Mesosphere Zwei Deutsche erfinden das Cloud Computing neu

Im Silicon Valley tüfteln zwei Deutsche an einer Über-Cloud. Das Projekt ist ein Frontalangriff auf Web-Giganten wie Amazon. Microsoft und Hewlett-Packard finanzieren es mit Millionen von Dollar.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Quelle: Fotolia

Es ist 10.30 Uhr morgens in der Innenstadt von San Francisco. In den Büroräumen von Mesosphere wippt Florian Leibert auf seinem Stuhl hin und her. Still zu sitzen ist nichts für den Chef und Mitgründer eines der weltweit heißesten Start-ups in der Softwarebranche. Und so springt der 33-jährige Schlaks an eine weiße Wandtafel, schnappt sich einen grünen Faserstift und entwirft seine Vorstellungen zur Zukunft der Datenzentren.

Was der deutsche Informatiker skizziert, ist die Neuerfindung des Cloud Computing, des wichtigsten Trends der Informationstechnik. Leibert und seine Mitgründer Tobias Knaup und Ben Hindman wollen so etwas wie die Über-Cloud schaffen.

Heute können Unternehmen unterschiedlichste IT-Dienste aus dem Netz beziehen: Rechenleistung von einem Anbieter, Speicher beim anderen, Datenanalyse beim Dritten. Sensible Kunden- oder Konstruktionsdaten aber wollen viele nicht aus der Hand geben und halten sie auf eigenen Rechnern. Dieser Mix von Diensten und Dienstleistern aber macht Cloud Computing komplex und weniger effizient als gedacht. Leibert will das ändern und den Rechenbetrieb im Netz massiv flexibilisieren: Er und sein 165 Köpfe starkes Team haben das Mesosphere Datacenter Operating System entwickelt, ein Betriebssystem für die Cloud. Das ermöglicht es, Anwendungen über Rechenzentrumsgrenzen zu managen, ganz egal, wo diese stehen und wer sie betreibt.

Vor- und Nachteile von Cloud Computing

So entsteht eine Art virtueller Megacomputer, anpassbar mal auf Rechenleistung, mal auf Kosten, ganz wie der Kunde es wünscht. Infrastrukturdienste unterschiedlichster Cloud-Anbieter lassen sich ohne großen Aufwand verbinden, Dienste mal vom einen, mal vom anderen Anbieter beziehen. Leiberts Software macht alles austauschbar.

„Mit ihrem Ansatz sind sie wirklich disruptiv“, sagt Jay Lyman, Experte für Cloud Computing beim New Yorker Beratungsunternehmen 451 Research. Und extrem attraktiv. Gerade erst sind die Hightechriesen Microsoft und Hewlett-Packard Enterprise (HPE) bei Mesosphere eingestiegen. HPE-Chefin und IT-Milliardärin Meg Whitman persönlich ließ sich von Leibert seine Vision für künftige Datenzentren im Hauptquartier in Palo Alto erläutern.

Kongress

Am Ende investierten beide Konzerne gemeinsam 75,5 Millionen Dollar. Insgesamt ist das Unternehmen nun mit 123 Millionen Dollar ausgestattet; darunter Geld der Investoren Andreessen Horowitz sowie Koshla Ventures, zwei der ersten Adressen unter den Wagnisfinanzierern des Hightechtals. Drei Jahre nach dem Start wird das Unternehmen bereits auf rund 600 Millionen Dollar taxiert.

Rechenzentren einfacher und flexibler zu machen ist ein Standardversprechen etablierter IT-Anbieter. Doch in der Realität nimmt die Komplexität weiter zu. Dabei ist Flexibilität essenziell für die Betriebssicherheit der oft explosionsartig wachsenden Digitalunternehmen.

Leibert hingegen hat bereits bewiesen, dass seine Technik funktioniert. Beim Kurznachrichtendienst Twitter hatte der Deutsche vor Jahren schon einen Vorläufer der Mesosphere-Plattform entwickelt. Damit bekam Twitter nicht nur seine ständigen Systemausfälle in den Griff, die Technik erleichterte es zudem, neue Funktionen einzuführen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%