Mark Hurd "Oracle wird der größte Cloud-Anbieter"

Der Co-Vorstandschef des amerikanischen Softwarekonzerns Oracle, Mark Hurd, über den Wandel in der IT-Branche und die Konkurrenz zu SAP.

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Der Co-Chef von Oracle, Mark Hurd, über die Konkurrenz zu SAP. Quelle: Jason Alden für WirtschaftsWoche

WirtschaftsWoche Online: Mister Hurd, bisher hat Oracle vor allem Software verkauft, die in den Firmen fest installiert ist. Jetzt bieten Sie immer mehr Software über das Internet zur Miete an, das Cloud Computing. Können Sie Ihr Cloud-Geschäft schnell genug hochfahren, um das schrumpfende Kerngeschäft auszugleichen?
Mark Hurd: Das Cloud-Geschäft liegt derzeit bei sieben Prozent unseres Umsatzes und wird stark wachsen. Wir haben im letzten Quartal unsere Buchungen – also abgeschlossene Verträge, deren Umsätze noch nicht in die Bilanz geflossen sind – mehr als verdoppelt. Oracle wird in diesem Jahr für mehr als 1,5 Milliarden Dollar Gesamt-Buchungen in der Cloud haben – damit sind wir sehr zufrieden. Unser Kerngeschäft ist aktuell vor allem durch Währungseffekte und den starken Dollar belastet.

Akzeptieren die Anleger diese Übergangsphase von Oracle? Denn das Cloud-Geschäft ist noch nicht so profitabel wie der klassische Software-Verkauf.
Das Cloud-Geschäft wird sehr profitabel sein. Es dauert eine gewisse Zeit zum Hochfahren, bis wir durch Größenvorteile die Kosten senken können. Aber wir haben uns zu einer vielversprechenden Marge in der Cloud verpflichtet – nämlich einer Verdopplung der operativen Gewinnmarge von zuletzt 40 Prozent auf 80 Prozent innerhalb von zwei Jahren. Langfristig betrachtet wird sich unser Geschäftsmodell daher nicht sehr stark verändern. Sowohl das traditionelle Software-Geschäft wie auch die Cloud sind lukrative und profitable Sparten für uns.

So können Sie Ihre Daten online abspeichern
DropboxEiner der bekanntesten Cloud-Speicher-Dienste ist Dropbox. Der US-Anbieter gewährt Nutzern vergleichsweise geringe zwei Gigabyte Gratisspeicher – wer die Dropbox anderen empfiehlt kann den Speicher auf bis zu 16 GB erweitern. Entweder über einen Browser oder über die Applikationen von Dropbox lassen sich Daten hoch- und herunterladen. Installiert man die Software, erscheint sowohl beim Windows- als auch beim Apple-Betriebssystem ein Ordner im Explorer, in dem einfach per kopieren und einfügen Daten in die Cloud und aus ihr herausgeholt werden können. Wer mehr Speicher benötigt, kann bis zu einen Terabyte für 9,99 Euro pro Monat erwerben oder für 99 Euro pro Jahr. Quelle: dpa
Microsoft OneDriveMit einem großen Gratisspeicher lockt Microsoft, das 2015 mit OneDrive den Nachfolger seines Cloud-Speichers SkyDrive präsentierte. 15 Gigabyte winken hier, die auf bis zu 20 Gigabyte erweiterbar sind, indem man etwa neue Kunden wirbt und die automatische Sicherung von Bildern aktiviert. Auch hier können Nutzer entweder über den Browser oder über eine Anwendung auf die Cloud zugreifen. Für 100 GB verlangt Microsoft 70 Cent pro Monat, ein Terabyte ist für günstige sieben Euro monatlich zu haben – inklusive dem Microsoft 365 Office-Paket. Nur die Anbieter Spideroak und Livedrive sind noch günstiger. Quelle: dpa
Spideroak Quelle: Screenshot
Google DriveWie auch Microsoft wartet Google Drive mit 15 Gigabyte Gratisspeicher auf. Neben dem Speicher bietet Google einige zusätzliche Cloud-Dienste wie ein Office-Programm, das mehrere Anwender gemeinsam und parallel bearbeiten können; die Versionskontrolle wird über die Cloud-Software synchronisiert. Wer mehr als die 15 Gigabyte Speicher benötigt, kann für 1,99 Dollar pro Monat 100 GB erwerben, ein Terabyte kostet 9,99 Dollar. Der Speicher ist auf bis zu 30 Terabyte erweiterbar – Kostenpunkt: 299,99 Dollar. Quelle: dpa
Amazon Cloud DriveDas Online-Kaufhaus Amazon bietet mit seinem Dienst „Cloud Drive“ fünf Gigabyte freien Speicherplatz für die ersten zwölf Monate. Bei Amazon erworbene MP3-Dateien werden direkt auf der Online-Festplatte abgelegt. 50 Gigabyte sind ab 20 Euro pro Jahr zu haben, ein Terabyte ab 400 Euro. Quelle: dpa
Apples iCloudApple-Nutzer erhalten fünf Gigabyte Cloud-Speicher gratis. Sofern ein iPhone-Nutzer keine anderen Einstellungen vornimmt, landen sämtliche Fotos, die er mit seinem Smartphone schießt, in der Cloud. Auch auf Kontakt-Daten, Termine und andere Anwendungen greift die Cloud zu. Solange man ausschließlich Apple-Geräte nutzt, ist die Synchronisation einer der Aspekte, mit denen Apple besonders punktet. Speichererweiterungen sind problemlos möglich: 50 Gigabyte sind für 99 Cent pro Monat erhältlich, ein Terabyte kostet 9,99 Euro – und damit das Doppelte des Dropbox-Preises. Quelle: dpa
ADrive Quelle: Screenshot

Vor Ihrem Wechsel zu Oracle waren Sie fast fünf Jahre CEO von Hewlett-Packard. Wie hat sich das IT-Geschäft seitdem verändert?
Der Markt von 2005 ist nicht mehr mit dem von 2015 vergleichbar. Unternehmen suchen heute nach Lösungen, die ihre IT vereinfachen. Und die Cloud stellt eine Kombination aus Hard- und Software dar, die so integriert sind, dass sie eine Lösung bilden. Die Cloud ermöglicht zum ersten Mal, dass sich die Kunden nicht um ihre IT kümmern müssen. Sie brauchen nur die Software über das Internet zu beziehen. Die gesamte Verantwortung für Management und Pflege der Software liegt jetzt beim Cloud-Anbieter.

In der IT-Industrie gibt es etablierte Riesen wie IBM und HP, die schrumpfen. Auf der anderen Seite stehen junge agile Herausforderer wie die Cloud-Anbieter Salesforce oder Splunk. Wo steht Oracle?

Das volle Potential der Cloud

Es stimmt, unsere Konkurrenten sind nicht mehr dieselben wie früher. Aber das bereitet uns keine Sorgen: Wir sind auf dem Weg, der größte Cloud-Anbieter zu werden. Es gibt nur wenige alte Tech-Companies die auch in der neuen Ära erfolgreich sind, aber Oracle wird dazu gehören.

Oracle hat in der vergangenen Dekade viele Wettbewerber übernommen und sich dadurch neue Märkte erobert. Werden Sie diesen Weg weiter gehen?
Oracle fühlt sich sehr wohl mit dem gegenwärtigen Portfolio, das teils auf Zukäufen und teils auf Eigenentwicklungen beruht. Werden wir weiter Zusammenschlüsse und Übernahmen machen? Ja, vermutlich, wenn sie für uns strategisch Sinn ergeben.

"SAP hat einen enormen Wettbewerbsnachteil"

Wo wollen Sie vor allem wachsen?
Das Cloud-Geschäft wird weiter zulegen. Gleichzeitig differenziert sich Oracle von der Konkurrenz durch das starke traditionelle Software-Angebot. Der Trend in der IT geht klar in Richtung hybride Angebote. Denn ich glaube nicht, dass alle Unternehmen ihre gesamten Aufgaben vollständig in die Cloud verlagern werden. Daher müssen sie in die Lage versetzt werden, Daten und Anwendungen zwischen dem eigenen Rechenzentrum und der Cloud hin- und herzuschieben und dies zu managen – das kann nur Oracle. So wird das Cloud-Geschäft unser traditionelles Software-Geschäft sogar noch unterstützen.

Welche Bedeutung spielt in diesem hybriden Modell die Hardware-Sparte von Oracle, das frühere Sun-Microsystems-Geschäft mit Server-Computern und Speichersystemen?

Hier nutzen Sie die Wolke, ohne es zu wissen
Dropbox, Google Drive, Apple iCloud Quelle: dpa
GMX AOL Google Mail Quelle: dpa
Cloud Gaming Quelle: AP
Google Docs Microsoft Office Quelle: REUTERS
Adobe Kreativ-Programme Quelle: AP
Musik-StreamingAuch wer Musik-Streaming-Dienste wie Spotify, Napster oder Apple Music nutzt, befindet sich in der Cloud. Bei all diesen Streaming-Diensten werden Millionen Musik-Titel auf Servern gelagert, auf die der Nutzer von seinem Endgerät aus zugreift. Dafür muss er entweder ein monatliches Entgelt bezahlen oder die kostenlosen Alternativangebote nutzen. Bei Spotify kann der Nutzer zum Beispiel die Gebühren einsparen, wenn er bereit ist, zwischendurch von Werbung beschallt zu werden. Quelle: dpa
Serien-StreamingFilme und Serien werden ebenfalls immer öfter über das Netz angesehen. Anbieter wie Netflix, Sky Go, Watchever, Amazone Prime und Maxdome erlauben den Zugriff auf tausende Filme und Serien. Auch hier zahlen Nutzer eine monatliche Gebühr und können dafür so viel schauen, wie sie möchten. Quelle: dpa


Der Bereich wächst wieder. Wir haben erst jüngst den Spitzenplatz bei Highend-Servern oberhalb von 25.000 Dollar errungen und dabei IBM vom Thron gestoßen. Neben den Geräten, die wir verkaufen, hilft die Hardwaresparte auch unserem Cloud-Angebot. Denn wir betreiben unsere Cloud-Rechenzentren mit unseren eigenen Servern. Dadurch können wir Hardware und Cloud-Angebot optimal aufeinander abstimmen – und Funktionen anbieten, die früher nicht möglich waren, beispielsweise verschlüsselte Datenbank-Abfragen in der Cloud.

Kürzlich wurden Vorwürfe eines früheren internen SAP-Revisors publik, wonach SAP bei der Erstellung ihrer Datenbank Hana bei Wettbewerbern wie Oracle abgekupfert habe. SAP verneint das. Wie sehen Sie das?
Das kann ich nicht kommentieren.

Im Februar hat SAP ein neues Paket von Unternehmenssoftware namens S/4 Hana vorgestellt. Das können Kunden nun mit der SAP-eigenen Datenbank Hana als Basis nutzen, statt zusätzlich Datenbanken von Oracle oder IBM kaufen zu müssen. Ist das nicht gefährlich für Oracle, da SAP bisher trotz der Konkurrenzsituation der größte Wiederverkäufer von Oracle-Datenbanken war?
Nein. Ich glaube vielmehr, dass die größte Herausforderung für SAP sein wird, ob sie im Geschäft mit Unternehmenssoftware wettbewerbsfähig bleiben können. SAP ist ein Anbieter klassischer, im Unternehmen installierter Software – und die haben sie bisher nicht für den Einsatz in der Cloud neu geschrieben. Bei unserer Unternehmenssoftware hat das acht oder neun Jahre gedauert. Wenn SAP heute startet, sind sie vielleicht im Jahr 2022 fertig – das ist ein enormer Wettbewerbsnachteil.

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