Maschinelles Lernen Cisco will Netzwerken Intelligenz einhauchen

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Der Haken am Angebot


Mike Giresi, Chief Information Officer bei Royal Caribbean Cruises, hat die neue Cisco-Software in den vergangenen Monaten getestet. Das Kreuzfahrtunternehmen, das täglich 140.000 Passagiere über die Weltmeere schippert, hat das Problem, dass immer mehr seiner Gäste nicht mehr nur E-Mails abrufen wollen, sondern auch Bilder und Videos verschicken und empfangen wollen. Nicht nur über den Tag verteilt, sondern viele gleichzeitig.

Zu Silvester wurde die Belastbarkeit des eigenen Datennetzes auf eine harte Probe gestellt, als der Nachrichtensender CNN live von einem der Schiffe übertrug. „Früher hätten wir Wochen im voraus planen müssen, um die erforderliche Bandbreite bereit zu stellen“ sagt Giresi. „Jetzt können wir das quasi augenblicklich tun.“

„Das Netzwerk in eine intelligente Plattform umzubauen, ist innovativ“, meint Technologieanalyst Rob Enderle. Was IBM beim Auswerten von Daten mit Watson tue oder Google mit maschinellem Lernen bei der Suche, wende Cisco nun bei Netzwerken an. „Sie haben das nötige Gewicht im Markt, um dies durchzusetzen.“

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Das Ganze hat, wie sollte es anders sein, allerdings einen Haken. Die neue Technologie funktioniert derzeit nur, wenn die entsprechenden Router und Switches von Cisco kommen. „Wir wollen das im Rahmen offener Standards auch für andere Hardware-Anbieter öffnen“, sagt Robbins. Beeilen wird er sich damit wahrscheinlich nicht, denn zwischen Cisco und konkurrierenden Herstellern wie Juniper Networks herrscht offener Schlagabtausch. Cisco erwirtschaftete mit seinen Switches im Geschäftsjahr 2016 rund 14,7 Milliarden Dollar, 30 Prozent seines 49 Milliarden Dollar Umsatzes. Doch der Umsatz stagniert, weil Konkurrenten mit günstigeren Angeboten Cisco Marktanteile abnehmen könnten.

Ein Grund, warum Cisco Hardware weiterhin geschützt wird. Eine besonders interessante Funktion, die Schadsoftware identifizieren kann, selbst wenn diese verschlüsselt ist, steht nur Kunden zur Verfügung, die sich Ciscos allerneusten Switch namens Catalyst 9000 anschaffen. „Das hat mit der nötigen Rechenkraft zu tun“, begründet Cisco-Manager David Goeckeler, der für das neue Produkt verantwortlich ist.

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Trotzdem: Ganz so schnell will Cisco seine ehemals wichtigste Einnahmequelle – teure Hardware – nicht aufgeben. Langfristig will Robbins Cisco zu einem Softwareunternehmen umbauen, das seine Umsätze mit Abogebühren für seine Dienste erwirtschaftet.

Der neue Konzernchef kommt zunehmend unter Druck. Trotz teurer Akquisitionen ist der Cisco-Umsatz in den vergangenen sechs Quartalen gefallen. Was allerdings nicht nur mit dem attackierten Switch-Geschäft zu tun hat, sondern auch mit dem stärkeren Fokus auf Software. Deren Einnahmen werden wie bei Hardware nicht auf einen Schlag verbucht, sondern fallen über den jeweiligen Nutzungszeitraum an. Trotzdem kann Robbins einen Katalysator bei seinen Umsätzen gut gebrauchen. Das neue Managementsystem, so meint Enderle, könnte diesen liefern. Dafür lohnt es sich schon, ein Treffen mit Donald Trump abzusagen.

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