Technologieriese Geduld könnte sich bei IBM auszahlen

Man kann die Uhr danach stellen: Wieder ein Quartal, in dem der US-Technologieriese IBM einen Umsatzverlust vermelden muss. Und dennoch: Der Kauf von Unternehmensaktien ist eine Überlegung wert. Eine Analyse.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Das Logo von IBM: Wie viele andere Unternehmen befindet sich auch der US-Konzern in einer Umbruchphase, bei der das angestammte Geschäft ausläuft und durch neues ersetzt werden muss. Quelle: dpa

Wer an Technologieaktien denkt, der denkt an Wachstum. Dass das nicht zwangsläufig der Fall ist, beweist IBM: Am Dienstag legte das Unternehmen seine Zahlen für das erste Quartal 2017 vor und wies dabei den zwanzigsten Umsatzverlust gegenüber dem Vorjahresquartal aus – in Folge, wohlgemerkt. Es ging um 2,8 Prozent abwärts auf 18,2 Milliarden Dollar. Die Aktie brach nachbörslich um bis zu 5,3 Prozent auf rund 160,90 Dollar ein.

Die Aktie befindet sich damit auf einem Niveau, bei dem man durchaus wieder überlegen kann, ob sich deren Kauf in dieser Schwächephase lohnt. Allerdings müssen Interessierte dafür die Perspektive ändern: Rendite statt Wachstum.

IBM befindet sich in einer konstanten Transition, bei der das angestammte Geschäft ausläuft und durch neues ersetzt werden muss. Mit Ginni Rometty an der Spitze wurden unrentable Geschäfte aufgegeben und Kosten abgebaut, auch viele IBM-Mitarbeiter mussten gehen.

Gleichzeitig verschiebt sich der Fokus immer mehr auf Cloud-Computing, Mobile-Business, künstliche Intelligenz zur Datenanalyse und Sicherheitsangebote für Unternehmen und Behörden. Bei Letzterem steht IBM allerdings schon heute in knallhartem Wettbewerb mit anderen Anbietern. Die Zeiten, in denen „Big Blue“ seine Märkte souverän beherrscht hat, sind vorbei.

Trotzdem verringert das Wachstum in den „Strategischen Imperativen“, den avisierten Zukunftsmärkten, das Risiko für weitere Umsatzverluste. Der Umsatz aus diesen Bereichen hat sich in den vergangenen zwölf Monaten auf 34 Milliarden Dollar aufsummiert, das sind 42 Prozent des Gesamtumsatzes in diesem Zeitraum. Das ist zwar noch immer weniger als die Hälfte, aber die Richtung stimmt.

Wer sich das Gesamtpaket IBM anschaut, muss daran glauben, dass Starinvestor Warren Buffett, auch Orakel aus Omaha genannt, Recht mit seinem Langmut gegenüber IBM hat. Lange war IBM seine einzige signifikante Investition im Technologiebereich, jetzt ist der US-Konzern Apple das größte Tech-Paket in seinem Portfolio, gefolgt von IBM. Ende Dezember 2016 hielt Buffetts Unternehmen Berkshire Hathaway immer noch 81,2 Millionen IBM-Aktien.

Es ist die Ausschüttungsseite, die sich als konstante und bislang verlässliche Größe erweist. Seit 2009 steigt die Dividende und zum Schlusskurs am Dienstag, bevor der Kursrutsch einsetzte, lag die Dividendenrendite bei rund 3,3 Prozent. Nicht zuletzt diese Konstante ist es, die Investoren wie Buffett bei der Stange halten.

Hinzu kommt noch eines der größten Aktienrückkaufprogramme an der US-Börse. Alleine im abgelaufenen Quartal wurden für 1,3 Milliarden Dollar Papiere vom Markt genommen, weitere 3,8 Milliarden Dollar stehen dafür noch zur Verfügung.

Der aktuelle Quartalsausweis mit der Umsatzschwäche und einem um 13 Prozent gesunkenen Nettogewinn von 1,8 Milliarden Dollar lässt darauf schließen, dass sich die Transformation bei IBM deutlich länger als erwartet hinziehen wird. Eine Rückkehr in die Wachstumszone Anfang 2018 scheint eher unwahrscheinlicher geworden zu sein.

Gerade vor diesem Hintergrund wird Ginni Rometty nur dann negativ an der Dividende drehen, wenn es sich gar nicht mehr verhindern lässt. Sie muss die Anleger, nicht nur Warren Buffett, bei Laune halten. Bei einem Barbestand am Quartalsende von zehn Milliarden Dollar und einer Bestätigung der Prognosen für das Gesamtjahr sollte die Dividende unter normalen Umständen nicht in Gefahr sein.

Auch wenn alle IBM-Bereiche derzeit leiden, besonderes Augenmerk verdient die größte Einzelsparte „Technology Services and Cloud Platforms“, die einen Umsatzrückgang um zwei Prozent auf 8,2 Milliarden Dollar ausweist. Diese Sparte hilft IBM-Kunden zum Beispiel dabei, in die Cloud zu gehen. Zudem werden mit ihnen zusammen „hybride“ Cloud-Lösungen aufgebaut. Das ist eine Verbindung von existierenden Rechenzentren und IT der Kunden und neuen Teilen in der Cloud von Anbietern wie IBM - aber auch Microsoft, Google oder Amazons AWS.

In diesem Bereich müsste eigentlich Wachstum zu verzeichnen sein. Aber diverse große und mehrjährige Kontrakte hätten laut IBM-Finanzvorstand Martin Schroeter zur Verlängerung angestanden, seien dann aber doch nicht abgeschlossen worden. Einige Kunden hätten sich ihre IT wieder zurück ins Haus geholt, erläuterte er im Analystengespräch.

Schroeter hofft jetzt auf das laufende Quartal. Beim nächsten Gewinnausweis wird sich zeigen, ob die restlichen Verträge nicht nur verzögert, sondern ganz verschwunden sind. Der Umsatzanteil der Zukunftsmärkte in dieser Sparte liegt bei 50 Prozent.

Jede signifikante Verschlechterung an dieser Stelle sollte als Alarmsignal gesehen werden. Und natürlich auch, wenn Warren Buffett doch noch anfängt, zu verkaufen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%