Stiftung für deutsche Internetwirtschaft Endlich erste Liga

Die deutsche Internetwirtschaft hat eine Stiftung gegründet – und will die Spielregeln neu definieren. Im Beirat sitzen prominente Persönlichkeiten wie Oliver Samwer, René Obermann oder Klaus Hommels.

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Die von ihm gegründete Stiftung will der deutschen Internetwirtschaft im politischen Diskussionsprozess eine Stimme geben. Quelle: dpa

Berlin Der Ort ist mit Bedacht gewählt: Die Allianz-Repräsentanz liegt am Brandenburger Tor. Ein paar Hundert Meter weiter haben Google und Microsoft Büros aufgeschlagen, nah dran am Machtzentrum der deutschen Politik. Ihre Dominanz ist einer der Gründe dafür, warum sich am Montag hier die „Internet Economy Foundation“, kurz: IEF, der Öffentlichkeit präsentiert hat.

Und zwar gleich mit einer starken Forderung: Ein 50-Milliarden-Euro-Förderpogramm für Start-ups brauche es in Deutschland, um die klaffende Finanzierungslücke gegenüber den USA und Asien wenigstens annähernd zu schließen, heißt es in dem ersten Papier mit dem Titel „Deutschland digital – Sieben Schritte in die digitale Zukunft“. Neben Kapital werden Themen wie Bildung, Infrastruktur oder Datenschutz beleuchtet.

Die Stiftung, gegründet von Ralph Dommermuth, Gründer und Vorstandsvorsitzender von United Internet, will der deutschen Internetwirtschaft im politischen Diskussionsprozess eine Stimme geben. „Die amerikanischen Unternehmen prägen das Internet auch in Europa“, sagte Dommermuth zur Begrüßung. Sie hätten nicht nur mehr Geld, den größeren Binnenmarkt und die lockereren Gesetze – sie diktierten auch dem Rest der Welt ihre Spielregeln.

Die IEF wolle als eine Art Think Tank die Politik dabei beraten, die Regeln in Deutschland und Europa so zu gestalten, dass die hiesige Wirtschaft aufholen könne. „Wir diskutieren hier noch, während längst Fakten geschaffen werden“, sagte Dommermuth.

Um der Stimme der Stiftung Gewicht zu verleihen, hat er weitere prominente Internetunternehmer in den Beirat der Stiftung geholt: Oliver Samwer etwa, den Chef von Rocket Internet, Zalando-Gründer Robert Gentz, Ex-Telekom-Chef René Obermann oder Star-Investor Klaus Hommels. Stiftungsvorsitzender ist der CDU-Politiker Friedbert Pflüger, Geschäftsführer dessen Mitarbeiter Clark Parsons – ein gebürtiger Amerikaner. Von den Unternehmern soll auch das Kapital kommen, das die Stiftung braucht, um Veranstaltungen zu organisieren oder Studien in Auftrag zu geben.

Die erste Studie kommt von der Unternehmensberatung Roland Berger. Darin steht viel Bekanntes: Etwa, dass Deutschland beim Ausbau des Mobilfunknetzes im internationalen Vergleich bloß Mittelmaß ist. Oder dass Plattformen wie Google, Facebook oder Apple dazu tendieren, Monopole aufzubauen. Ebenfalls bekannt, aber darum nicht weniger beeindruckend, ist folgende Feststellung: Die Autoren der Studie haben sich drei Branchen herausgegriffen und die Marktkapitalisierung der jeweils zehn größten Unternehmen auf Regionen verteilt. Während Deutschland und Europa den USA im Automobilbau weit überlegen und in der Telekommunikation immerhin fast noch gleichauf sind, hat die amerikanische Internetwirtschaft nicht nur Europa, sondern auch die alte Industrie weit hinter sich abgehängt.

Es ist nicht so, dass deutsche oder europäische Politiker das nicht verstanden hätten: Bei der Vorstellung der Stiftung war auch EU-Digitalkommissar Günther Oettinger anwesend. Die vernetzte Gesellschaft brauchen dringend schnelle Datennetze, sagte Oettinger. Es  könne nicht angehen, dass man an der Grenze zwischen zwei europäischen Ländern zwar keinen Pass und keine fremde Währung mehr brauche, aber für drei Minuten in ein Funkloch falle. Es sei ärgerlich, wenn man die Oma dann nicht mehr erreichen könne, sagt Oettinger, aber es sei richtig ärgerlich, wenn der sich selbst steuernde LKW dann nicht mehr fahren könne. „Europa muss als erstes flächendeckend 5G einführen“, forderte Oettinger.

Rocket-Internet-Chef Samwer sagte, es sei allerhöchste Zeit, für den nächsten, starken Schub in der deutschen Digitalwirtschaft. In den USA und China seien die größten Unternehmen schon heute Internet-Unternehmen. In Deutschland habe es noch keines in den Dax geschafft, was vor allem daran läge, dass Investoren wie Unternehmer hier weniger mutig seien. Man müsse sich entscheiden: „Entweder wollen wir in der ersten Liga spielen oder in der Micky-Maus-Liga.“

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