Schlusswort

Apple ähnelt dem griechischen Läufer Achill

Apple verliert an der Börse. Ein kleiner Absturz oder ein erstes Anzeichen für einen gefährlichen Innovations-Jetlag?

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Die iPhone-Evolution
Das erste iPhoneFür das Jahr 2007 waren der große Touchscreen ganz ohne Tastatur und die Bedienung per Finger ein radikales Konzept, das die Smartphone-Revolution entscheidend anschob. Dabei verzichtete Apple bei der ersten Version sogar auf den schnellen UMTS-Datenfunk. Quelle: dapd
iPhone 3GEin iPhone 2 gab es nie - stattdessen kam im Sommer 2008 das iPhone 3G, was auf die Unterstützung des 3G-Standards UMTS hinwies. Das Aluminium-Gehäuse wurde durch eine Plastik-Schale ersetzt. Mit dem App Store öffnete Apple die Plattform für Programme verschiedener Entwickler. Quelle: AP
iPhone 3GSMit dem Modell des Jahres 2009 führte Apple sein „Tick-Tock“-Prinzip ein, bei dem die iPhones alle zwei Jahre radikal erneuert werden und es zwischendurch ein „S“-Modell im unveränderten Design, aber mit aufgerüstetem Innenleben gibt. Das 3GS bekam eine bessere Kamera und einen schnelleren Chip. Quelle: AP
iPhone 4Das letzte Modell, das Gründer Steve Jobs noch selbst vorstellte. Das kantige Design des iPhone 4 mit einer gläsernen Rückwand war 2010 aufsehenerregend, zugleich häuften sich zunächst Berichte über Empfangsprobleme mit der Antenne am Außenrand. Quelle: dpa
iPhone 4SApple ließ sich 15 Monate Zeit bis Oktober 2011 mit einer Aktualisierung. Zu den Neuerungen gehörte neben technischen Verbesserungen die Sprachassistentin Siri. Quelle: dpa
iPhone 5Während die Smartphones der Wettbewerber immer größer wurden, erweiterte Apple 2012 zunächst vorsichtig die Bildschirm-Diagonale von 3,5 auf 4 Zoll. Zugleich wurde das Gerät deutlich dünner gemacht und bekam wieder eine Aluminium-Hülle. Quelle: REUTERS
iPhone 5SDie wichtigste Neuerung im Herbst 2013 war der Fingerabdruck-Sensor zum Entsperren der Telefone. Zudem entwickelte Apple unter anderem die Kamera weiter. Quelle: AP

Es mag ein Zufall gewesen sein. Just am Tag des Kursabsturzes veröffentlichte die Investmentbank Goldman Sachs einen kritischen Bericht über die fünf großen US-Techunternehmen (Facebook, Amazon, Apple, Microsoft, Alphabet). Aber an Zufälle glaubt man an den Finanzmärkten selten. In dem Bericht stehen ein paar dezidierte Warnungen: Überbewertet und unbeweglich seien die Techgiganten, sie ähnelten inzwischen Versorgungsunternehmen.

Versorgungsunternehmen sind sexy wie Bügelbretter und noch weit weniger beweglich. Der Begriff ist also eine Ohrfeige für die Techbranche, die sich noch immer als Vorreiterin bei allem Fortschritt sieht. Und die Goldman-Analyse gibt Hinweise darauf, dass längst nicht alle Unternehmen gut genug auf die bevorstehende tief greifende nächste Transformation durch künstliche Intelligenz (KI) oder Machine Learning eingerichtet sind.

Nirgendwo ist Geschwindigkeit bedeutsamer als im Techsektor. Wer als Erster den Markt besetzt und die Kunden mit den eigenen Produkten vertraut macht, hat gute Chancen. Apple läuft hinterher. Das Unternehmen hat zu lange auf die Kraft des Bestehenden und die Faszination schöner Geräte gesetzt. In Zukunft entscheidet ein unsichtbarer Wettbewerbsvorteil über Geschäftsmodell und Marktpotenzial: das Sammeln von Daten und ihre Analyse.

Apple hat auf seiner Entwicklerkonferenz soeben wieder wenig Neues präsentiert. Klar, das Unternehmen bietet nun auch einen sprachgesteuerten intelligenten Lautsprecher an, aber den hat Amazon schon lange im Programm. Klar, das iPhone ist noch immer Umsatzbringer Nummer eins, aber 2016 gingen die Verkaufszahlen zum ersten Mal im Jahresvergleich zurück – ein Zeichen für Marktsättigung. Das iPhone wird nicht reichen, um die Zukunft zu gewinnen. Innovation verzweifelt gesucht ...

Um den Innovations-Jetlag aufzuholen, müsste Apple eine radikale Wende vollziehen: weg vom Designfokus, hin zu echter Forschung. Auf den internationalen Konferenzen trifft man viele Forscherinnen und Forscher anderer Techunternehmen. Apple glänzte bislang durch Abwesenheit. Unter Tim Cook hat sich Apple auf den Datenschutz konzentriert und als Anti-Google positioniert. Das ist super für die iPhone-Kunden, aber steht leider konträr zu den Erfordernissen der KI-Zeit. Datensammeln ist da die Voraussetzung von allem.

Im vergangenen Jahr hat Apple begonnen, auch die Daten für Machine Learning konsequent zu verschlüsseln. Das könnte ein Wettbewerbsvorteil der Zukunft sein, wenn es dem Konzern gelänge, den Ansatz weiterzuentwickeln und gleichzeitig die vergangenen Versäumnisse aufzuholen. Im Moment ähnelt das Unternehmen eher dem griechischen Läufer Achill, der sich ein Wettrennen mit einer Schildkröte liefert. Sosehr er sich bemüht, er wird ihren Vorsprung nicht einholen. Der Vorsprung wird unendlich kleiner, aber bleibt. Die Schildkröte mag auch unbeweglich sein, aber sie ist früher gestartet.

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