Rekordzahlen mit dunklem Fleck Was läuft schief in Apples Black-Box?

„Sonstiges“ heißt Apples geheime Gemischtwarensparte - und während die Apple Watch Verkaufsrekorde feiert, fällt der Umsatz. Doch Tim Cook schweigt. Ist Apple TV in Schwierigkeiten?

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Apple-CEO Cook: „Die Nachfrage nach den neuen iPhone 7 und iPhone 7 Plus hat unsere Erwartungen übertroffen.“ Quelle: dpa

San Francisco Das Warten geht weiter. Die Abhängigkeit Apples vom Erfolg des iPhones ist nicht nur ungebrochen. Sie wächst. Das hat gute und schlechte Seiten. Die gute ist, dass nach drei Quartalen mit rückläufigen Absatzzahlen ein Boom im Weihnachtsgeschäft Apples Erfolgsprodukt wieder auf neue Höhen katapultiert hat. Mit 78,3 Millionen Geräten wurden im Vierteljahr mit Ende 31. Dezember 2016 so viele Smartphones verkauft wie nie zuvor. Im Vergleichsquartal ein Jahr zuvor waren es 74,8 Millionen Stück.

Steuerten Smartphones im Jahr 2008 keine drei Prozent zum Umsatz bei, sind es jetzt über 69 Prozent des Konzernumsatzes vom 78 Milliarden Dollar im abgelaufenen Quartal, dem ersten des neuen Geschäftsjahres. Das war so viel Umsatz wie niemals zuvor in einem einzelnen Quartal.
„Die Nachfrage nach den neuen iPhone 7 und iPhone 7 Plus hat unsere Erwartungen übertroffen“, erklärte Vorstandschef Tim Cook in der Telefonkonferenz mit Analysten. Der Nachfrageüberhang habe bis in den Januar hinein bestanden.

Aktie legt nachbörslich zu

Die Attraktivität des iPhones ist also ungebrochen, was die wichtigste Nachricht des Dienstags war, als Cook die Ergebnisse präsentierte. Die Wall Street reagierte entsprechend und die Aktie legte nachbörslich kräftig zu.
Doch wie sieht es mit dem Rest der Bereiche aus? Immerhin summierte sich der Umsatzzuwachs gegenüber dem Vorjahr auf nur Plus drei Prozent, bei einem Zuwachs im iPhone-Sektor von Plus fünf Prozent. Zwei Punkte stechen heraus. Zum einen der Umsatzeinbruch von 22 Prozent in der iPad-Sparte auf 5,5 Milliarden Dollar. Bei den Stückzahlen war es Minus 19 Prozent. Das legt den Schluss eines wenig begeisternden Starts des iPad Pro bei starkem Wettbewerb nahe.

Im Gespräch erwähnte Cook Probleme mit einem Zulieferer und dass man die Nachfrage unterschätzt hätte. Mit anderen Worten: Eigentlich wäre es viel besser gelaufen. Doch leider ist es nicht das erste Quartal mit sinkenden iPad-Verkäufen.
Wichtiger noch ist aber die Apple Watch. Cook selbst spricht von „Rekordverkäufen“ bei dem einzigen von ihm alleine zu verantwortenden Produkt. Doch die Sparte „Sonstiges“, in der die smarte Uhr vergraben ist, zeigt gegenüber dem vergangenen Weihnachtsquartal ein Minus von acht Prozent im Umsatz auf 4,024 Milliarden Dollar. Hier muss Cook endlich Farbe bekennen und den Anlegern reinen Wein einschenken.


Was steckt hinter dem Rückgang?

Was hat zu diesem Rückgang geführt, wenn sich die Uhr so gut verkauft wie nie? Hat das erneuerte Apple TV den Markttest gegen Googles TV-Stick Cast nicht bestanden? Ist es dem sterbenden iPod zu verdanken oder der verspäteten Einführung der Apple Kopfhörer „Airpods“?
Zumindest was Apple TV angeht, gab Cook einen nebulösen Blick in die Zukunft. Man sei ganz am Anfang, erklärte er, habe mit Eigenproduktionen bei Apple Music „den Zeh ins Wasser gehalten“ und daraus gelernt. Von da aus gehe es weiter und Apple werde „vom Wandel der Medienindustrie profitieren“. Der werde sich dramatisch beschleunigen, wenn das „Kabel-TV auseinanderbrechen werde.“ Cook wettet auf einen Trend zum direkten Einzeleinkauf von TV-Sendern durch den Verbraucher anstelle von Pay-TV-Paketen, die bei Bündlern wie Comcast oder Time Warner Cable erstanden werden müssen.

Das wiederum könnte nicht nur den Verkauf der TV-Boxen stärken, sondern auch den Optimismus erklären, den Cook bei den Services, den Diensten wie App-Store, Apple Music und anderen Angeboten an den Tag legt. Mit einem Plus von 18 Prozent zum Vorjahr auf 7,17 Milliarden Dollar war die Sparte der Lichtblick des Quartals, was die Dynamik angeht.
Apple strotzt also weiter vor Kraft und hat mit einem Nettogewinn im Quartal von 17,9 Milliarden Dollar auch den nötigen langen Atem, um weiter den Wandel voranzutreiben. Denn so optimistisch die iPhone-Zahlen stimmen: Wer darauf gewartet hat, dass Apple ein neues Wachstumsfeld mit einer neuen Produktkategorie erschließt, der wurde am Dienstag wieder mal enttäuscht.

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