Oberflächlich betrachtet ist bei SAP derzeit alles Eitel Sonnenschein: Der Gesamtumsatz stieg im ersten Halbjahr 2016 um fünf Prozent auf knapp zehn Milliarden Euro; das boomende Cloud-Geschäft kletterte um ein Drittel auf rund 1,4 Milliarden Euro, und der Gewinn nach Steuern sprang gar um fast 60 Prozent auf ebenfalls gut 1,4 Milliarden Euro.
Trotz solcher Erfolgsmeldungen hält Konzernchef Bill McDermott den Druck auf die Beschäftigten hoch – auch und gerade in Deutschland: „SAP konsolidiert hierzulande die Zahl der Niederlassungen; manche Standorte sollen gar gleich ganz geschlossen werden“, sagt ein SAP-Arbeitnehmervertreter, der ungenannt bleiben will.
Gleich fünf Standorte in Deutschland werden bis Ende 2017 dicht gemacht; betroffen sind davon insgesamt rund als 520 Mitarbeiter, wie die „WirtschaftsWoche“ exklusiv vermeldete. Die Beschäftigten müssen mit ihrem Arbeitsplatz in größere Niederlassungen wechseln – oder sich neue Jobs suchen.
Vor- und Nachteile von Cloud Computing
Wer all seine Informationen in einer Cloud speichert, ist vom Anbieter abhängig. Sollte der sich möglicherweise nur unzureichend um seine Kunden kümmern, ist ein Wechsel zu einem anderen Anbieter meist schwierig, da die Datenmengen groß sind. Ein weiteres Problem: Für den Fall, das ein Anbieter pleite geht, gibt es keine klaren Regelungen. Erst wenn es Standards gibt, die einen Anbieterwechsel ermöglichen, sinkt die Abhängigkeit.
Dienstleister, die Clouds anbieten, beschäftigen sich in der Regel intensiv mit dem Thema Datenschutz. Allerdings sind große Datenmengen auch immer ein attraktives Ziel für Hacker. Die Auslagerung der eigenen Daten in eine Cloud bedeutet somit auch immer einen Kontrollverlust.
Die Menge des Speicherplatzes im Netz kann flexibel angepasst werden. Benötigt man mehr Speicherplatz, kann man einfach die angemieteten Kapazitäten erhöhen, anstatt sich teure Hardware kaufen zu müssen.
Der Administrationsaufwand sinkt, wenn man eine Cloud benutzt. Da die Installation auf dem eigenen Computer entfällt und auch Updates von den Cloud-Anbietern durchgeführt werden, kommt es hier zu einer großen Zeitersparnis.
Wer mit einer Cloud arbeitet, kann flexibel auf Daten zugreifen. Dabei spiel der Ort keine Rolle. Sowohl von Smartphones, als auch von Tablets und Computern aus können die Informationen abgerufen werden.
Wirklich überraschend kommt der jetzige Schritt nicht: Bereits vor gut zwei Jahren hatte McDermott dem Software-Riesen aus Walldorf unter dem Slogan „Simplify & Optimize“ ein konzernweites Rationalisierungsprogramm verschrieben und insgesamt rund 3000 seiner weltweit rund 77 000 Mitarbeiter abgebaut.
Vorstandschef McDermott will den Konzern fit für die Cloud machen
Mit dem Programm wollte McDermott SAP fit für die Cloud machen: Durch die Umstellung auf Cloud Computing vermietet der Konzern mehr Unternehmenssoftware über das Internet, anstatt sie in Form von Lizenzen als Programmpakete zu verkaufen. Dadurch werden bestimmte Jobs bei SAP nicht mehr benötigt.
Dass McDermott gewillt ist, weiter in diese Richtung zu marschieren, stellte er in seiner Rede auf der diesjährigen SAP-Hauptversammlung Mitte Mai klar – wenn auch verklausuliert: „Wir arbeiten an der Erhöhung unseres Betriebsergebnisses, indem wir die Abläufe in unserem Cloud- und Kerngeschäft effektiver gestalten“, sagte der SAP-Boss in der Mannheimer SAP Arena vor rund anwesenden 3000 Aktionären.
Vulgo: Die Maßnahmen gehen weiter – auch wenn SAP gegenüber der „WirtschaftsWoche“ eindringlich beteuert, es handele sich bei den aktuellen Umbauten nicht um ein Effizienzprogramm, sondern um eine Standortkonsolidierung.