Netzneutralität Deutsche Anbieter werden „neidisch in die USA schauen“

Netzneutralität Quelle: dpa

Die US-Aufsichtsbehörde FCC hat die Regeln zur sogenannten Netzneutralität aufgehoben. Experten befürchten negative Folgen in Deutschland.

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Die in den USA von der Telekommunikationsaufsicht FCC gekippte Netzneutralität könnte nach Befürchtungen von Experten auch Folgen für Nutzer in Deutschland haben. In Europa würden Verbraucher die Entscheidung „indirekt zu spüren bekommen“, sagte Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) am Freitag in Berlin.

Die Marktmacht großer Anbieter werde wachsen, die Auswahl auch für europäische Verbraucher schrumpfen. „Direkte Auswirkungen auf europäische Verbraucher sind vorerst jedoch nicht zu erwarten.“ Denn in Europa gebe es seit 2016 strenge Regelungen, die die Netzneutralität weitgehend schützen.

„Da dürften die USA zum Trendsetter werden“, sagte Netzaktivist Markus Beckedahl dem Radioprogramm „SWR Aktuell“ am Donnerstagabend. Hiesige Telekom-Unternehmen würden jetzt „neidisch in die USA schauen“. Dort bekämen ihre wenigen Konkurrenten jetzt viel mehr Freiheit, das Internet so umzubauen, wie sie es gerne hätten.

Bevorzugung gegen Bezahlung – was die Abschaffung der Netzneutralität bedeutet

Die US-Telekomaufsicht FCC hatte am Donnerstag die Regeln zur strikten Gleichbehandlung von Daten im Internet abgeschafft. Künftig können Anbieter bestimmten Inhalten Vorrang geben oder andere verlangsamen. Große Unternehmen können sich damit eine Überholspur im Netz erkaufen, während kleine Anbieter benachteiligt werden könnten, so die Befürchtungen.

Vodafone und Telekom würden bereits heute mit Diensten wie StreamOn oder Vodafone Pass die EU-Verordnung zur Netzneutralität aushöhlen, sagen Kritiker.

Bei diesen Tarifen werden bestimmte Musik- oder Video-Dienste nicht auf das Datenvolumen angerechnet. „Diese Daten werden bevorzugt, alle anderen werden benachteiligt. Das ist ganz klar eine Verletzung der Netzneutralität“, sagte Beckedahl. Auch Müller vom vzbv siedelt die Angebote in einem rechtlichen Graubereich an.

Vor dem Hintergrund der Entscheidung in den USA kann es daher auch als Signal gesehen werden, dass die Bundesnetzagentur ihre Kritik an der mobilen Daten-Flatrate „StreamOn“ der Telekom am Freitag bekräftigt und Teilaspekte der Zubuchoption untersagt hat. Mit der Entscheidung werde sichergestellt, dass die europäischen Vorschriften über das Roaming und die Netzneutralität eingehalten werden, hieß es.

So muss das Angebot nach Vorgabe der Bundesnetzagentur auch im europäischen Ausland unterschiedslos zur Verfügung stehen, ohne dass es vom Inklusivvolumen abgezogen wird. Zudem muss Videostreaming in einer ungedrosselten Bandbreite zur Verfügung stehen. „Das Verbot der Drosselung von Videostreaming sichert nicht nur die Vielfalt des Internets, sondern stärkt auch die Anbieter von Videostreaming-Diensten, die auf höherauflösende Inhalte setzen“, sagte Jochen Homann, Präsident der Behörde.

Die Telekom hat nun bis Ende März 2018 Zeit, nachzubessern. Andernfalls droht ein Zwangsgeld. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Behörde hatte ihre Kritik bereits im Oktober erläutert und die Telekom zur Abhilfe aufgefordert. 

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