Lufthansa Flying Lab Eine Tech-Konferenz über den Wolken

Auf dem Weg zum Internetfestival „South by Southwest“ in Austin stimmt die Lufthansa ihre Fluggäste mit einer Webkonferenz über den Wolken ein. Mit an Bord: Mitglieder des Handelsblatt Wirtschaftsclubs.

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Die Airline macht den Transatlantikflug zum fliegenden Labor. Quelle: dpa

Austin Improvisation ist alles. Und so gerät Torsten Wingenter, Leiter Digital Innovations bei Lufthansa, nicht sofort in Hektik, als an Bord des Airbus A380 plötzlich eine Steckdose den Dienst versagt und das kurz nach dem Start eilig aufgebaute Fernsehstudio im hinteren Teil des Flugzeugs kurzzeitig ohne Energie ist. Nicht umsonst nennt sich das, was hier stattfindet, „Flying Lab“, ein Labor.

Die Gäste an Bord, darunter auch Mitglieder der Clubs von Handelsblatt und „Wirtschaftswoche“, nehmen es gelassen. Geht es doch nach Texas, zur „South by Southwest“. Die einst als Musikfestival gestartete Großveranstaltung in der gesamten Innenstadt von Austin ist längst auch zum Treffpunkt der Start-up-Szene geworden. Und dort klappt ja auch nicht immer alles reibungslos.

Doch dann ist es soweit. Die Bordküche wird zum Schminkraum für die Redner. Noch kurz ein paar wichtige Hinweise an die Fluggäste im Studio-Bereich. „Sie sind im Bild, also bitte nicht in der Nase bohren“, scherzt Wingenter. Dann geht sie los, die Konferenz in elf Kilometern Höhe. Über ein Wlan-Netz können die Passagiere die Vorträge und Diskussionen auf ihren eigenen Geräten verfolgen. Es ist eine perfekte Einstimmung auf die kommenden Tage im liberalen und lockeren Austin.

Miriam Meckel, Chefredakteurin der „Wirtschaftswoche“ und schon Tags zuvor in Austin angekommen, fasst die Trends in einer Videobotschaft zusammen: „Es geht um Virtuelle Realität, Chatbots und Artificial Intelligence.“ Und natürlich um Cyber-Sicherheit, nachdem Wikileaks angebliche Belege für das Ausspionieren von Bürgern durch Geheimdienste etwa über Fernseher publiziert hat. „Keiner weiß, wie die Cyber-Strategie des US-Präsidenten Donald Trump aussieht“, so Meckel.

Für die Lufthansa ist es das dritte Flying Lab. Das erste fand im Sommer vergangenen Jahres auf einem Flug nach Kalifornien statt. Es war ebenfalls eine Art Tech-Konferenz über den Wolken, mit Beteiligung etwa von Instagram. Im Februar folgte ein weiterer Flug, dieses Mal ging es nach New York und um das Thema Mode. Anlässlich der dort stattfindenden Fashion Week zeigte der New Yorker Designer Rubin Singer an Bord neue Kollektionen. Und damit auch alle Passagiere diese begutachten konnten, wurde der „Catwalk“ im Mittelgang mit mehreren Kameras aufgenommen und an die Sitze „gestreamt“.

Die Idee dahinter: Das fliegende Labor ist für den Konzern die ideale Möglichkeit, ihren Kunden neue Geräte und Features zu präsentieren und sehr früh zu prüfen, ob es überhaupt sinnvoll ist, diese Ideen voranzutreiben und auf den Markt zu bringen. „Wir machen uns die disruptive Denke zunutze, die auch Start-ups haben: schnell einen Prototypen testen und dann zügig entscheiden, ob wir die Idee einführen oder verwerfen“, bringt Wingenter den Ansatz auf den Punkt.

Lufthansa folgt damit dem an der Universität Stanford schon vor Jahren entwickelten Modell des „Design Thinking“. Er besagt, dass eine Idee nicht erst zu Ende entwickelt und dann den Kunden präsentiert werden sollte. Stattdessen sollten regelmäßig Prototypen mit dem Kunden getestet und mit Hilfe derer Hinweise weiterentwickelt werden. Damit sollen teure Fehlentwicklungen vorbei am Kundeninteresse vermieden werden. Immer mehr Unternehmen folgen diesem Ansatz, unter anderem der Software-Konzern SAP.

Auch wenn sich einige wenige Passagiere durch die Unruhe hinten im Flugzeug etwas gestört fühlten, die Mehrheit des überwiegend jungen Publikums fand es klasse. Der eine oder andere Neugierige schaute spontan im Studio vorbei. „Die South by Southwest hat dieses Jahr nicht in Austin sondern schon in Frankfurt begonnen“, sagt Wingenter. Und fügt hinzu: „Wir werden so etwas noch viele Jahre machen.“

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