde.

VG-Media-Geschäftsführer Markus Runde bekräftigte nach der Entscheidung die Einschätzung, dass keine Notifizierung notwendig gewesen sei, „da das Leistungsschutzrecht keine technische Vorschrift im Sinne der hier einschlägigen Info-Richtlinie darstellt“. Auch die Bundesregierung „ging und geht nach wie vor davon aus“, dass es keine Notifizierungspflicht gegeben habe.

Der Kontrahent Google erklärte hingegen, die Entscheidung habe „ein weiteres Mal gezeigt, dass mit dem Leistungsschutzrecht noch immer zahlreiche Widersprüche und ungeklärte Fragen verbunden sind“.

Die Widersprüche könnten zu einer „jahrelangen Durststrecke für die Verlage“ führen. Das befürchtet zumindest Renate Künast, Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses. Die Bundesregierung trage eine Mitschuld, meinte die Grünen-Politiker. Justizminister Heiko Maas (SPD) laufe „sehenden Auges ins Verderben und wartet auf richterliche Entscheidungen, anstatt für die Medienkrise und andere dringende Fragen der Digitalisierung Antworten zu liefern“, ätzte die Politikerin.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sieht in der Entscheidung des Landgerichts Berlin, vor einem Urteil im Rechtsstreit um das Leistungsschutzrecht Fragen an den Europäischen Gerichtshof zu richten, eine „Ohrfeige für die Gesetzgebung“ der damaligen Bundesregierung. „Das Landgericht hat bestätigt, dass das Leistungsschutzrecht mit heißer Nadel gestrickt und kurz vor dem Ende der letzten Legislaturperiode durch den Bundestag gejagt wurde“, urteilt DJV- Bundesvorsitzender Frank Überall.

Marco Wanderwitz, medienpolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, sieht indes die Vorteile der Entscheidung. Es sei „vielleicht ganz gut, dass nun der EuGH, bei dem in dieser Thematik bereits viel Expertise liegt, dem Landgericht Hinweise geben kann“, sagte Wanderwitz.

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