SAP investiert in Start-ups Eine Milliarde für das nächste große Ding

Welche Start-ups krempeln die Technologiewelt um? SAP beteiligt sich an der Suche: Der Konzern gibt dem Risikokapitalgeber Sapphire Ventures eine weitere Milliarde Dollar – und hofft auf fette Rendite. Auch hierzulande.

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Risikokapital wie Sapphire Ventures suchen nach vielversprechenden Start-ups. Quelle: dpa

Düsseldorf Das Geschäft mit dem Cloud Computing hat für Google hohe Priorität. Da sind 625 Millionen Dollar für ein junges und unprofitables Unternehmen nicht zu viel: Der Internetgigant hat in der vergangenen Woche angekündigt, die Firma Apigee zu übernehmen. Diese entwickelt Programmierschnittstellen, beispielsweise für Cloud-Dienste – eine wichtige Aufgabe ist der hochvernetzten Welt.

Die Nachricht aus Kalifornien dürfte auch in Baden für einige Aufmerksamkeit gesorgt haben. SAP hat Apigee über den Risikokapitalgeber Sapphire Ventures dabei geholfen, schnell groß zu werden. Der Softwarekonzern aus Walldorf erhält damit die Bestätigung, dass sich die Investitionen in Start-ups auszahlen können.

An diesen Erfolg will SAP nun anknüpfen: „Auf der Basis des finanziellen Erfolgs von Sapphire Ventures haben wir entschieden, unser Investment von 1,4 auf 2,4 Milliarden Dollar aufzustocken“, erklärte SAP-Finanzchef Luka Mucic am Mittwoch gegenüber dem Handelsblatt.

Es ist eine beträchtliche Feuerkraft, mit der die Investoren auf die Jagd gehen können. Nur wenige Fonds sammeln höhere Beträge ein, im Jahr 2015 waren es in den USA insgesamt 245 Milliarden Dollar. Sapphire Ventures zählt damit zu den großen Namen. Damit geht eine ungewöhnliche Partnerschaft weiter, in der beide die Unabhängigkeit betonen, aber gleichzeitig die Verbindung nutzen.

SAP gründete die Firma 1996 unter dem Namen SAP Ventures, um in junge Firmen zu investieren. 2011 gab der Konzern die Hoheit ab, blieb aber der einzige Geldgeber – bis heute. Diese Nähe reflektiert der Name Sapphire Ventures, der an die gleichnamige Kundenkonferenz des Softwareriesen erinnert. „Wir entscheiden komplett unabhängig (über Investments), aber wir fokussieren uns größtenteils auf Firmensoftware, die für SAP und SAP-Kunden wichtig werden könnte“, sagte Firmenchef Nino Marakovic dem Handelsblatt. Coud Computing und Industrie 4.0 sind wichtige Themen, aber auch Künstliche Intelligenz und das Gesundheitswesen.

Nähe und Distanz zugleich – so klingt es auch bei SAP-Finanzchef Luka Mucic. „Strategische Überlegungen bezüglich des SAP-Portfolios spielen eine untergeordnete Rolle“, sagt er zwar. „Mit einigen der Unternehmen haben wir gleichwohl erfolgreiche Technologiepartnerschaften etabliert und öffnen ihnen Zugänge zu unserem Partnernetzwerk und unserer Kundenbasis.“ Es geht also nicht allein um das Finanzielle, zumal das Kapital fest gebunden ist.

Tatsächlich geht die Partnerschaft über das Finanzielle hinaus. Start-ups sollen sich zwar nicht als Übernahmeziele fühlen. Aber: Die Investition des Konzerns gilt als Gütesiegel, die große Kundschaft von weltweit mehr als 300.000 Unternehmen als attraktive Zielgruppe. Und wer sich für SAP-Technologien interessiert, wird den zuständigen Leuten im Konzern vorgestellt. „Eines unserer Alleinstellungsmerkmale für Unternehmer ist unsere Beziehung zu SAP“, sagte Marakovic.


Deutschland rückt in den Fokus

Es scheint beiden Seiten nicht zu schaden. Seit Anfang 2011 führten 38 Investments zu sogenannten Exits, also Börsengängen oder Übernahmen. So beteiligte sich SV am Speicherdienst Box.com und dem Gerätehersteller Fitbit, die beide heute an der Börse notiert sind, sowie am Geschäftsnetzwerk Linkedin, das nach einer Milliardenübernahme zu Microsoft gehört. Viele andere Namen sind in Fachkreisen bekannt, zum Beispiel Square, Criteo und Apigee. In den letzten drei Jahren gelangen Sapphire Ventures damit genau so viele Abschlüsse wie der legendären Firma Kleiner Perkins und kaum weniger als Sequoia Capital.

Zu den konkreten finanziellen Ergebnissen äußern sich die beiden Unternehmen nicht, in Branchenkreisen geht man von einer Rentabilität im zweistelligen Prozentbereich aus. „Nino Marakovic hat in seinem Team sehr erfahrene Manager um sich geschart, die einen hervorragenden Überblick über die Technologie-Szene haben und die einen guten Spürsinn für die Frage haben, was künftig Erfolg haben wird“, lobt SAP-Vorstand Luka Mucic.

Der Erfolg schlägt sich allerdings nicht in Schlagzeilen nieder: In den Medien finden traditionelle Kapitalgeber wie Sequoia Capital, Andreessen Horowitz oder Accel Partners deutlich häufiger statt. Sapphire Ventures sei „die beste Risikokapitalfirma, von der man noch nie etwas gehört hat“, schrieb das Portal Business Insider daher vor einigen Monaten.

Das will Marakovic ändern: Sapphire Ventures arbeite daran, einer der größten Kapitalgeber der Welt zu werden – das wirke sich auch auf die Reputation aus. Aber: „Wir müssen auch mehr tun, um auf uns hinzuweisen.“ Das sei ein wichtiger Teil des heutigen Geschäfts, in dem zahlreiche Geldgeber nach attraktiven Investments suchten.

Der Schwerpunkt der Investitionen liegt derzeit in den USA, 75 Prozent des Geldes fließen dorthin. Deutschland steht allerdings durchaus im Interesse: Zwei Fonds, an denen sich SV beteiligt, investieren hier. „Und mit dem Brexit wird der Status von Berlin innerhalb von Europa weiter zementiert“, sagt Marakovic. „Wir freuen uns darauf, in Deutschland mehr zu tun“ – nicht nur in der Hauptstadt, wo relativ viele Firmen auf E-Commerce und reine Verbraucherdienste setzen, sondern auch außerhalb. „Wir haben eine Reihe von Firmen im Blick.“ Welche, verrät der Manager nicht: Das verbiete die Regulierung.

Auch wenn beide Seiten von der besonderen Beziehung profitieren: Auf alle Ewigkeit muss es nicht bei dieser Zweisamkeit bleiben. Dass andere Investoren dazustoßen, sei bereits öfters im Gespräch gewesen, sagt Marakovic, und eines Tages könne es so weit sein. Wer das nächste große Ding finden will, braucht eben viel Geld.

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