RTL Group Sag' zum Abschied leise Umsatzrekord

Anke Schäferkordt gibt ihren Co-Chefposten bei der RTL Group ab und blickt zurück auf ein gutes Jahr 2016: Umsatz und Erlöse steigen - und auch das Digitalgeschäft wächst. Wo der Medienkonzern weiter wachsen will.

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RTL produziert mit seiner Tochter Fremantle Media auch Inhalte wie die erfolgreiche Serie. Quelle: AP

Köln Es ist der Papst, den die RTL Group groß auf ihre Jahresbilanz 2016 druckt. Freilich nicht der echte, sondern Jude Law. Was der Hollywood-Mime in Pontifex-Kluft mit der Bertelsmann-Tochter zu tun hat, dazu später mehr.

Eine andere Person stand zunächst im Mittelpunkt: Anke Schäferkordt. Die bisherige Co-Vorsitzende der RTL-Gruppe hatte am Mittwoch angekündigt, diesen Posten aufzugeben und sich auf ihren Job als Deutschland-Chefin von RTL und ihren Vorstandsposten im Bertelsmann-Konzern zu konzentrieren: „Fünf Jahre in drei unterschiedlichen Positionen sind genug.“ Jetzt sei ein perfekter Zeitpunkt für sie, auch bei dem schnellen Wandel in der Medienwelt, ihren Fokus auf das Deutschland-Geschäft zu legen.

Rückblickend auf die vergangenen Jahre beschrieb Schäferkordt die Zusammenarbeit mit Co-Chef Guillaume de Posch und Finanzchef Elmar Heggen, mit denen sie zusammen die Zahlen für das Geschäftsjahr 2016 präsentierte: „In Köln würden wir sagen: Ein funktionierendes Dreigestirn.“ Und dieses Dreigestirn hat geliefert: Der Medienkonzern hat im vergangenen Jahr seinen bisher höchsten Umsatz erreicht, die Erlöse steigen auf 6,24 Milliarden Euro – ein Plus von 3,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Der Gewinn fiel allerdings wegen höherer Steuerzahlungen mit 720 Millionen Euro um fast 9 Prozent niedriger aus als im Vorjahr. Die Gesamtdividende liegt bei vier Euro pro Aktie für das Geschäftsjahr 2016. Größter Treiber bleibt der deutsche Markt.

Zwar bleibe das Fernsehen weiter das Leitmedium und sei unverzichtbar für die werbetreibende Industrie, aber gerade bei der jüngeren Zuschauern steige die non-lineare Nutzung von Inhalten, vor allem mobil. Soweit, so bekannt. Doch auch hier hat RTL vorgelegt: Das Digitalgeschäft wuchs um 31,9 Prozent auf 670 Millionen Euro.

Der Konzern macht das auch mit Youtube-Kanälen, die mittlerweile insgesamt auf 26 Milliarden Views pro Monat kommen. Darunter finden sich Angebote wie die Marktführer Stylehaul oder Broadband TV. Erstmals trägt dieser Bereich über zehn Prozent zum Umsatz bei und macht den Konzern damit auch unabhängiger vom TV-Werbegeschäft. Der Medienkonzern zieht denn auch den Vergleich zur internationalen und nationalen Konkurrenz: Der Gesamtumsatz von Anbietern wie vom britischen Medienkonzern ITV bestehe zu 55 Prozent aus dem Geschäft mit der klassischen Fernsehwerbung, bei Pro Sieben Sat 1 seien es rund 53 Prozent. Die RTL Group erreicht 2016 48 Prozent.

Der zweitgrößte Umsatzbringer ist mit 21,2 Prozent der sogenannte Content-Bereich - und der führt zurück zu Jude Law im Papst-Kostüm. Denn der Konzern produziert zum Beispiel mit seiner Tochter Fremantle Media auch Inhalte.

Einer davon ist die von Kritikern hoch gelobte Serie „The Young Pope“, in dem der Pontifex von Jude Law gespielt werden. Die Serie wurde von der von Freemantle erworbenen italienischen Produktionsfirma Wildside produziert und an die Sender HBO, Sky und Canal+ verkauft. Die für 2017 produzierte Serie „American Gods“ wird zuerst auf dem US-Pay-TV-Sender Starz und der Streaming-Plattform Amazon Prime zu sehen sein.


Die Medienlandschaft ist im Wandel

Das weitere Wachstum der Produktion von derartigen Inhalten sei ein Innovationsziel, sagte Co-Chef de Posch: „Freemantle Media macht mit dem Vorstoß in die Produktion hochwertiger Drama-Serien solide Fortschritte.“ Der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebita) stieg um 6,8 Prozent auf 110 Millionen Euro.

Diese hochwertigen Drama-Inhalte sind es, die die Medienlandschaft verändern. Denn Anbieter wie Netflix und Amazon machen Jagd auf Zuschauer, die dann eben nicht mehr so häufig klassische TV-Sender einschalten. Besonders heftig bekam das die niederländische RTL-Tochter zu spüren: Die Niederlande sind multilingual und an englischsprachige Inhalte gewöhnt. Daher sei der Einstieg für Netflix hier einfacher gewesen, erklärt de Posch. Der Medienkonzern hat bereits mit einem eigenen Angebot reagiert, der Streaming-Plattform Videoland.

Auf der einen Seite versucht man also mit Freemantle von dem Trend der hochwertigen Serien zu profitieren. Auf der anderen Seite fristen diese Serien oft ein Nischendasein, ist RTL überzeugt. Im klassischen Fernseher funktionieren diese Serien oft nicht. Daher will die Gruppe zum Beispiel in Deutschland in Zukunft den Anteil an deutschen Produktionen weiter ausbauen. Erfolge wie „Der Club der roten Bänder“ zeigten das Potenzial. Auch in den Niederlanden macht der Medienkonzern gute Erfahrungen mit lokalproduzierten Formaten. Schäferkordt kündigte dann auch für den deutschen Markt an, die Sendeplätze bei RTL und Vox für amerikanische Produktionen weiter reduzieren zu wollen. Letztere könnten in naher Zukunft viel selektiver eingekauft werden, so Schäferkordts Vorhersage.

Doch die Zeit drängt und ausruhen kann sich RTL nicht auf den Zahlen. Nachdem nun auch Facebook eine eigene TV-App angekündigt hat, könnte ein weiterer starker Player auf den Markt mit den Plattformen drängen. Unter TV Now bündelte die Mediengruppe RTL Deutschland 2016 Plattformen wie RTL Now, Vox Now oder Super RTL Now zu einem neuen Angebot. Konkrete Nutzerzahlen möchte Schäferkordt nicht nennen, spricht aber von einem zweistelligen Nutzerwachstum.

Deutlich wird die Noch-Chefin allerdings beim Thema Regulierung: Der Verbraucher sei mittlerweile gut aufgeklärt in Bezug auf Werbung. Die Regulierung gehe an dem heutigen Nutzungsverhalten vorbei. Die Werberegulierung für Medienkonzerne sei das größte Stoppschild im internationalen Wettbewerb. Große internationale Player hätten da eine „eingebaute Vorfahrtsfunktion“. Für einen Bildschirm gäbe es völlig unterschiedliche Regulierungen. Konkret bezieht sich Schäferkordt darauf, dass bei Werbung für Medienkonzerne strenge Regeln gelten als für andere Anbieter.

Der Blick in das laufende Jahr fällt moderat aus: Aufgrund der anstehenden Wahlen und der zunehmenden internationalen Spannungen sei es schwer, eine Vorhersage für die europäischen Werbemärkte zu treffen, so Schäferkordt. Man erwarte trotzdem eine moderate Steigerung beim Umsatz.

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