Telefónica und Hutchison Kein Anschluss unter dieser Nummer

Die EU-Kommission kippt den 13-Milliarden-Deal von Telefónica und Hutchison in Großbritannien. Die hoch verschuldeten Spanier hätten den Geldsegen gut gebrauchen können. Auch für die Aktionäre ist die Nachricht bitter.

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Den Telefónica-Chef stellt der geplatzte Deal vor neue Probleme. Quelle: Reuters

London/Madrid An Akribie hat es nicht gemangelt. Monatelang hatten der spanische Telefonkonzern Telefónica und der Hongkonger Milliardär Li Ka-Shing verhandelt, um im Januar 2015 die Übernahme der britischen Tochter O2 durch den chinesischen Mobilfunkanbieter Hutchison Whampoa zu vereinbaren. Doch knapp anderthalb Jahre später ist klar, dass die ganze Mühe umsonst war.

Die Europäischen Wettbewerbshüter haben den Milliardendeal, der in Großbritannien einen neuen Marktführer im Mobilfunkmarkt geschaffen hätte, nun gekippt. Es gebe die Sorge, dass für britische Mobilfunk-Kunden die Preise steigen und das Angebot schrumpfen könnte, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Mittwoch in Brüssel. Der Deal hätte die Zahl der Anbieter auf der Insel von vier auf drei reduziert, was aus Sicht der Kartellwächter dem Wettbewerb geschadet hätte.

Vergeblich hatte Hutchison zuletzt versucht, mit Zugeständnissen die Übernahme des britischen Mobilfunkers noch zu sichern. Der geplatzte Deal wirbelt den umkämpften Telekommunikationsmarkt auf der Insel erneut durcheinander. Hutchison Whampoa, der in Großbritannien den Mobilfunkanbieter Three betreibt, hatte gehofft, mit dem Kauf der britischen O2 einen neuen Branchenprimus zu schmieden – und eine führende Rolle bei der Konsolidierung zu spielen.

Denn fast zeitgleich mit Hutchison hatte sich BT-Boss Gavin Patterson, der dem einstigen Staatsbetrieb einen radikalen Wandel verschrieben hat, mit der Übernahme der britischen Deutsche-Telekom-Beteiligung EE zum größten Mobilfunkanbieter im Land aufgeschwungen. Eine Position, die er dank Brüssel nun vorerst verteidigen kann.

Der größte Verlierer der Absage dürfte indes der neue Telefónica-Chef José Maria Álvarez-Pallete sein. Wäre der Deal zustande gekommen, hätte er rund 13 Milliarden Euro in die Kassen des spanischen Telekommunikations-Unternehmens gespült. Es wäre ein Geldsegen gewesen, den der klamme Konzern gut hätte gebrauchen können.

Telefónica hat durch zahlreiche Zukäufe fast 50 Milliarden Euro Schulden angehäuft. Die Netto-Verschuldung der Spanier ist 3,02-Mal so hoch wie der operative Gewinn (Ebitda) und liegt im Branchenvergleich sehr hoch. Ziel des Konzerns ist, dieses Verhältnis mittelfristig auf 2,35 zu reduzieren.


Spanier müssen nun Alternativen suchen

Álvarez-Pallete hat vor knapp zwei Wochen erklärt, der geplante Deal leide unter der Debatte um den Brexit. Die britischen Regulierungsbehörde sowie die britische Wettbewerbsaufsicht hatten Brüssel öffentlich aufgefordert, den Verkauf zu verbieten. Hätte Brüssel sich dem widersetzt, so die Logik in Madrid, hätte das den Befürwortern eines Brexits kurz vor dem Referendum Mitte Juni Auftrieb gegeben. Telefónica hält trotz des Vetos an den Zielen fest.

Auch für die Telefónica-Aktionäre ist das Nein bitter. Zum einen verlor die Aktie nach der Entscheidung weitere 1,3 Prozent, nachdem sie bereits heftig unter dem antizipierten Veto aus Brüssel gelitten und in den vergangenen zwölf Monaten rund ein Viertel Prozent ihres Wertes verloren hatte. Zum anderen hat Telefónica auch die Bardividende von 75 Cent je Aktie für 2016 vom Gelingen des Deals abhängig gemacht. Bei einem Veto will der Konzern nur 40 Cent in bar und den Rest in Aktien ausgegeben.

Das Veto zwingt die Spanier, Alternativen für den Schuldenabbau zu suchen. Ganz unvorbereitet trifft das Veto den Konzern nicht: Telefónica hat seine 15.000 Telefonmasten und Unterseekabel in eine eigene Tochter, Telxius, ausgegliedert und will einen Teil davon an der Börse platzieren. Analysten taxieren den Wert von Telxius auf rund fünf Milliarden Euro, so dass Telefónica mit einem Teilverkauf rund zwei Milliarden Euro einnehmen könnte.

Weitere Möglichkeiten sind die Ausgabe von Hybridanleihen oder die langfristige Auszahlung der Dividende in Aktien oder mit geringem Baranteil. Giovanni Montalti von der Investmentbank UBS geht davon aus, dass Telefónica auch ohne den Verkauf der britischen Tochter innerhalb von zwei Jahren 60 Prozent der geplanten Schulden-Senkung erzielen könnte.

Doch ganz muss Álvarez-Pallete die Hoffnung auf einen Milliardendeal noch nicht fahren lassen. Denn schon hebt ein neuer Interessent die Hand: Europas größter TV-Kabelnetzbetreiber Liberty Global zeigt sich offen für eine Übernahme von O2-Sparte in Großbritannien. Unternehmenschef Mike Fries sagte in einer Telefonkonferenz mit Analysten auf die Frage nach einem Kaufinteresse an O2 UK in ungewöhnlicher Offenheit: „Wir prüfen alle Möglichkeiten auf dem Markt und es wäre seltsam, wenn wir diese Option nicht bewerten würden.“

Für die Wettbewerbshüter wäre ein solcher Deal vermutlich unbedenklich: Es verschwände kein Anbieter vom Markt, sondern Liberty würde mit einem Mobilfunker nur sein bestehendes Angebot erweitern.

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