Neue Strategie Was hinter Facebooks Video-Offensive steckt

Facebook macht ernst: Rund drei Millionen Dollar soll das soziale Netzwerk für eine exklusive Serienfolge zahlen wollen. Die neue Lust an Bewegtbildern hat nicht nur Mark Zuckerberg gepackt. Was dahinter steckt.

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Gerade für jugendliche Nutzer ist das Video das bevorzugte Medium. Quelle: dpa

Berlin Netflix hat „House of Cards“, Amazon hat „Fear the Walking Dead“ oder „The Man in the High Castle“: Die Streaminganbieter locken Nutzer mit exklusiven Serien auf ihre Plattform und damit in ihre Abo-Modelle. Schon sehr bald könnte sich ein weiterer Anbieter unter die Videoanbieter gesellen: das soziale Netzwerk Facebook.

Facebook will laut einem Medienbericht in großem Stil eigene Fernsehinhalte auf seine Plattform bringen. Der weltgrößte Online-Netzwerk sei in Gesprächen mit Hollywood-Studios und Rechtevermarktern, schrieb das „Wall Street Journal“ am Montag. Facebook wolle bis zu drei Millionen Dollar pro Serien-Folge ausgeben – das liege in der Liga sehr hochwertiger TV-Produktionen, hieß es unter Berufung auf informierte Personen. Das Online-Netzwerk habe dabei vor allem die Altersgruppe der 17- bis 30-Jährigen im Visier.

Das alles ist Teil von Mark Zuckerbergs großangelegter Videooffensive, die er bereits zu den vergangenen Quartalszahlen umriss. Video sei ein Megatrend, sagte der Facebook-Chef im Gespräch mit Analysten. Man wolle dafür sorgen, dass Menschen das soziale Netzwerk als Ort für interessante und relevante Videos begreifen: „Letztes Jahr haben wir begonnen, mehr in Videoinhalte zu investieren, um damit ein Ökosystem dafür zu erschaffen. Und wir planen, das 2017 auszubauen.“ Die TV-App scheint der wesentliche Faktor in Zuckerbergs Bewegtbild-„Ökosystem“.

Der Start des Facebook-Programms sei für Ende des Sommers anvisiert, schrieb das „Wall Street Journal“. Facebook wolle keine politischen Dramen, Nachrichtensendungen oder Serien mit Nacktheit und schmutziger Sprache, hieß es. Anders als Netflix oder Amazon wolle Facebook mit den Studios Zuschauer-Daten teilen. Mit dem Vormarsch von Facebook ins TV-Geschäft würde sich auch zeigen, wie gut sich ausgiebige Informationen über die Interessen von Zuschauern tatsächlich in den Erfolg von Sendungen ummünzen lassen.

Doch nicht nur als Inhalteverteiler könnte Facebook langfristig erfolgreich sein. Beobachter sehen in einer Personalentscheidung der vergangenen Woche einen Hinweis darauf, dass sich der Konzern langfristig auch als Produzent betätigen könnte. Mina Lefevre war bislang Vizepräsidentin beim Musiksender MTV und Chefin der Scripted-Sparte. Laut einem Bericht des US-Technikportals „The Verge“ soll sie bei Facebook die Entwicklung von Inhalten betreuen und zudem mit Ricky Van Veen zusammenarbeiten, der im vergangenen Jahr zu Facebook stieß und zum Chef der globalen Kreativstrategie benannt wurde.

Spannend: Van Veen gehört zu den Gründern des Portals „CollegeHumor.com“, das hochwertige Satire- und Comedyinhalte produziert.

Hinter den Videoambitionen steckt nicht nur eine Steigerung der Nutzerfreundlichkeit – mit Werbeunterbrechungen von Videoinhalten lassen sich die Einnahmen noch einmal kräftig steigern. Zudem: Gerade für jugendliche Nutzer ist das Video das bevorzugte Medium.

So bestätigte auch Facebook-Deutschland-Chef Ott: „Wir müssen ihnen das richtige Angebot machen – früher waren es einmal Onlinespiele, die wir auf der Plattform beworben haben, jetzt sehen wir, dass sich junge Nutzer besonders für Videoinhalte begeistern.“ Also baue man diesen Bereich aus.

Mit dem Vorstoß ins Geschäft mit TV-Inhalten würde Facebook sowohl mit klassischen Fernsehsendern als auch mit Streaming-Anbietern wie Netflix oder Amazon konkurrieren. Auch Apple experimentiert gerade mit exklusiven Inhalten wie der Sendung „Planet of the Apps“ – holte sich jüngst aber auch zwei Top-Manager des TV-Studios von Sony.

Doch auch der Konkurrent Snap ist im Videobereich aktiv: Filmproduzent Time Warner soll in den nächsten zwei Jahren zehn exklusive Shows für Snapchat produzieren. Wie das Nachrichtenportal „Mashable“ berichtet, ist dieser Deal 100 Millionen Dollar schwer.

Snapchat-Nutzer sollen künftig eine ganze Reihe von Inhalten sehen können – darunter Drama- und Comedy-Shows. Mit diesem Deal versucht Snapchat, sich weiter von Facebook abzusetzen. Denn für den Schnipseldienst drängt die Zeit: Er muss Investoren und Analysten beweisen, dass sich die Zeit der roten Zahlen dem Ende neigt.

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