Netflix Der Plan zur Weltherrschaft wackelt

Netflix gewinnt in den USA langsamer Abonnenten als früher. Und im Ausland verbrennt der Streamingdienst viel Geld. Das beunruhigt die Aktionäre. Nun startet auch Rivale Amazon einen weiteren Angriff.

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Die Ziele des Unternehmens werden immer schwerer zu erreichen. Quelle: Reuters

New York/Seattle Es ist erst wenige Tage her, dass Netflix-Manager gemeinsam mit den Hollywood-Schauspielern Kevin Spacey und Ashton Kutcher in Paris gut gelaunt um neue Kunden in Europa warben. Doch Investoren sehen immer mehr Grund zur Sorge um die Entwicklung des Streaming-Dienstes auf seinem Heimatmarkt USA.

Das Abonnenten-Wachstum in den USA hatte sich vergangenes Jahr verlangsamt. Wenn das Unternehmen am Montag die Zahlen zum ersten Quartal veröffentlicht, wird es nach Meinung von Analysten wohl 1,75 Millionen neue US-Kunden verkünden. Das wäre der geringste Anstieg seit 2012.

Das langsamere Wachstum beunruhigt die Aktionäre. Sie halten den US-Markt für einen Gradmesser für das Potenzial des Unternehmens auf ausländischen Märkten. Zwar gewinnt der größte Online-TV-Anbieter der Welt nach Schätzungen von Analysten in Europa und Südamerika rasant Kunden hinzu – doch Netflix verliert im Ausland weiterhin Geld. „Sie haben das Abonnentenwachstum durch neue Markteintritte in aller Welt angetrieben, doch jetzt ist die Spitze erreicht“, sagt Richard Broughton, Analyse-Direktor bei Ampere Analysis. „Außer China gibt es keine neuen Märkte. Es bleibt die Frage, was als nächstes kommen soll.“

Falls sich das Kundenwachstum weiter verlangsamt, bleibt laut Broughton nur die Option von Preiserhöhungen auf mehr erschlosseneren Märkten und von Preissenkungen auf anderen. Da bereits eine Preiserhöhung im kommenden Monat ansteht, ist die Aussicht auf einen weiteren Anstieg riskanter. Die Preisanpassungen werden sich etwas auf das Geschäft von Netflix auswirken, doch nicht in dramatischer Art und Weise, urteilt Doug Anmuth von JP Morgan Chase. Nur 20 Prozent der betroffenen Kunden seien sich der bereits beschlossenen Preiserhöhungen bewusst, während 15 bis 20 Prozent ihr Abo kündigen könnten, sagt er.

Höhere Preise werden positiver für die Bilanz der Firma sein. Netflix hat seit 2011, als es das inländische Streaming-Geschäft erstmals gesondert auswies, in jedem Quartal einen höheren Gewinn auf dem US-Markt erzielen können. In diesem Zeitraum gelang es Netflix, in jedem Quartal einen höheren Umsatz je zahlenden Kunden zu erzielen. Abonnenten entrichten unterschiedliche Preise – etwa in Abhängigkeit davon, ob sie HD oder andere Extras wählen.

Auf diesem Pfad muss Vorstandschef Reed Hastings das Unternehmen halten, um das selbst gesteckte Ziel zu erreichen, 2017 einen ansehnlichen Gewinn einzufahren. Dieser wird voraussichtlich nicht umgehend aus dem internationalen Geschäft kommen. Dieses verlor allein im vierten Quartal 2015 rund 109 Millionen Dollar. Analysten rechnen für das erste Quartal des laufenden Jahres hier weiter mit einem Minus von 114 Millionen Dollar.


Amazon greift mit Monats-Abos an

Netflix zufolge ist das Unternehmen profitabel in Regionen, wo es seine Dienste bereits seit ein paar Jahren anbietet – dazu zählen Kanada, Großbritannien und Skandinavien. Für die meisten Länder besteht das Ziel, das profitable Geschäftsmodell der USA zu kopieren. Derzeit kommt das Unternehmen auf rund 30 Millionen internationale Abonnenten.

„Das ist nichts, was sie umgehend erreichen müssen. Aber es ist etwas, über das sie nachdenken“, meint Broughton, „falls sie die Wachstumsrate aufrechterhalten und die größeren Märkte in Visier nehmen wollen, müssen sie sich überlegen, wie sie ein breiteres Publikum ansprechen und das lokale Angebot verbessern können.“

Unterdessen erhöht auch der Rivale Amazon den Druck auf Netflix. Der Konzern führt für seine Online-Videos ein neues Preismodell ein. Das Angebot an Filmen und Serien gibt es künftig auch im Monatsabo, der Preis ist mit 8,99 Dollar um einen Dollar günstiger als der populärste Netflix-Tarif, wie das Unternehmen in der Nacht zum Montag unter anderem dem „Wall Street Journal“ und dem Finanzdienst Bloomberg mitteilte.

In den USA gab es das Video-Angebot bisher nur als Teil des Prime-Jahresabos, das unter anderem einen schnelleren kostenlosen Versand einschließt. Dort kostet ein Jahr Prime 99 Dollar, in Deutschland 49 Euro. Hierzulande kann man den Video-Service bereits auch für 7,99 Euro im Monat nutzen. In den USA wird es künftig zusätzlich die komplette Prime-Mitgliedschaft für 10,99 Dollar pro Monat geben.

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