Netflix macht Gewinn, Spotify nicht Warum Musikstreaming ein Verlustgeschäft ist

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Darum bleiben die Aussichten für Musikdienste düster

2. Marktmacht

Das Musikgeschäft bestimmen die drei Musikriesen Universal, Sony und Warner. Die drei sogenannten Majors machen rund 80 Prozent des globalen Umsatzes und an Ihnen kommt kein Musikdienst vorbei. Aber weil es weltweit gut 400 kleine Spotifys und Simfys gibt, ist aus Sicht der Majors jeder von ihnen ersetzbar und keiner kann Sonderkonditionen verlangen.

Die Nutzungsrechte lassen sich die Riesen gut bezahlen. Will ein Streamer ihre Lieder haben, muss er ihnen pauschal rund 70 Prozent seiner Einnahmen überweisen. Und zwar nicht vom bisherigen, sondern vom erwarteten Umsatz, bevor er überhaupt einen Euro eingenommen hat. Übersteigt der Umsatz später den Voraus-Abschlag, wird nachgezahlt.

Da tritt Netflix-Chef Reed Hastings bestenfalls Mitleid in die Augen. Er zahlt zwar auch vorab viel Geld an die Rechteinhaber, aber das weitgehend nach seinen eigenen Regeln. Konkret: Nach dem, was er als Einnahmen erwartet. Will ein Filmverleih da empört nicht mitmachen, kann Netflix auf ihn verzichten. Denn im Gegensatz zum Musikgeschäft gibt es keine drei Riesen, sondern ein paar hundert Anbieter.

Und jeder davon ist verzichtbar. Nicht zuletzt weil eben auch Fans eines bestimmten Schauspielers oder Regisseurs nie leer ausgehen wenn bei einem Bildstreamer mal ein Verleih fehlt. Denn die Leinwandhelden arbeiten – im Gegensatz zu Musikern – nie länger für ein Unternehmen und das gern auch parallel bei mehreren Filmen.

Selbst wenn mal ein Verleih ein besonders attraktives Filmpaket bietet, ist der Hebel klein. Denn  - siehe Grund 1 – der Kunde erwartet weder ein vollständiges noch ein konstantes Angebot.

3.    Geschäftsmodell

Diese Marktmacht erlaubt Videostreamern ein komplett anderes Geschäftsmodell. Anbieter von Musik auf Abruf könnten maximal jene 30 Prozent vom Umsatz an Gewinn machen, die ihnen die mächtigen Majors lassen,  selbst wenn sie nichts für ihre aufwändige IT, das Personal oder die Steuer zahlen müssten.

Videoprimus Netflix hingegen kennt im Grunde keine natürliche Gewinngrenze. Er bezahlt die Inhaber der Filmrechte vorab und wenn er jede Menge neue Kunden gewinnt, dann fließen deren Gebühren fast komplett in seinen eigenen Überschuss.

Oder zunehmend in die Produktion eigener Inhalte. So will Netflix in den nächsten zwei, drei Jahren mehr als 20 eigene Serien drehen. Das kostet zwar Geld, aber es verbessert die Stellung.

4.    Aussichten

Natürlich beschwören die Musikstreamer vor allem ihre Investoren, dass sie irgendwann mal profitabel sein werden. Und das wird irgendwann wohl auch so kommen. Aber nur, wenn sie bei den Punkten 1 bis 3 mehr wie Anbieter bewegter Bilder arbeiten.

Das wird nicht leicht. Denn exklusive Inhalte bleiben in der Musik selten. Sicher kann Spotify weiter wachsen und hoffen, so mächtig zu werden wie etwa Apple beim Verkauf von Downloads. Aber bis dahin sollte besser keiner die Luft anhalten. Denn Apples iTunes-Laden wurde zum Quasi-Monopolisten, weil die Majors das zuließen. Berauscht vom Erfolg der neunziger Jahre wollten sie lieber ihre Fans mit Klagen zum CD-Kauf nötigen, statt den Piratenseiten ein legales Downloadangebot entgegen zusetzen.

Das, schworen sich die Musikriesen, soll nicht wieder passieren. Also fördern sie nach Kräften die Vielfalt aus Angst, Spotify könne zu einem zweiten Apple werden. Am Ende bleibt noch ein anderer Ausweg: Ein wirklich Großer kauft die

Streamer auf, und diktiert den Majors seine Bedingungen.

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