RTL Zwischen Rekordbilanz und Grimme-Preisen

Steigende Erlöse, steigender Gewinn: Die RTL Group schließt das Geschäftsjahr 2015 mit einer Rekordbilanz ab. Obendrauf gibt es für drei Produktionen einen Grimme-Preis. Doch das Wachstum liegt hinter dem der Konkurrenz.

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Während RTL in vielen europäischen Märkten mit konjunkturellen Schwächen kämpft, trug die Deutschland-Tochter erneut kräftig zum Gewinn bei. Quelle: dpa

Köln Es war eine gute Woche für Anke Schäferkordt, Chefin der Mediengruppe RTL Deutschland. So gab das renommierte Adolf-Grimme-Institut am Dienstag bekannt, dass es dieses Jahr gleich drei Produktionen des deutschen Ablegers der TV-Holding RTL Group auszeichnet, die dem Medienkonzerns Bertelsmann gehört: Für die Reihe „Marhaba – Ankommen in Deutschland“, mit der der Nachrichtensender n-tv Flüchtlinge willkommen heißt, gab es die Auszeichnung ebenso wie für das Kalte-Kriegs-Drama „Deutschland 83“, das auf RTL lief, und die Vox-Serie „Club der roten Bänder“, in der es um schwer kranke Kinder geht. Ob ihre Gruppe überhaupt schon einmal drei Preise in einem Jahr abgeräumt hat, wusste Schäferkordt nicht so genau. „Ich merke mir viele Zahlen“, sagte sie, „aber nicht die Anzahl unserer Preise.“

Damit hatte die TV-Managerin auch gleich die Wertigkeit der guten Nachrichten dieser Woche klargestellt. Denn die zweite positive Neuigkeit verkündete sie am Mittwoch in Köln: Die RTL Group, der Schäferkordt – zusammen mit dem Belgier Guillaume de Posch – ebenfalls vorsteht, hat das Geschäftsjahr 2015 mit einem Rekordumsatz und einem Rekordgewinn abgeschlossen: Die Erlöse stiegen um 3,8 Prozent auf 6,03 Milliarden Euro. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebita) legte um zwei Prozent auf 1,17 Milliarden Euro zu.

Unterm Strich blieb ein Nettogewinn von 789 Millionen Euro. Das lässt erwarten, dass die Konzernmutter Bertelsmann am 22. März auf ihrer Bilanzpressekonferenz ebenfalls recht positive Zahlen präsentieren wird. Die RTL Group ist die „Cash Cow“ des Medienunternehmens.

In den Mittelpunkt ihrer Präsentation stellten die Vorstände der TV-Holding ihre Digital-Aktivitäten. Sie sind 2015 um 72,2 Prozent auf 508 Millionen Euro gewachsen. Einen relevanten Beitrag zum Ergebnis liefern digitale Multi-Channel-Networks wie Stylehaule oder der Digitalvermarkter Spot X aber noch nicht ab. Insgesamt machen die Digitalerlöse auch nur 8,4 Prozent des Konzernumsatzes aus. Beim gerade in den Dax aufgestiegenen Wettbewerber Pro Sieben Sat 1 sind es bereits mehr als 20 Prozent.


Deutschland ist stärkster Markt

Doch die Digitalerlöse der beiden ungleichen TV-Konzerne kann man – wie vieles andere auch - eigentlich gar nicht vergleichen: Die Münchener Sendergruppe, sagen sie bei RTL, rechne in ihre Digitalumsätze auch Erlöse herein, die sie im Rahmen ihrer Media-for-Equity- und Media-for-Revenue-Programme erziele – also Einnahmen aus dem Verkauf von Werbespots an Start-ups, die mit Unternehmens- und Erlösanteilen bezahlt werden.

Dabei handelt es sich laut RTL aber um klassische Werbeumsätze. Zudem führt die Bertelsmann-Tochter, anders als Pro Sieben Sat 1, digitale Aktivitäten, die nicht zum Stammgeschäft gehören – wie etwa E-Commerce und E-Couponing – unter dem Rubrum „sonstige Diversifikationserlöse“.

Die Wachstumsdynamik der beiden großen TV-Gruppen lässt sich aus einem anderen Grund nur schwer vergleichen. Pro Sieben Sat 1, dessen Erlöse 2015 um stolze 13,4 Prozent zulegten, während der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (recurring Ebitda) um ebenfalls beachtliche 9,2 Prozent anzog, ist fast ausschließlich im deutschsprachigen Raum aktiv. In der Bilanz der international aufgestellten RTL Group spiegeln sich dagegen die konjunkturellen Probleme manch europäischer Länder wider.

So gingen in Frankreich Umsatz und Ebita abermals zurück. Und so war es auch 2015 im wesentlichen die sehr erfolgreiche Mediengruppe RTL Deutschland, die für das Wachstum der Gesamtholding verantwortlich war. Sie ließe sich noch am ehesten mit Pro Sieben Sat 1 vergleichen. In puncto Wachstumsdynamik hinkt aber auch sie hinter dem Wettbewerber her: Die Umsätze der deutschen RTL-Tochter legten um 4,5 Prozent auf 2,14 Milliarden Euro zu, während das Ebita um 5,2 Prozent auf 684 Millionen Euro anstieg.

Bei der Prognose für 2016 waren Schäferkordt und de Posch denn auch vorsichtiger als vor drei Wochen Thomas Ebeling, ihr Kollege von Pro Sieben Sat 1: Sie rechnen mit einem Erlösanstieg der RTL Group von 2,5 bis fünf Prozent. Das Ebita soll stabil bleiben. Ebeling hatte für seine Sendergruppe einen Umsatzzuwachs von mehr als zehn Prozent vorhergesagt. Auch der Gewinn soll zulegen.

Ob es demnächst wieder Grimme Preise für die RTL-Sender regnen wird, ist übrigens ungewiss. Die Quoten von „Deutschland 83“ blieben deutlich hinter den Erwartungen zurück. Wohl auch deshalb konnte sich RTL, wie Schäferkordt auf der Bilanzpressekonferenz bestätigte, noch nicht entscheiden, ob es eine zweite Staffel der Serie geben wird. Und das, obwohl „Deutschland 83“ in 20 Länder verkauft und von der RTL-Group-Tochter Ufa produziert wurde.

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