Soziales Netzwerk bekommt Millionen aus dem Valley Wenn US-Amerikaner jodeln lernen

Mit der ganzen Stadt reden – und dabei anonym bleiben. Das soziale Netzwerk Jodel ist unter Studenten beliebt. Nun erhält das Start-up sechs Millionen Dollar von Investoren aus dem Valley – und plant die US-Expansion.

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Das soziale Netzwerk will in die USA expandieren. Quelle: Screenshot

Berlin „Ich bin Halb-Grieche – Fetalicherseits“ – an der Qualität mancher Witze auf Jodel lässt sich noch arbeiten. Doch bislang machen die albernen Späße den Charme des Netzwerks aus Berlin aus. Nutzer, bislang sind es insbesondere Studenten, können in der App anonym Sprüche oder Fragen posten. Jeder Nutzer im Umkreis von 10 Kilometern kann den Post dann sehen. Wegen der lustigen Inhalte und der Anonymität der Autors drängt sich der Vergleich mit einer Uni-Klowand auf – auch wenn Gründer Alessio Borgmeyer ihn nicht besonders mag.

Denn tatsächlich entwickelt sich Jodel weg vom Spaßnetzwerk für Studenten. Öffnet man die App heute in einer deutschen Metropole, diskutieren dort junge Menschen über die jüngsten Terroranschläge oder fragen, wo sie am besten ihr Fahrrad reparieren lassen können. „Wir wollen dich ganz schnell mit der Community um dich herum verbinden“, sagt der 26-jährige Borgmeyer dem Handelsblatt. „Das ist ein use case, der auch meine Mutter oder meine Oma interessieren kann.“ Zunächst will er aber mehr junge Berufstätige auf sein Netzwerk holen.

Für diese Expansion hat Borgmeyer sechs Millionen Dollar Risikokapital im Silicon Valley eingesammelt, wie das Handelsblatt erfuhr. Als neue Investoren sind Adam di Angelo, Facebooks erster CTO und Gründer des Fragen-Netzwerks Quora, und der Floodgate Fund dabei.

Floodgate hat bereits bei mehreren erfolgreichen Wetten sein Gespür bewiesen: zum Beispiel beim Videonetzwerk Twitch, das an Amazon verkauft wurde, oder dem Uber-Konkurrent Lyft. Deutsche Top-Investoren, wie etwa Global Founders Capital der Samwer-Brüder oder Soundcloud-Investor Christophe Maire haben bereits in Jodel investiert – auch sie beteiligen sich an der neuen Runde.

Bisher ist Jodel vor allem in Deutschland, den skandinavischen Ländern, Teilen Westeuropas und Saudi-Arabien aktiv. Fünf Millionen Mal werde pro Tag auf Jodel gepostet, sagt Borgmeyer. Die US-Investoren sollen nun beim Start des Netzwerks in den USA helfen: „Wir wollen bald mit den ersten Experimenten in US-Städten starten“, sagt Borgmeyer, der Jodel 2014 als Student an der Universität Aachen startete.

Dass sich ein soziales Netzwerk aus Deutschland nicht nur durchsetzen kann, sondern sogar in die USA expandiert, ist bemerkenswert. Von Facebook über Twitter bis Snapchat kamen bislang alle langfristig erfolgreichen Plattformen aus den USA, deutsche Wettbewerber wie StudiVZ wurden überrollt.

Doch die Gelegenheit ist günstig für Jodel: Der Konkurrent YikYak, der ebenfalls anonymes Messaging anbot, wurde vor einem Monat eingestellt. Mit Unterstützung aus dem Silicon Valley lernen vielleicht bald sogar US-Amerikaner jodeln.

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