LinkedIn „Microsoft hatte schon 2006 angefragt“

Der im Silicon Valley lebende LinkedIn-Mitgründer Konstantin Guericke hätte das Netzwerk zwar gern weiterhin selbständig gesehen. Warum er den Kauf durch Microsoft trotzdem positiv bewertet.

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So vernetzen Sie sich richtig
Spielfiguren sind durch bunte Fäden zu einem Netz verbunden Quelle: Fotolia
Eine Frau betreibt über ihren Laptop eine Recherche Quelle: Fotolia
Dartpfeil steckt in einer Dartscheibe Quelle: Fotolia
zwei Aufzüge Quelle: Fotolia
Zwei Personen stehen sich an einem Tisch gegenüber Quelle: Fotolia
Eine Frau hält die Hand ans Ohr Quelle: Fotolia
Zwei Frauen lassen sich rückwärts in die Arme von einem Partner fallen Quelle: Fotolia

Konstantin Guericke (48) ist Mitgründer von LinkedIn und lebt seit 30 Jahren im Silicon Valley. 1986 ging der gebürtige Deutsche zum Studium der Wirtschaftsinformatik nach Stanford. Ab November 2002 baute er als erster Marketingchef von LinkedIn maßgeblich die Marke des Business-Netzwerks auf. Heute berät er Gründer und sitzt im Aufsichtsrat von RallyPoint und Doximity – Netzwerken für Soldaten beziehungsweise Mediziner.

WirtschaftsWoche Online: Herr Guericke, hat Sie der Kauf von LinkedIn durch Microsoft überrascht?

Konstanstin Guericke: Der genaue Zeitpunkt schon. Der Käufer nicht. Microsoft hatte schon 2006 bei Wagnisfinanzierer Sequoia Capital (einem der ersten Investoren, Anm. d. Red.) sein Interesse am Erwerb bekundet. Falls LinkedIn jemals zum Verkauf stehen sollte, wollte man unbedingt benachrichtigt werden, um mitzubieten. Nun hat Microsoft sein Vorhaben zehn Jahre später wahr gemacht. Denn die Zielgruppen haben schon immer gut gepasst.

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Inwiefern?

Nun, es geht bei beiden um bessere Produktivität. Es wurde ja oft gewarnt, dass Facebook LinkedIn gefährlich werden könnte. Ich habe das nie so gesehen. Bei Facebook geht es mehr um Freizeit und Aktivitäten, bei LinkedIn um berufliche Beziehungen. Google ist mit seinem Ansatz, seine Nutzer produktiver zu machen, viel ähnlicher gelagert. Für Facebook würde ein Kauf von LinkedIn keinen Sinn machen. Microsoft und Google waren die natürlichen Interessenten.

Wo liegen die Chancen der Kombination?

LinkedIn ist erfolgreich. Aber sie haben es nicht geschafft, einen Service zu etablieren, der täglich benötigt wird. Mit Ausnahmen im Personalwesen und der Finanzbranche vielleicht. Microsoft hat Anwendungen, die Leute täglich benutzen. Bei mir beispielsweise Outlook, nicht nur für E-Mail, sondern auch für Termine. Die Kombination mit LinkedIns Daten macht absolut Sinn, was wiederum Microsoft ermöglicht, seine Produkte zu verbessern und Zusammenarbeit zu erleichtern. Auch beim Zuschneiden von Informationen, was besonders bei Smartphones Sinn macht, wo das Display eben nur beschränkten Platz bietet.

Ich denke, dass Salesforce und Google nicht sonderlich glücklich sind, dass LinkedIn nun zu Microsoft gehört. Vor allem weil es kein zweites LinkedIn gibt, dass sie kaufen könnten.

Der Preis des Kurznachrichtendienstes Twitter ist nach Bekanntgabe der Akquise gleich in die Höhe gegangen.

Ja. Aber Twitter ist für mich immer ein ganz anderer Service, sehr auf Nachrichten fokussiert und nicht unbedingt auf die Beziehungen der Mitglieder. Sehr nützlich und sicherlich für Google sehr interessant. Aber weniger für Salesforce.

"Viele Akquisitionen funktionieren in der Tech-Branche nicht"

Sind Sie noch bei LinkedIn aktiv?

Als treuer Nutzer natürlich und als Aktionär. Aber fürs Unternehmen bin ich schon lange nicht mehr tätig. Es sind vielleicht noch ein oder zwei Leute da, die damals mit mir gearbeitet haben. Das Unternehmen hat sich sehr gewandelt. Als Mitgründer hätte ich natürlich gern gesehen, dass LinkedIn eigenständig bleibt. Doch das Zusammengehen macht Sinn und ist für die Nutzer beider Unternehmen gut.

LinkedIn soll unter dem Dach der Konzernmutter Microsoft selbständig bleiben. Kann es so noch innovativ sein und ein eigenes Profil pflegen?

Bekanntlich funktionieren viele Akquisitionen in der Tech-Branche nicht. Microsoft hat da seine eigenen Erfahrungen mit Skype und Yammer, die nicht sonderlich erfolgreich sind.

Es kommt darauf an, wieviel Freiheit man bekommt. Dafür spricht, dass Microsoft-Chef Satya Nadella sehr fortschrittlich ist und nicht in der Vergangenheit behaftet wie es sein Vorgänger Steve Ballmer war oder auch Bill Gates. Nadella hat natürlich ein großes Interesse daran, dass der LinkedIn Kauf funktioniert. Es ist die erste große Akquise für ihn. 26 Milliarden Dollar sind eine beträchtliche Summe. Er wird alles dafür tun, dass der Erwerb ein Erfolg wird.

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Ist der Markt für soziale Netzwerke jetzt aufgeteilt oder gibt es dort noch Chancen?

Chancen gibt es immer. Ich würde allerdings zwischen sozialen und Business-Netzwerken unterscheiden. Bei sozialen Netzwerken hat es schon immer viel Wettwerb und Neues gegeben, siehe Instagram, Snapchat oder Whatsapp. Bei LinkedIn hingegen war das nicht so. Das ist schon lange der Marktführer in diesem Segment. Vielleicht werden Gründer wegen der Akquise von LinkedIn ermutigt, wieder ein eigenes professionelles Netzwerk zu starten. Besonders wenn die Integration vielleicht doch nicht so glatt verläuft wie geplant.

Ich sehe allerdings weiterhin großes Potential bei Netzwerken, die vertikal aufgestellt sind, sich ganz gezielt auf besondere Berufsgruppen spezialisieren. Deshalb sitze ich bei Doximity und RallyPoint im Aufsichtsrat, die sich auf Ärzte und auf Soldaten fokussieren.

Was bedeutet die LinkedIn-Übernahme für den deutschen Wettbewerber Xing?

Mit Xing habe ich mich schon lange nicht mehr beschäftigt. Dazu kann ich nichts sagen.

Anders gefragt, gibt es für nationale professionelle Netzwerke einen Markt?

Ja. Wenn diese den Markt gut kennen, sicherlich. Aber das Geschäft ist ja immer mehr international. Zudem ist es auch eine Frage der Skalierung. Ein globales Netzwerk wie LinkedIn kann natürlich viel mehr Entwickler beschäftigen, die den Service weiterentwickeln und ausbauen.

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