Rekordstrafe für Bildschirm-Hersteller: Sieben namhafte Elektronikkonzerne wie Philips, Panasonic, Toshiba und LG Electronics müssen 1,47 Milliarden Euro EU-Kartellbuße zahlen. Bis 2006 sollen die Firmen fast zehn Jahre lang Verbraucher in Europa und Asien bei Bildröhren für Fernseher und Computerbildschirme abgezockt haben. Das teilten die obersten EU-Wettbewerbshüter am Mittwoch in Brüssel mit. Der Vorwurf: Die Konzerne sprachen untereinander die Preise ab, teilten die Märkte auf und drosselten ihre Produktion.
„Es ist die höchste Strafe, die die EU-Kommission jemals verhängt hat“, sagte EU-Wettbewerbkommissar Joaquín Almunia und sprach von einem „Kartell wie aus dem Lehrbuch“. Grund für das hohe Bußgeld sei die lange Dauer seit den 90er Jahren und der milliardenschwere Schaden zulasten von Verbrauchern.
Kartelle sind nach europäischem Recht verboten und werden mit Geldbußen bis zu zehn Prozent eines Jahresumsatzes geahndet. Bildröhren kamen vor allem in Fernsehgeräten zum Einsatz, sind inzwischen aber weitgehend von Plasma- und LCD-Bildschirmen abgelöst worden.
Zu den sieben Firmen gehören Philips (Niederlande) sowie die asiatischen Elektronikhersteller Chunghwa (Taiwan), LG Electronics (Südkorea), Samsung SDI Panasonic (Südkorea), Toshiba (Japan), MTPD (gegenwärtig eine Tochter von Panasonic) und Technicolor (vormals Thomson). Chunghwa ging straffrei aus, weil die Firma das Kartell gemeldet hatte.
Die niederländische Philips, die ihr TV-Geschäft längst aufgegeben hat, bekam eine Buße von 313,4 Millionen Euro aufgebrummt. Panasonic und Samsung müssen jeweils gut 150 Millionen Euro zahlen. Der größte deutsche TV-Hersteller Loewe ist nicht betroffen, die Franken haben traditionell Bildröhren nicht selbst hergestellt. Philips kündigte bereits an, gegen die Strafe vor Gericht vorzugehen. "Eine solche Strafe für ein Geschäftsfeld, aus dem wir 2001 ausgestiegen sind, ist unverhältnismäßig und ungerechtfertigt", klagten die Holländer. Gleichwohl stellten sie gut eine halbe Milliarde Euro für die Strafe im laufenden Quartal zurück.
Bildröhren (Kathodenstrahlröhren) machen nach EU-Angaben mehr als die Hälfte des Preises für einen Bildschirm aus, so dass das Kartell die Endpreise für Verbraucher in die Höhe getrieben habe. Zudem hätten die Unternehmen unliebsame Konkurrenten vom Markt gedrängt.
"Diese Kartelle sind wie aus dem Bilderbuch. Sie vereinen die schlimmsten Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln", erklärte EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia. Die Absprachen seien besonders stark zulasten der Kunden gegangen, da die Bildröhre einst 50 bis 70 Prozent des Preises von Bildschirmen ausgemacht hat.
Die Verantwortlichen hätten Preise und Marktanteile bei sogenannten "grünen Treffen" ausgekungelt, die oft mit einer Runde Golf endeten. Oft fanden Geheimtreffen auf Golfplätzen in Asien und Europa statt. Die Manager der Unternehmen tauschten sich nach Erkenntnissen der Ermittler zum Teil jede Woche aus. Sie hießen „Green Meetings“, weil die Manager im Anschluss gemeinsam auf dem grünen Rasen gegolft hätten. Die Firmen waren auf Geheimhaltung bedacht, Unterlagen trugen die Aufforderung: „Folgendes Schriftstück bitte nach Kenntnisnahme vernichten“.
Die Firmen bildeten zwei Kartelle, eines im Sektor Bildröhren für Fernsehgeräte und ein weiteres bei Bildröhren für Computerbildschirme. Beide Kartelle operierten weltweit.
Immer wieder geraten Elektronikkonzerne ins Visier der Wettbewerbshüter. 2010 hatte EU-Kommission gegen fünf asiatische Hersteller von Flachbildschirmen - darunter Samsung - wegen illegalen Preisabsprachen ein EU-Bußgeld von 649 Millionen Euro verhängt.