Twitter Jack Dorsey scheitert mit der Wiederbelebung

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Schritt halten mit seinem Selbstbild

Doch in entscheidenden Punkten kann Dorsey nicht Schritt halten mit seinem Selbstbild: Er mag besessen sein – konsequent ist er nicht. Er mag vieles können – das Wichtige verliert er dabei aus dem Blick.

Dorseys Zweitunternehmen Square läuft zwar gut, seinen Ruhm aber bezieht er von Twitter, wo es nicht recht vorangehen will. Die Nutzerzahlen stagnieren bei gut 300 Millionen, dabei sollten es laut Unternehmensprognose längst 550 Millionen sein. Die Aktie steht auf dem gleichen Stand wie zu Jahresbeginn, nachdem sie zwischenzeitlich um 40 Prozent eingebrochen war. Twitter ist derzeit rund 16 Milliarden Dollar wert. Es waren mal 48 Milliarden.

Die Ursache der Misere: drei Egos

Sucht man nach den Ursachen für die Misere, muss man zurückgehen in die ersten Jahre des Unternehmens. Am 21. März 2006, so geht die Firmenlegende, sitzt Dorsey an seinem Schreibtisch beim Start-up Odeo und überlegt, was er der Welt mitteilen will. Der Entwickler schwärmt für Malerei, Poesie und Mode. Er entscheidet sich gegen die große Kunst und für den Pragmatismus des Programmierers: „Richte gerade mein Twttr ein.“

Es ist die Geburtsstunde von Dorseys Idee: eine Plattform, auf der jeder jedem mitteilen kann, was er gerade macht oder denkt. Finanziert und damit auf den Weg gebracht wird der Geistesblitz von Odeo-Eigentümer Evan Williams und Wagniskapitalgeber Peter Fenton. Als das Unternehmen im November 2013 an die Börse geht, ist die Aktie 30-fach überzeichnet, das Unternehmen 32 Milliarden Dollar wert.

Dorsey, dem Williams einen Teil seiner Aktien übertragen hat, ist reich. Ein Triumph für den Programmierer. Und ein schwerer Schlag für den Manager. Denn schon zwei Jahre nach dem Twitter-Start ist Dorsey von Fenton abserviert worden: Dorsey, so hieß es damals, sei der Aufgabe nicht gewachsen. Die Vorwürfe: schlechter Führungsstil, kryptische Anweisungen. Und Desinteresse.

Dorsey nahm Unterricht an einer Modeakademie, während Twitters Netz mal wieder zusammenbrach. Er müsse sich schon entscheiden, ob er Schneider sein wolle oder CEO, soll ihn sein Gönner Williams gerüffelt haben. Williams übernimmt den Posten. Dorsey wird in den Verwaltungsrat abgeschoben. Ein Posten als Frühstücksdirektor, den er „als Schlag in die Magengrube“ empfindet. Dorsey schwört Rache. Seither hat jede Managemententscheidung bei Twitter eine persönliche Ebene.

Monatlich aktive Nutzer von Facebook und Twitter. Quelle: Facebook

Gelegenheiten zur Revanche gibt es für Dorsey mehrfach. So wie 2011, als Twitter in einer Sinnkrise steckt. Der verstoßene Gründer hat sich beim Aufbau seines Bezahldienstes Square bewährt; jetzt wird er als Produktguru für Twitter verpflichtet, um den Dienst zu vereinfachen. Damalige Mitarbeiter erinnern sich, wie selbstherrlich Dorsey auftritt und alle Leute kaltstellt, von denen er annimmt, sie seien Williams-Getreue. Es ist nur ein kurzes Gastspiel von Dorsey. Der Verwaltungsrat schreitet ein und beendet das Intermezzo. Erster Versuch gescheitert.

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