Rumänisches Werk Nokia zieht weiter

2008 verlagerte der finnische Handyriese die Produktion von Bochum nach Rumänien. Jetzt macht er die neue Fabrik dort dicht – wegen eigener Unfähigkeit.

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Statt in Rumänien fertigt Nokia bald Billighandys in Asien. Quelle: dpa

Razvan Bot bereitet sich auf die Nachtschicht vor. Pünktlich um 19 Uhr öffnen sich Tore, die Arbeiter betreten geschlossen das Werk. „Westliche Disziplin“, sagt der 31-jährige Techniker mit einer Mischung aus Stolz und Sarkasmus. „Hier ist alles gut organisiert, vielleicht sogar überorganisiert.“

Doch nicht mehr lange, denn bald hat es sich ausorganisiert im Nokia-Werk im rumänischen Dorf Jucu unweit von Cluj. 2008 unter riesigem Protest aus Bochum nach Rumänien verlagert, schließt zum Jahresende nun auch die Nachfolge-Produktionsstätte des finnischen Handyherstellers im einstigen Siebenbürgen. Das Unternehmen begründet den Schritt mit der „notwendigen Optimierung der Produktionsprozesse“, die aufgrund der „Nähe zu unseren wichtigsten Zielmärkten“ zukünftig an Standorten in Asien stattfinden sollen.

30 Millionen Euro in den Sand gesetzt

Damit setzt sich für die Region im Nordwesten Rumäniens, für die dortigen Unternehmen sowie für die Beschäftigten das Drama von Bochum fort, wo 2300 Mitarbeiter ihren Job verloren – als letzter Akt und als Tragödie.

Verpufften in Bochum nach 19 Jahren Subventionen von 60 Millionen Euro, setzte der rumänische Steuerzahler innerhalb von rund drei Jahren 30 Millionen in den Sand. Gingen die Bochumer Nokianer mit Abfindungen zwischen 80 000 und 220 000 Euro nach Hause, summieren sich die Trostzahlungen für jeden der 1800 rumänischen Nokia-Mitarbeiter auf sechs bis zehn Monatslöhne oder umgerechnet 1800 bis 5000 Euro.

Weitere rund 2500 Beschäftigte diverser Subunternehmen, die etwa Catering-, Putz-, Wach- oder Fahrdienste anbieten, werden ihre Löhne höchstwahrscheinlich nur noch bis Dezember erhalten und dann eher leer ausgehen.

Anders als in Bochum macht Nokia das Werk in Rumänien nicht dicht, weil die Mitarbeiter in dem kleinen siebenbürgischen Flecken im internationalen Vergleich zu teuer sind. Nach mehreren Erhöhungen, die der Konzern in den vergangenen Jahren auf Druck der Arbeitnehmervertreter akzeptieren musste, betrug der monatliche Durchschnittslohn bei Nokia zuletzt noch immer nicht einmal 300 Euro. Das ist etwas weniger als der Durchschnittslohn in Rumänien.

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