Roomba von iRobot Der Staub- und Datensauger

Die Roomba-Staubsaugroboter machen nicht nur sauber, sie vermessen auch das Zuhause. Diese Daten will iRobot-Chef Colin Angle nun verkaufen – wenn die Kunden zustimmen. Eine Geschichte aus der schönen, smarten Welt.

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Kennt nicht nur die Ecken: Der Roomba 980 kartografiert Wohnungen. Quelle: REUTERS

Update vom 31. Juli am Ende des Textes

Die Staubsaugroboter Roomba sammeln nicht nur Brötchenkrümel und Hundehaare – sondern auch Daten: Bei ihren Fahrten durch Wohnungen und Häuser erstellen einige Modelle Karten. Damit sollen die Geräte ihre Routen durch Wohnzimmer und Küche optimieren und Kollisionen mit Blumentöpfen und Näpfen vermeiden.

In einer Epoche, in der Daten oft als „das neue Öl“ bezeichnet werden, war es wohl nur eine Frage der Zeit: Der Hersteller iRobot will diese Informationen nun verkaufen. Es gebe viele Geräte fürs vernetzte Zuhause, die von solchen Karten profitieren würden, sagte Firmenchef Colin Angle der Nachrichtenagentur Reuters. Auch wenn ein Deal noch aussteht: Der Plan zeigt, dass in der smarten, neuen Welt die Helfer mehr wissen, als so manchem lieb ist.

Die Technologie hat iRobot 2015 mit dem Modell Roomba 980 eingeführt, das heute immer noch verkauft wird. „Neue Sensoren“ (darunter eine Kamera) ermöglichten dem Gerät, eine Karte der Umgebung zu erstellen, hieß es damals in der Pressemitteilung. So kenne es die eigene Position, bis die gesamte Ebene gereinigt sei. Andere Staubsaugroboter fahren mehr oder weniger zufällige Zickzackkurse ab.

Die Überlegung des iRobot-Chefs Angle geht so: Die vernetzten Lampen und Lautsprecher, Thermostate und Sicherheitskameras, die bereits auf dem Markt sind, kennen ihre Umgebung bislang nicht. Die Karten der Roomba-Roboter könnten dabei helfen, die Geräte besser einzusetzen – ob bei der Beleuchtung, Beheizung oder Beschallung. Als potenzielle Käufer nennt iRobot Apple, Google oder Amazon. Die Konzerne kommentierten die Aussage nicht.

Die Firma werde die Daten nicht ohne die Zustimmung der Kunden verkaufen, beteuerte Angle. Dass diese damit Probleme haben könnten, kann sich der Manager aber nicht vorstellen: „Die meisten würden ihre Zustimmung geben, um die Smart-Home-Funktionen nutzen zu können.“

In den Datenschutzbestimmungen lässt sich iRobot den Verkauf persönlicher Informationen womöglich bereits genehmigen. Dort heißt es, der Hersteller könne diese mit anderen Parteien teilen: bei einem Verkauf der Firma etwa – und auch beim Verkauf von Vermögenswerten. Je nach juristischer Interpretation könne sich das auch auf Daten beziehen, schreibt das Blog „Gizmodo“, das diese Passage in der achtseitigen Erklärung entdeckt hat.

Nach deutschem Recht ist diese Klausel jedoch fragwürdig. „Die Datenschutzbestimmungen lassen vieles im Vagen“, moniert Johannes Caspar, Datenschutzbeauftragter für Hamburg, wo der deutsche Distributor von iRobot seinen Sitz hat. So fehle eine „informierte und explizite Einwilligung der Nutzer in die vielfältigen Möglichkeiten der Nutzung und Weiterverarbeitung“, wie Caspar gegenüber dem Handelsblatt ausführt – eine zentrale Forderung des deutschen Datenschutzrechts. Zudem seien die Regelungen für die Weitergabe der Daten „bewusst offen formuliert und lassen ganz unterschiedliche Szenarien zu“.

Selbst wenn iRobot um Erlaubnis bitte sollte, sieht Caspar den Datenverkauf kritisch. Das Unternehmen müsse dann über die Folgen „umfassend informieren“ – dem Betroffenen müsse klar werden, „zu welchen Zwecken welche Daten an welche Firmen verkauft werden.“ Angesichts dieser rechtlichen Fallstricke rät Caspar iRobot dringend, sich mit der neuen Datenschutzgrundverordnung vertraut zu machen, die ab Mai 2018 gilt: Sie betrifft auch Unternehmen, die ihren Firmensitz nicht innerhalb der EU haben. Der Datenschützer warnt: Bei Verstößen drohten „sehr hohe Bußgelder“.

Ob erlaubt oder nicht: iRobot überschreitet mit dem Plan eine Grenze. In den sozialen Netzwerken kommentieren etliche Nutzer den Plan als „gruselig“ oder „düster“. Der Schritt wirke wie eine grobe Verletzung der Privatsphäre, meint auch der Analyst Jan Dawson von Jackdaw Research. Wenn Unternehmen auf ein datengetriebenes Geschäftsmodell umstellen, seien die Kunden oft die letzten, die es mitbekämen.

Datenschützer Caspar formuliert es noch drastischer: Wer sich darauf einlasse, dass die Daten aus den eigenen vier Wänden zur Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen eingesetzt würden, der „habe den Begriff einer eigenen Privatsphäre schon weitgehend ausgeblendet“.

Update vom 31. Juli 2017:

Nach Publikation des Reuters-Artikels hat iRobot eine Mitteilung veröffentlicht. Demnach ist nicht geplant, Kundendaten zu verkaufen – bei dem Reuters-Zitat handle es sich um eine „unbeabsichtigte Fehlinterpretation“ der Aussagen von Firmenchef Colin Angle. Über die genauen Pläne für die Zukunft äußert sich das Unternehmen nicht konkret. Es heißt lediglich: „iRobot glaubt, dass diese Informationen zukünftig noch stärkeren Nutzen für unsere Kunden bieten könnten, weil sie es dem Smart Home und den zugehörigen Geräten ermöglichen, besser zu arbeiten – ausschließlich bei ausdrücklicher Einwilligung der Kunden.“ Reuters hat die ursprüngliche Meldung korrigiert, nun heißt, iRobot könnte einen Deal machen, um „Karten mit der Erlaubnis der Kunden kostenlos“ an einen der drei großen Konzerne vermarkten.

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