Suchmaschinen Zwei gegen den Goliath Google

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Einfach aus dem Netz verschwunden

Der Kern von Foundem ist eine Technologie, die Shivaun Raff „revolutionär“ nennt. Andere Betreiber von Preisvergleichsseiten beschäftigten Hunderte von Mitarbeitern. Daten müssten dort laufend manuell abgeglichen werden. Ihre Technologie dagegen erlaube es, mit nur einer Handvoll Personal umfangreiche Suchen im Internet durchzuführen. „Unsere Software war besonders gut darin, ‚Müll‘ auszusortieren“, sagt Raff. Mit Müll meint sie irreführende Ergebnisse, die auftauchen, wenn einem auf der Suche nach einer Kamera auch Kamerataschen oder Stative angezeigt werden.

Etwa ein halbes Jahr nach dem Start von Foundem geschah etwas Seltsames: Plötzlich tauchten in den Suchergebnissen von Google Hinweise von Foundem nicht mehr auf. „Weil Google so etwas wie das Zugangstor zum Internet ist, sind wir praktisch daraus verschwunden“, sagt Shivaun Raff. Die beiden legten mehrere Beschwerden bei Google ein. Ohne Erfolg.

Als die „Gadget-Show“ ihre Seite zur besten Preissuchmaschine kürte, dachten die Raffs, Google müsse sich bewegen. Aber erst, als sie die Presse einschalteten, als Journalisten der BBC und des „Guardian“ begannen, bei Google nachzuhaken, tauchte Foundem in den Suchergebnissen von Google wieder vereinzelt auf. Doch inzwischen leistete sich der Konzern seinen eigenen Preisvergleichsdienst. Und Googles eigene Treffer wurden bei den Suchergebnissen ganz oben angezeigt. Die Angaben kleinerer Anbieter wie Foundem landeten deutlich weiter unten. Das war der Moment, in dem die Raffs genug hatten. Sie legten ihre Wettbewerbsbeschwerde bei der Europäischen Kommission ein. Das war Ende 2009.

An einem sonnigen Junitag, siebeneinhalb Jahre später, tritt die EU-Kommissarin Vestager vor die Presse: Sie ist nach einer langen Untersuchung zu dem Schluss gekommen, dass Google Wettbewerber wie die Raffs diskriminiert – und kündigt das Bußgeld für den Mutterkonzern Alphabet an. Es ist die höchste Strafe, die die Kommission jemals in einem Wettbewerbsverfahren verhängt hat. Doch beendet ist der Kampf damit noch lange nicht: Nun muss Google seine Preissuchmaschine nachbessern und die Kommission von seiner Fairness überzeugen.

Strenge Auflagen

Die Überwachung der Auflagen ist so komplex, dass die EU-Kommission, wie in großen Kartellfällen üblich, externe Experten anheuert. In der Ausschreibung zeigt die Kommission konkret auf, was sie von Google erwartet. „Alle Maßnahmen, die Google wählt, müssen sicherstellen, dass konkurrierende Shoppingvergleichsdienste auf den Suchergebnisseiten nicht weniger vorteilhaft behandelt werden als die eigenen Dienste“, steht in dem Papier, das der WirtschaftsWoche vorliegt. In vier Punkten und sechs Unterpunkten listet die Kommission die neuen Regeln akribisch auf: Google darf niemanden gegen Bezahlung weiter oben in seinen Suchergebnissen führen. Auch dürfe es nicht sein, dass Nutzer bei den Ergebnissen von Google Shopping mehr Informationen erhalten als bei den Ergebnissen konkurrierender Preissuchmaschinen. Und schließlich darf Google in seiner Ergebnisliste Verkäufern beim eigenen Dienst keine breitere Möglichkeit bieten, eine Marke zu inszenieren und mit Kunden in Kontakt zu treten, als bei anderen Preissuchmaschinen. Die Kommission betont, dass Googles Lösung auf allen Geräten funktionieren muss, also auch auf Handys mit kleinen Bildschirmen. Diese Änderungen muss Google auch auf Google.com vornehmen. Der Konzern hatte gehofft, dass diese Domain ausgenommen würde.

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