Rocket Internet Samwers Rendezvous mit der Realität

Rocket Internet hat im ersten Halbjahr eine halben Milliarde Euro gemacht – will aber weiter bis Ende 2017 drei profitable Firmen präsentieren. Es wäre nicht das erste Versprechen, das zu spät eingelöst wird.

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CEO Oliver Samwer will bis Ende 2017 mindestens drei seiner wichtigsten Beteiligungen profitabel machen. Quelle: Reuters

Berlin Als Rocket Internet 2014 an die Börse ging, wurde Rocket-Chef Oliver Samwer dafür kritisiert, dass er sein Unternehmen nur im Entry Standard listet. Dieses Börsensegment sieht geringere Berichts- und Transparenzpflichten vor, als der Prime Standard. Ohne den Prime Standard ist ein Aufstieg in TecDax, MDax oder gar Dax unmöglich. Der Prime Standard sei sein Ziel, sagte Samwer damals, das sei eines der Ziele, „an denen Sie uns messen können.“

In diesem Herbst sollte es eigentlich so weit sein. Nur: Von Vollzug kann keine Rede sein. Rocket bricht sein Transparenz-Versprechen: Die Aufnahme in den Prime Standard bleibe weiter „ein Ziel“, sagte Finanzchef Peter Kimpel in einer Telefonkonferenz anlässlich der Vorlage der Halbjahreszahlen, zum jetzigen Zeitpunkt bleibt Rocket aber im Entry Standard. Wann sich Rocket für die für Unternehmen seiner Größe üblichen Berichtspflichten bereit sieht, wollte Kimpel nicht weiter kommentieren.

Auch das Versprechen, wenigstens eines seiner E-Commerce-Töchter bald an die Börse zu bringen, muss Rocket voraussichtlich kassieren: „In den nächsten 18 Monaten geht eins unserer Start-ups an die Börse“, sagte Samwer vor fast genau einem Jahr. Kimpel gab sich jetzt deutlich vorsichtiger: „Wir werden sehen, wo die Märkte sind“, sagte der Rocket-Finanzchef. Etwas „ökonomisch nicht Kluges“ werde man nicht tun.

Es ist nachvollziehbar, dass Rocket seine Beteiligungen erst mal konsolidieren will, bevor es neue Börsengänge anstrebt. In den vergangenen sechs Monaten machten die wichtigsten Rocket-Beteiligungen zusammen einen Verlust von 300 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 200 Millionen gewesen. Als Motto des Jahres 2016 hatte Rocket-Chef Oliver Samwer die „Verbesserung der Profitabilität“ vorgegeben. Dafür sollten Prozesse verbessert und Strukturen verschlankt werden. Auch Stellen hat Rocket in den vergangenen Monaten abgebaut. Man könnte es auch Rendezvous mit der Realität nennen.

Dass der Gesamtkonzern für das erste Halbjahr einen Verlust von einer halben Milliarde Euro ausweisen muss, liegt vor allem daran, dass der Wert einer seiner Beteiligungen, der Modegruppe Global Fashion Group, bei der letzten Finanzierungsrunde von drei Milliarden auf eine Milliarde nach unten korrigiert werden musste. Auch beim Möbelhändler Home24 kam es zu einer Wertberichtigung um fast die Hälfte. Das Start-up, das schon als Einhorn gehandelt wurde, ein Unternehmen also, dass mehr als eine Milliarde Euro wert ist, steht jetzt nicht mal mehr mit einer halben Milliarde in den Büchern.


Wenigstens Hello Fresh hält seine Bewertung

Immerhin konnte die Global Fashion Group ihren Umsatz im ersten Halbjahr um 34 Prozent auf 456 Millionen Euro steigern. Dafür, dass das Wachstum nicht länger nur mit horrenden Ausgaben für Werbung finanziert wird, spricht, dass im Ergebnis (Ebitda) nur noch ein Minus von 67 Millionen steht – statt 120 Millionen wie im Vorjahreszeitraum. Namshi, der Zalando-Klon im mittleren Osten, arbeitete bereits profitabel. „Jedes einzelne Unternehmen hat seine Ebitda-Marge deutlich verbessert“, sagte Finanzchef Kimpel.

Als Erfolgsmeldung im Rocket-Kosmos kann auch gelten, dass der Kochboxenversender Hello Fresh bei einer bislang nicht veröffentlichten Finanzierungsrunde im April seine bisherige Bewertung von 2,6 Milliarden Euro hielt. 91 Millionen Euro besorgte sich das Unternehmen dabei, wie Finanzchef Christian Gärtner dem Handelsblatt bestätigte. 21 Millionen Euro steuerten die Altinvestoren wie Rocket oder die schottische Investmentgesellschaft Baillie Gifford als Eigenkapital bei, 70 Millionen als Kreditrahmen – davon 20 Millionen von einer Bank, 50 Millionen vom Mehrheitseigner Rocket Internet.

Deshalb hatte Hello Fresh, das in den USA und Europa vorportionierte Mahlzeiten zum Selberkochen verschickt, trotz eines auf 46 Millionen Euro gestiegenen Halbjahresverlustes zum Ende des zweiten Quartals mehr als 132 Millionen  Euro auf dem Konto. Seine Ebitda-Marge verbesserte Hello Fresh leicht von – 19 auf –16 Prozent, das bislang rasante Wachstum der Firma hat sich zuletzt aber erheblich verlangsamt: Der Quartalsumsatz stieg zwischen April und Juni nur noch um 8,7 auf 150,1 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum war der Umsatz von Hello Fresh von deutlich niedrigerem Niveau noch um mehr als 20 Millionen Euro gewachsen.

Die Losung für 2017 werde ebenfalls „Die Verbesserung der Profitabilität“ bleiben, sagte Kimpel. Drei seiner Unternehmen sollen bis Ende des kommenden Jahres die Gewinnschwelle überschreiten. Und wenigstens dieses Versprechen will Rocket wirklich einhalten.

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