Telekom und Innogy Neue Energie für das schnelle Internet

Der Breitband-Ausbau für schnelle Internetzugänge hinkt deutlich hinter den Plänen hinterher. Die Deutsche Telekom hat jetzt eine erste Kooperation geschlossen, um die Lücken zu schließen – mit einem Energieunternehmen.

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Leerrohrbündel mit Glasfaserkabeln: Die Telekom kooperiert nun mit Energieversorger Innogy. Quelle: dpa

Berlin/Düsseldorf Die beiden Unternehmen haben ein völlig unterschiedliches Geschäftsmodell: Die Deutsche Telekom verdient ihr Geld mit Festnetz, Mobilfunk und Internet, Innogy mit Strom, Gas und der Energiewende. Dennoch bündeln die beiden Konzerne jetzt ihre Kräfte. Gemeinsam wollen sie den Ausbau des schnellen Internets voran bringen – und zwar da, wo es am schwierigsten ist: auf dem Land.

Die beiden Partner gaben am Montag die Details der Zusammenarbeit bekannt, über die das Handelsblatt vorab berichtet hatte. In zunächst 60 Ortsnetzen in der Eifel, im Hunsrück und im Münsterland wollen Telekom und Innogy zusammenarbeiten, um den Breitbandausbau schneller voranzutreiben. Der Energiekonzern vermietet dabei Datenleitungen, die er parallel beim Anschluss von Stromkunden verlegt. Die Telekom wird über die Kabel von Innogy eigene Dienste anbieten. Die Partner sehen „ein Potenzial von bis zu einer Million Einwohnern, die in den kommenden Jahren durch die Kooperation von breitbandigen Internetanschlüssen profitieren können“. Die Vereinbarung ist zunächst auf mindestens zehn Jahre ausgelegt.

„Der Ausbau des schnellen Internets ist eine nationale Aufgabe“, sagte Hildegard Müller, im Innogy-Vorstand für Netz und Infrastruktur zuständig, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin.  „Wir als Innogy werden gemeinsam mit der Telekom unseren Beitrag leisten, damit Deutschland dieses Ziel schnellstmöglich erreicht.“

Niek van Damme, im Telekom-Vorstand zuständig für das Deutschlandgeschäft, sprach von einer „Win-Win-Situation für unsere Kunden und die beiden Unternehmen.“. Van Damme stellte klar, dass die Kooperation einen grundsätzlichen Strategieschwenk darstellt: „Die Telekom will den Breitbandausbau in Deutschland gemeinsam mit Partnern vorantreiben.“

Das ist eine Kehrtwende in der Strategie der Deutschen Telekom. Bisher hatte sie in verschiedenen Situationen wiederholt erklärt, auf das eigene Netz setzen zu wollen. Selbst wenn das in einigen Fällen bedeuten würde, parallele Infrastrukturen aufzubauen – was Wettbewerber massiv kritisiert haben. Von letzterem Gedanken ist die Telekom immer noch nicht ganz abgekommen. Immer wieder betonen Konzernsprecher, dass das Unternehmen sich für Infrastrukturwettbewerb einsetze.

Allerdings hat die Telekom ein Problem: Ihr Festnetz besteht zu einem großen Teil immer noch aus alten Kupferkabeln. Diese können technisch hochgerüstet werden, allerdings derzeit nur auf maximal 100 Megabit die Sekunde. Und das nur, wenn das Haus nahe am Verteiler ist. Je weiter weg, desto stärker sinkt die verfügbare Geschwindigkeit.

Damit gerät sie zunehmend ins Hintertreffen. Zum einen mit Wettbewerbern, die schnelle Glasfaserverbindungen bis in die Häuser anbieten. Damit können Daten mit mehr als einem Gigabit die Sekunde übertragen werden, also mit 1000 Mbit/s. Auch die Kabelanbieter wie Vodafone oder Unitymedia können über ihre Leitungen schnelleres Internet anbieten, als die Telekom.

Zum anderen verliert der der Konzern dadurch auch an politischem Einfluss. Waren die Bonner für Politiker lange der Garant, ihr Versprechen für schnelles Internet in Deutschland zu erfüllen, wird nun immer klarer, dass sie die geforderten Geschwindigkeiten nicht leisten kann - zumindest nicht in dem Zeitrahmen, den man sich in Berlin wünscht und nicht alleine.

Also setzt die Telekom nun auf Kooperationen. „Die Zeit ist reif, ausgetretene Pfade zu verlassen und gemeinsam neue Wege zu beschreiten“, sagte Konzernvorstand van Damme. „Es gab in der Vergangenheit den ein oder anderen Konflikt mit Wettbewerbern. Für einen schnellen und flächendeckenden Breitbandausbau braucht Deutschland aber mehr Kooperationen. Und dazu sind wir bereit, wir geben heute den Startschuss.“

Innogy ist für Telekom ein idealer Partner


Innogy ist dafür ein idealer Partner. In das Unternehmen hat der RWE-Konzern im vergangenen Jahr das Geschäft mit der Energiewende abgespalten - Erneuerbare Energien, Vertrieb und Netze. Das Unternehmen betreibt Deutschlands größtes Verteilnetz für Strom - also die Leitungen, die den Strom von den Überlandleitungen direkt zum Kunden bringen. Insgesamt sind die Stromleitungen 350.000 Kilometer lang und decken etwa ein Viertel des Bundesgebietes ab. Bisher hat Innogy bereits 300 Kommunen mit High-Speed-Internet angebunden, was rund 600.000 Einwohner und 50 Gewerbeparks entspricht. Mit der Kooperation mit der Telekom soll nun die Auslastung im Breitbandnetz erhöht werden.

Sie gilt für 60 Kommunen, in der die Telekom bisher keine hohen Geschwindigkeiten anbieten kann. In einem ersten Schritt können ab sofort 55.000 Haushalte Double-Play-Produkte der Telekom buchen, also Internet und Festnetz. Das Fernsehangebot Entertain und die Bündelangebote von Magenta Eins gehen zunächst nicht. Van Damme erklärte: „Für uns war es wichtig, schnell und umfänglich ein Angebot zu realisieren.“ Zu finanziellen Details wollten sich beide Parteien nicht äußern.

Für Innogy stellt sich die Frage des Ausbaus nicht. Das Unternehmen muss selbst in abgelegenen Gegenden Wohnsiedlungen und  Gewerbegebiete anschließen. Die Tiefbaukosten hat Innogy also ohnehin. In den vergangenen Jahren hat der Energieversorger schon regelmäßig bei Neuanschlüssen Datenleitungen verlegt, auch weil es selber an einem Ausbau des Datennetzes interessiert ist. Das Stromnetz selbst soll intelligent, das heißt mit einem umfangreichen Austausch von Daten verknüpft werden.

Innogy stellte aber klar, dass man zwar „eine enge Zusammenarbeit bei Netzausbau und Vermarktung“ vereinbart habe, die Kunden vor Ort aber weiter die freie Wahl bei der Anbietersuche haben. Die Breitbandnetze würden auch künftig auch anderen Anbietern zur Verfügung gestellt – und das Unternehmen will auch weiter eigene Dienste anbieten.

Vertreter der Wettbewerber-Verbände der Telekom begrüßten den Schritt. Wolfgang Heer, Geschäftsführer des Breitbandverbands Glasfaseranschluss, erklärte, der Weg der Telekom, nun mit einem Energieversorger zusammenzuarbeiten, sei sinnvoll. „Im Sinne der weiteren Verbesserung der Breitbandversorgung in Deutschland sollte es dabei aber nicht bleiben: Die Telekom ist herzlich eingeladen, die hier bestehenden Potenziale der Zusammenarbeit auszuschöpfen und ihren Ankündigungen Taten folgen zu lassen“, sagte Heer.

Stephan Albers, Geschäftsführer des Bundesverbands Breitbandkommunikation, sagte: „Wir finden es sehr erfreulich, dass der Ankündigung der Deutschen Telekom zum Einkauf bei Wettbewerbern nun bereits Taten folgen. Das ist ein gutes Signal für den Glasfaserausbau in Deutschland.“ Das Motto müsse lauten: Gewinnbringende Kooperation statt fruchtlosem Doppelausbau.“

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