Pro-Sieben-Chef Ebeling „Stefan Raab fehlt total“

Pro Sieben Sat 1 steht vor dem Aufstieg in den Dax. Vorstandschef Thomas Ebeling spricht über den Aufstieg vom Penny Stock in die erste Börsenliga, den Verlust der TV-Ikone Stefan Raab und seine große Hoffnung.

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Der Manager hat Pro Sieben als ersten Medienkonzern in den Dax geführt. Quelle: dpa

Mülheim an der Ruhr Von der Zigarette über Softdrinks zu Pharma – Thomas Ebeling hat mit Stationen bei Reemtsma, Pepsi-Cola und Novartis eigentlich immer in Branchen gearbeitet, in denen die Geschäfte liefen. Bis zum 1. März 2009, seinem ersten Tag bei Pro Sieben Sat 1. Als der studierte Psychologe auf den Chefposten des damals noch klassischen Fernsehkonzerns wechselte, war die Aktie mit gerade mal 88 Cent ein Penny Stock. Heute kostet das Papier gut 46 Euro. Und seit knapp einer Woche ist offiziell, worüber lange spekuliert wurde: Pro Sieben Sat 1 steigt in den Dax auf. Damit steht erstmals in der Geschichte des Leitindex ein Medienunternehmen neben Industriegrößen wie Siemens, BMW oder Lufthansa.

Ebeling, der Macher des Erfolgs, steht auf der Bühne und erzählt das alles ganz nüchtern. Er ist auf Einladung von Karl-Erivan Haub in die Tengelmann-Zentrale nach Mülheim an der Ruhr gekommen. Jedes Jahr veranstaltet die Händlerfamilie – zu ihr gehören Obi, Kik, Kaiser‘s Tengelmann (noch hat Wirtschaftsminister Gabriel die Ministererlaubnis für den Verkauf der Supermärkte an Edeka offiziell nicht erteilt) und zahlreiche E-Commerce-Beteiligungen – den „E-Day“. Dort diskutieren Manager und Internet-Gründer einen Tag lang über die digitale Zukunft und ihre Herausforderungen.

Damit kennt sich Ebeling aus. Wenn er eins in den letzten Jahren gelernt hat, dann das: „Alles kann disrupted werden.“ Heißt grob übersetzt: Eine gute Idee kann jede Branche, jedes Geschäftsmodell zerlegen.

2009, blickt Ebeling zurück, stand Pro Sieben Sat 1 mit dem Rücken zur Wand. Auf dem Konzern lasteten mehr als drei Milliarden Euro Schulden. Wachstumsstory? Fehlanzeige. „Wie können wir digital werden ohne Geld?“, lautete damals die alles entscheidende Frage.

Der Vorstandschef begann, TV-Werbezeiten gegen Anteile und Umsatzbeteiligungen an jungen Onlinehändlern zu tauschen. Der Berliner Moderversender Zalando, der mittlerweile im MDax notierte Samwer-Zögling, war einer der ersten Deals und ein echter Glücksgriff.

„Fernsehen ist nach wie vor King“, stellt Ebeling klar. Schließlich schauen die Deutschen pro Tag noch immer im Schnitt 259 Minuten fern. Deswegen investiert Ebeling weiter in Inhalte, auch in die internationale Produktion. Der Konzern aus Unterföhring bei München beschäftigt rund 4800 Mitarbeiter und betreibt Sender wie Sat 1, Pro Sieben und Kabel Eins. Im vergangenen Jahr stieg der Umsatz um 13,4 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro, der bereinigte Gewinn um 11,6 Prozent auf 467,5 Millionen Euro.

Fest steht aber auch, dass der TV-Konsum zurückgeht – vor allem bei den jüngeren Zuschauern. Und so bringt Ebeling das Kerngeschäft weiter auch auf digitale Plattformen. Maxdome, einer der größten Video-on-Demand-Anbieter in Deutschland neben Watchever und Amazon Instant Video, gehört ebenfalls zu Pro Sieben.


„Manche machen Yoga oder Boxen. Ich mache beides“

Doch beim „E-Day“ geht es vor allem um E-Commerce. „Wir haben nicht die finanzielle Kraft, ein großes Unternehmen zu kaufen“, sagt Ebeling. Deswegen beteiligt er sich an vielen Internetfirmen, teils in derselben Branche wie zum Beispiel Reise. So hat der Niedersachse in den letzten Jahren ein wachstumsstarkes Portfolio zusammengestellt und Pro Sieben als Venture-Unternehmen in der Start-up-Szene etabliert. Der Konzern hält etwa Anteile an dem Vergleichsportal Verivox (80 Prozent) und dem Sexspielzeug-Shop Amorelie (75 Prozent).

Jetzt will Ebeling noch einen Schritt weiter nach vorn – und geht erstmal einen Schritt zurück: zu den guten, alten Konsumgütern. Die Vision laut Powerpoint-Folie: „Becoming a consumer goods and commerce company powered by television, content and digital platforms.“ Als größte Konkurrenten sieht Ebeling deshalb längst nicht mehr die öffentlich-rechtlichen Sender, auch nicht die privaten. „RTL ist stark und es ist unsere Pflicht zu schauen, was sie machen und was wir von ihnen lernen können“, sagt er. Aber die Lücke zu RTL sei nicht so groß wie die zu US-Internetkonzernen wie Amazon und Google.

Wie er es geschafft habe, die digitale Transformation anzugehen und nicht auf der Strecke zu bleiben, möchte Gastgeber Haub wissen. Ausreichend Schlaf und gutes Essen seien schon einmal wichtig, antwortet Ebeling. Und: „Manche machen Yoga oder Boxen. Ich mache beides.“ Bei Pro Sieben Sat 1 seien die Mitarbeiter früher immer irgendwie in der Krise gewesen und damit unverwüstlich. „Sie waren bereit, neue Wege mitzugehen.“ Zudem brauche man als Chef unter den Kollegen ein paar Unterstützer – und Glück. „Ein paar Dinge müssen einfach funktionieren.“

Trotzdem war Ebelings Weg nicht einfach. Nach seinem Amtsantritt strich er Jobs und ordnete radikale Sparmaßnahmen an. „Als wir bei N24 ausgestiegen sind, haben wir 40 bis 50 Millionen verloren. Da habe ich viel Gegenwind bekommen.“ Man dürfe sich letztlich aber nicht beirren lassen.

Und natürlich interessiert das Publikum beim „E-Day“, wie Ebeling den Abgang von TV-Ikone Stefan Raab auffangen will. Der Entertainer stand für Quotenschlager wie „TV total“ oder „Schlag den Raab“ und verabschiedete sich Ende vergangenen Jahres mit einer letzten Sendung. „Stefan Raab fehlt total“, gibt Ebeling zu. Aber ihm sei klar gewesen, dass Raab nach 16 Jahren, in denen er praktisch ständig im Fernsehen war, irgendwann aufhören würde. „Wir haben uns mit Joko und Klaas schon vor vier Jahren auf diesen Fall vorbereitet.“ Ebeling setzt große Hoffnung auf das Moderatoren-Duo Winterscheidt und Heufer-Umlauf. Deren Samstagabend-Show „Das Duell um die Welt“ hält der Pro-Sieben-Chef für eine der „Top 3 Unterhaltungsshows“. Weltweit, wohlgemerkt.

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