Offensive gegen Apple Microsoft drückt wieder die Schulbank

Ein abgespecktes Windows für Schulen soll die Kinder wieder für die Microsoft-Welt interessieren. Außerdem soll ein 1000-Dollar-Laptop junge Erwachsene von ihren MacBooks entwöhnen. Ob die Offensive eine Chance hat?

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San Francisco Panos Panay macht gar keine Anstrengungen, die Lage schönzureden. „Es gibt eine Menge Schüler und Studenten da draußen, die MacBooks oder MackBook Pro nutzen, und wir wissen das“, räumt der Chef der Hardwaresparte von Microsoft am Dienstag in New York ein. „Das sind tolle Maschinen“. Trotzdem will sich Microsoft im Wettlauf der Tech-Riesen nicht geschlagen geben.

Im Gegenteil: Ab heute kann ein neues Surface Laptop mit einem Verkaufspreis ab 999 Dollar (Deutschland ab 1149 Euro) vorbestellt werden. Die Auslieferung des Geräts mit einem 13,5 Zoll großen Touchscreen ist für Juni vorgesehen. Für den stolzen Preis werden ein Intel i5-Prozessor, knappe vier GB Ram und eine 128 GB-Flash-Festplatte geboten. Das Gewicht mit 1,25 kg ist einen Deut leichter als beim 13-Zoll-Macbook von Apple. Microsoft-Chef Satya Nadella verspricht zudem satte 14 Stunden Batterielaufzeit.

Nadella geht hier, wie bei den anderen Surface-Geräten, geschickt den Premium-Weg. Er bietet ein Luxus-Gerät für den verwöhnten Studenten an. Den Massenmarkt überlässt er seinen Partnern wie HP, Dell oder Acer. Der günstigste Windows 10S-Laptop wird ab 189 Dollar in den Regalen stehen, so Windows-Chef Terry Myerson.

Der Haken dabei: Windows 10S unterstützt nur Apps, die über Microsofts eigenen App-Store installiert werden. Die Millionen anderweitig verfügbaren Windows-Programme bleiben außen vor. Das erhöht auf der einen Seite die Sicherheit und vereinfacht Lehrern die Verwaltung der Geräte. Auf der anderen Seite ist es eine massive Einschränkung. Mit Windows RT versuchte Microsoft schon einmal so einen Weg zu gehen, was in einem großen Desaster endete.

Leistungsmäßig sind bei der Schulversion von Windows keine Einschnitte vorgesehen. Die Geräte sollen in der Lage sein, mit Microsofts Mixed-Reality-Brillen umzugehen. Dabei werden im Klassenraum digitale Zusatzinformationen eingeblendet. Mit Medien-Partnern werden Schulprojekte aus den Bereichen Geschichte, Wissenschaften oder Mathematik vorbereitet.

Hier hofft Nadella die Konkurrenz auszubooten, vor allem Apple. Dank bereits existierender 3D- und Mixed-Reality-Technik ist der breite Einstieg im Bildungssystem geplant. Teure Geräte wie Microsofts Augmented-Reality-Brille Hololens bekommen Zuwachs durch günstige Angebote wie von Acer für unter 300 Dollar.

65 Prozent aller Jobs für die Schulabgänger der nächsten Generation werden völlig neu sein, schätzt Microsoft. Mindestens sieben Millionen Jobs werden alleine in den USA in der 3D-Industrie erwartet.


Angriff auf die Klassenzimmer

Als großes Plus steht der Blockbuster Minecraft auf der Habenseite. Das enorm erfolgreiche Spiel, von Microsoft für 2,5 Milliarden Dollar gekauft, wird zu einer Art Computerschule ausgebaut. Schüler lernen mit Windows 10S und Minecraft wie sie für dieses Spiel eigene Welten programmieren können.

Der Angriff auf die Klassenräume kommt nicht ohne Grund. Microsoft beherrschte vor der Jahrtausendwende die Schulen nach Belieben, doch das ist lange vorbei. Erst kam das iPad und dann Google. Sundar Pichai, Chef des Suchmaschinenriesen, fasste vergangene Woche Nadellas ganzes Dilemma in wenigen Worten zusammen: „Wir haben weiterhin ein enormes Momentum im Erziehungsbereich.“ Dank ihrer einfachen Bedienung führten Googles Geräte die Industrie an, so Pichai.

Der Google-Chef meint damit Chromebooks, Laptops mit dem Google-Betriebssystem Chrome, das im Grunde genommen nur ein Webbrowser mit einigen Zusatzfunktionen ist. Google wollte damit den Laptop-Markt in Unternehmen aufrollen, was aber nie gelang. Doch in Schulen erwiesen sich die Geräte mit Preisen um 200 Dollar als unglaublicher Erfolgsschlager.

Zuerst booteten Chromebooks die iPads in den Klassenzimmern aus, dann waren die letzten Windows-PCs an der Reihe. Laut Pichai nutzen rund 70 Millionen Menschen Googles Bildungssoftware G Suite und 20 Millionen Lehrer und Schüler haben Chromebooks in Betrieb. Die Marktforscher von Futuresource schätzen Googles Marktanteil im amerikanischen K-12-Markt, also Schulen unterhalb des Colleges, auf 58 Prozent.

Microsofts Problem: Kinder wie die 16-jährige Julisa von der Oakland High wachsen nicht mehr mit Microsoft Office, Word oder Powerpoint auf. Sie nutzen Gmail, Google Docs oder Calendar. Die Bewertungen ihrer Schulprojekte ruft sie Zuhause über den Web-Browser ihres privaten Chromebooks ab. Den alten Toshiba-Laptop hat schon lange niemand mehr hochgefahren.

Das Leben spielt sich ab zwischen iPhone und Chromebook. Wenn Microsoft eine Chance hat, sich da hineinzudrängen, dann nur noch mit einem gut durchdachten Produkt. 3D und Mixed Reality, das könnte so etwas sein.

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