Telekom-Chef Tim Höttges verfolgte bislang nicht das Ziel, durch die Übernahme von Technologiefirmen Marktanteile zu gewinnen. Jetzt gibt er seine Zurückhaltung auf. Der neue Geschäftsbereich Security soll auch durch Zukäufe wachsen und sucht nach geeigneten Kandidaten. Das kündigte der neue Bereichsleiter Dirk Backofen im Gespräch mit der „WirtschaftsWoche“ an.
„Unser Ziel ist, ein europäischer Marktführer für Cybersecurity zu werden und in den nächsten Jahren schneller als der Markt zu wachsen“, sagt Backofen. „Das können wir nur erreichen, wenn wir auch über Fusionen und Zukäufe nachdenken.“
Bisher arbeitet die Deutsche Telekom mit 50 externen Technologiepartnern zusammen, um Privat- und Geschäftskunden vor Cyberangriffen zu schützen. Diese Kooperationen will die Telekom in den kommenden Monaten weiter ausbauen. „Im Moment haben wir über 200 Anfragen von innovativen Firmen, die bei uns gelistet werden wollen“, sagt Backofen. „Davon werden es wahrscheinlich nur 10 bis 15 Anbieter in unser Portfolio schaffen.“ Aus dem Kreis der Partnerfirmen könnten auch die Übernahmekandidaten kommen.
Zahlen und Fakten zum Mobilfunk-Markt
Im vergangenen Jahr wurden rund 1,5 Milliarden Smartphones verkauft. Das war ein Wachstum von zwei bis fünf Prozent im Vergleich zu 2015 - die Berechnungen einzelner IT-Marktforscher weichen etwas voneinander ab.
Noch im Jahr davor war der Absatz um mehr als zehn Prozent gewachsen. Als zentrale Auslöser für die Abkühlung gelten die wirtschaftlichen Turbulenzen im größten Smartphone-Markt China sowie anderen Ländern wie Russland.
Samsung blieb auf das gesamte Jahr gerechnet der größte Smartphone-Anbieter mit einem Marktanteil von gut 20 Prozent, Apple ist die Nummer zwei mit knapp 15 Prozent.
Im Weihnachtsgeschäft wurden die Apple-Verkäufe aber vom iPhone 7 beflügelt und bei Samsung schlug das Batterie-Debakel beim Galaxy Note 7 auf den Absatz. Im Ergebnis schob sich Apple in dem Quartal mit 78,3 Millionen verkauften iPhones knapp an Samsung vorbei.
Anbieter aus China haben sich - vor allem dank der Größe des heimischen Marktes - weltweit in die Spitzengruppe vor. Die drei Hersteller Huawei, Oppo und BBK schließen nach Samsung und Apple die globale Top 5 ab und kamen zusammen auf gut 20 Prozent Marktanteil.
Bei den Smartphone-Betriebssystemen dominiert Googles Android-Software mit einem Marktanteil über 80 Prozent. Den Rest füllt weitgehend das iOS von Apples iPhones aus. Andere Betriebssysteme wie Windows Phone oder Blackberry OS sind inzwischen praktisch bei Null angekommen. Dabei wurde mit ihnen einst die Hoffnungen verbunden, dass sie zur starken Nummer drei im Markt werden könnten.
Im vergangenen Jahr gab es nach Berechnungen von Experten weltweit rund 7,4 Milliarden Mobilfunk-Anschlüsse. Zum Jahr 2020 dürfte ihre Zahl auf knapp 8,4 Milliarden ansteigen, prognostiziert der IT-Marktforscher Gartner.
WirtschaftsWoche: Herr Backofen, wer seine IT-Systeme vor Cyberangriffen schützen will, muss den IT-Sicherheitsmarkt nach geeigneten Produkten durchforsten. Die hohen Wachstumsraten locken immer mehr Newcomer und Startups an. Mit wie vielen externen Partnern arbeitet die Deutsche Telekom inzwischen zusammen?
Dirk Backofen: Wir wollen unseren Kunden immer die besten und innovativsten Produkte anbieten. Dabei schauen wir vor allem darauf, wie gut Lösungen Angriffe aufdecken und abwehren können. Genauso wichtig ist es uns, dass unsere Lösungen einfach zu bedienen sind. Stand heute haben wir die Produkte von etwa 50 externen Partnern in unser Magenta Security Portfolio aufgenommen. Die brauchen wir auch, um unsere eigenen Netze und IT-Systeme umfassend zu schützen, denn heute reicht es bei weitem nicht mehr aus, nur ein oder zwei Security-Lösungen installiert zu haben. Jede der spezialisierten Lösungen bedient leider nur einen Teil der notwendigen Security-Schutz-Mechanismen. Die gleichen Produkte verkaufen wir auch an unsere Kunden.
Wie finden Sie denn solche Partner? Nach welchen Kriterien wählen Sie die aus?
Grundsätzlich verkaufen wir nur Produkte, die wir auch selbst getestet haben und zu unserem eigenen Schutz einsetzen. Daher können wir sehr gut die Qualität der einzelnen Security-Produkte beurteilen und genau abschätzen, ob sie auch halten, was sie versprechen. Natürlich vertrauen wir den seit längerem im IT-Sicherheitsmarkt führenden Anbietern wie zum Beispiel Cisco, Symantec, Checkpoint, HP oder Palo Alto. Aber wir schauen uns auch verstärkt die vielen kleinen Newcomer an, die vor allem aus den USA und Israel kommen und mit sehr innovativen Lösungen den Markt aufmischen. Insbesondere die israelischen Start-ups haben verstanden, dass Cyberangriffe nicht mehr allein mit Firewalls und Anti-Viren-Programmen abgewehrt werden können. Die Forschungslabors und Entwicklungsabteilungen dieser Firmen besuchen wir ständig und bekommen dadurch einen sehr guten Überblick, welche neuen Trends und Produkte es auf dem Sicherheitsmarkt gibt. Auch versuchen wir, die Entwicklung unserer Partner im Interesse unserer Kunden mitzugestalten.
Aber noch mal nachgefragt: Der Sicherheitsmarkt ist sehr zersplittert. Der eine Anbieter verkauft die beste Firewall, der nächste das beste Virenschutzprogramm, ein Dritter beherrscht das Aufspüren von winzigen Anomalien im Datenverkehr und schlägt Alarm. Und der nächste hat sich darauf spezialisiert, infizierte IT-Systeme zu säubern. Um die besten Anbieter zu finden, müssten Sie jede Nische komplett ausleuchten. Noch komplizierter wird es, wenn ein Anbieter mehrere Nischen besetzt.
In der Tat haben sich viele Firmen sehr stark auf Einzelthemen im Security-Umfeld spezialisiert. Diese Vielfalt der Anbieter für unsere Kunden durchsichtig und beherrschbar zu machen, das ist genau unser Ziel. Daher versuchen wir aktuell, Partner immer mehr zu motivieren, als Anbieter in einem kompletten Ökosystem aktiv zu werden, also auf mehreren Security-Gebieten wirksame Schutz- und Detektions-Angebote anzubieten. Zusätzlich sind wir gerade dabei, bei uns eine „Zwei-Lieferanten-Strategie“ umzusetzen. Das heißt: Wir wollen nicht mehr nur von einem Anbieter in jeder Kategorie von Sicherheitsprodukten abhängig sein, sondern mindestens eine zweite Lösung eines anderen Anbieters im Programm haben.